Türkei-Wahl: Generalkonsulat lässt in Fürth abstimmen

15.3.2017, 16:40 Uhr
Die Bundesregierung habe 13 türkische Wahllokale genehmigt - unter anderem auch in Nürnberg. (Archivbild)

© Michael Matejka Die Bundesregierung habe 13 türkische Wahllokale genehmigt - unter anderem auch in Nürnberg. (Archivbild)

Worum geht es? Die türkische Regierungspartei AKP hat im Parlament Änderungen an 18 Artikeln der türkischen Verfassung beschlossen. Das Paket verleiht dem Präsidenten, der bisher eher ein symbolisches Staatsoberhaupt ist, weitreichende Befugnisse. Zum einen soll er künftig Regierungschef sein und die Kabinettsmitglieder ernennen. Darüber hinaus erhielte er aber auch großen Einfluss auf die Gerichtsbarkeit, da er - direkt und mittelbar - den Großteil der obersten Richter bestimmt. Die Legislative, das Parlament, dürfte er wiederum auflösen - oder er regiert per Dekret an ihm vorbei.

Wieso wird abgestimmt? Verfassungsänderungen bedürfen einer Zweidrittelmehrheit im Parlament. Trotz Unterstützung der nationalistischen Partei MHP hat die Regierung das nötige Quorum von 367 Stimmen verfehlt. Da aber mehr als 330 Abgeordnete für die Änderungsvorschläge votierten, konnte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoðan eine Volksabstimmung über die Verfassungsänderung ansetzen, bei der eine einfache Mehrheit der Wähler ausreicht.

Wer darf abstimmen? An dem Referendum dürfen 55,3 Millionen Wahlberechtigte in der Türkei teilnehmen. Für weitere 2,9 Millionen türkischer Staatsbürger, die außerhalb der Türkei leben, werden Wahlurnen in 119 türkischen Auslandsvertretungen in 57 Ländern aufgestellt. Während diese auch an 32 Grenzübergängen und Flughäfen ihre Stimme abgeben dürfen, ist eine Briefwahl nicht möglich.

Wird auch in Deutschland abgestimmt? Knapp die Hälfte der wahlberechtigten Auslandstürken, also 1,4 Millionen Menschen, leben in der Bundesrepublik. Unter den 85 Wahlkreisen in der Türkei wäre "Almanya" der zwölftgrößte. Für das Referendum werden - wie bei den Parlamentswahlen im November 2015 - 13 Wahllokale in oder nahe der türkischen Generalkonsulate Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln, Mainz, München, Stuttgart sowie Nürnberg eingerichtet. Hier wurde zuletzt 2015 auf dem Grundig-Gelände an der Beuthener Straße gewählt. Seit Mittwoch wissen die Nürnberger Nachrichten: Der hiesige Wahllokal-Standort für das Referendum wird definitiv die Grüne Halle in Fürth sein.

Wie läuft die Stimmabgabe hier? Während am Bosporus am 16. April abgestimmt wird, dürfen die Deutsch-Türken schon früher und länger an die Urnen. Die Wahllokale hier öffnen ihre Tore vom 27. März bis zum 9. April. Die Stimmabgabe erfolgt unter der Aufsicht von Vertretern aller türkischen Parteien. Anschließend werden die ungeöffneten Stimmzettel in versiegelten Behältern - unter erneuter Aufsicht von Parteienvertretern - zum Hohen Wahlrat in Ankara gebracht, wo sie am 16. April geöffnet und ausgezählt werden.

Steht das Ergebnis nicht schon fest? In der Türkei liegen die Änderungsgegner und -befürworter derzeit in allen Umfragen Kopf an Kopf. Auch die türkische Community in Deutschland ist bei dem Thema gespalten. Das Ergebnis der letzten Parlamentswahlen, bei der die Regierungspartei in Deutschland mit 59,7 Prozent besser abschnitt als in der Türkei (48,9 Prozent), sind laut Analysten nicht übertragbar auf den Ausgang des Referendums.

Wieso wählen so viele Deutsch-Türken die AKP? Trotz ihres guten Abschneidens bei den Parlamentswahlen ist die AKP nicht die Nummer eins unter den Türken in Deutschland. Sie hat 2015 zwar knapp 60 Prozent von 575.564 abgegebenen Stimmen errungen, doch das mit Abstand größte politische Lager ist das der Nichtwähler: Rund 836.000 Wahlberechtigte sind trotz tagelanger Möglichkeit zur Stimmabgabe gar nicht an die Urne gegangen. Entgegen dem Klischee vom heimatfixierten Migranten scheint das politischen Geschehen am Bosporus längst nicht jeden zu interessieren. Dies dürfte auch auf den Großteil der mehreren Hunderttausend türkischstämmiger Menschen zutreffen, die eingebürgert sind und bei Analysen zur politischen Einstellung der Deutsch-Türken oft unberücksichtigt bleiben.

Anm. d. Red.: Der ursprüngliche Artikel an dieser Stelle wurde um 16.41 Uhr mit einer ausführlicheren Version überschrieben.

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