Tödlicher Brand in Schoppershof: Freispruch bestätigt

16.2.2018, 05:42 Uhr
Tödlicher Brand in Schoppershof: Freispruch bestätigt

© Archivfoto: Roland Fengler

Berstende Fensterscheiben, beißender Rauch, hustende Menschen, die aus dem verqualmten Treppenhaus ins Freie stolpern. Ein Bewohner, der aus einem Fenster im zweiten Stock springen will: Es sind dramatische Szenen, von denen fünf junge Männer im November 2016 vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts berichteten. Die jungen Leute hatten sich am Abend des 17. Januar 2016 am Fenitzerplatz getroffen. Plötzlich sahen sie auf der anderen Seite des Platzes Rauch aufsteigen. So schnell sie konnten, rannten sie zu dem betroffenen Mehrfamilienhaus. "Aus dem Fenster im Erdgeschoss kam schwarzer Qualm. In dem Zimmer sah man Flammen lodern", erinnerte sich ein 18-Jähriger damals im Zeugenstand.

Die jungen Männer riefen sofort die Feuerwehr, klingelten bei den Hausbewohnern Sturm und schrien: "Kommt raus, es brennt!" Als einer der Ersten verließ laut der Zeugen ein älterer Mann das Haus: "Er hatte keine Hose und nur Badeschlappen an", berichtete einer der jungen Männer vor Gericht.

Dieser, damals 55 Jahre alte Mann, wohnte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in einer Erdgeschosswohnung in der Fenitzerstraße. Die Räume wurden durch das Feuer völlig verwüstet. Auf dem Sofa fanden Einsatzkräfte eine verkohlte Frauenleiche. Am nächsten Tag wurde Siegfried T. unter dem dringenden Tatverdacht, seine 62-jährige Freundin ermordet zu haben, festgenommen.

Prozess in Nürnberg

Über zehn Monate saß T. in Untersuchungshaft, dann wurde ihm in Nürnberg der Prozess gemacht. Die Anklage lautete auf Körperverletzung, Mord, besonders schwere Brandstiftung und Brandstiftung mit Todesfolge.

Die Staatsanwaltschaft war überzeugt davon, dass der Mann seine Freundin am 17. Januar 2016 so heftig misshandelt hatte, dass diese nicht mehr bei vollem Bewusstsein war. Erst wenige Wochen zuvor war der massiv vorbestrafte 55-Jährige vom Amtsgericht zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil er die 62-Jährige verprügelt hatte. Aus Angst, entdeckt zu werden und um eine Zeugin zum Schweigen zu bringen, habe T. seine Lebensgefährtin mit Benzin übergossen und angezündet, sagte Staatsanwältin Alexandra Hussennether, die das Mordmerkmal Verdeckungsabsicht erfüllt sah. Sie beantragte in dem Prozess deshalb eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Lebensgefährte spricht von Suizid

Vor Gericht sagte der Angeklagte nichts. Gegenüber Zeugen und der Polizei hatte der 55-Jährige unmittelbar nach dem Brand geäußert, dass er, als er von der Toilette kam, sah, wie sich seine Freundin selbst mit Benzin übergoss und anzündete. Er habe noch versucht, sein "Bärchen" mit einer Decke zu löschen, sagte er unter Tränen zu Nachbarn.

Dass die Nürnbergerin, die wie ihr Partner ein massives Alkoholproblem hatte, den Freitod gewählt hat, hielt sein Verteidiger Tobias Schmidt durchaus für möglich. Siegfried T. sei weder ein Brandstifter noch ein Mörder. Man müsse ihn freisprechen und für die erlittene Untersuchungshaft entschädigen, forderte der Rechtsanwalt in seinem Plädoyer. Der Strafverteidiger rügte unter anderem, dass sein Mandant bei einer Befragung kurz nach dem Brand in einem Rettungswagen von der Polizei nicht ausreichend belehrt wurde. Auch die Gutachten der Sachverständigen wertete er anders als die Staatsanwaltschaft. Aus dem Obduktionsbericht ergebe sich nicht, dass der 55-Jährige die Frau kurz vor ihrem Tod gewürgt oder verletzt hat. Auch das Brandgutachten des Landeskriminalamtes mache keine eindeutige Aussage dazu, ob es sich um einen Selbstmord oder einen Tod durch Fremdeinwirkung gehandelt hat, so der Verteidiger.

Beweise reichen nicht aus

"Die Indizien reichen für eine Verurteilung nicht aus", befand am Ende die Vorsitzende Richterin des Schwurgerichts, Barbara Richter-Zeininger. Die Kammer konnte vor allem kein Motiv für einen Mord erkennen. Die Beziehung sei zwar von Anfang an von Gewalt und Alkoholkonsum geprägt gewesen, Siegfried T. habe aber von seiner Freundin ein Dach über dem Kopf, Sex und Gesellschaft bekommen. Durch den Brand habe der Mann sein Heim verloren, so Richter-Zeiniger 2016 in ihrer Urteilsbegründung.

Die Staatsanwaltschaft ging nach dem Urteil in Revision, der Generalbundesanwalt unterstützte diesen Schritt. Der 1. Senat des Bundesgerichtshofs sah allerdings keine Fehler in der Beweiswürdigung des Nürnberger Gerichts und verwarf die Revision.

Siegfried T. verließ den Gerichtssaal kurz vor Weihnachten 2016 als freier Mann. Er kam zunächst bei Bekannten unter und hat mittlerweile eine eigene Wohnung gefunden, wie sein Rechtsanwalt berichtet. Er beantragt nun Entschädigung für die 300 Tage, die sein Mandant in Untersuchungshaft verbringen musste.