Türkische Nationalisten schlüpfen in die Rockerkluft

25.7.2017, 05:55 Uhr

Die Gruppen wirken wie eine Kopie der Bandidos oder Hells Angels. Die Motorradgangs der Turan und Turkos sind laut Verfassungsschutz ideologisch rechtsextrem und nationalistisch orientiert. Ihr Ziel sei ein osmanisches Großreich, ähnlich der Ülkücü-Bewegung, auch Graue Wölfe genannt. In Bayern gibt es diese Radikalen schon länger. Bis jetzt organisierte sich die Bewegung in Kulturvereinen, verschleierte ihre Ansichten durch harmlos wirkende Folkloreveranstaltungen. Mittlerweile aber zeigen sich die türkischen Nationalisten auch ganz offen martialisch, eben in der Rockerkluft. Deutlich machen sie ihren Hass auf Kurden.

Die Nähe zu den Grauen Wölfen wird bei den Turan im Namen offenkundig. Turan heißt das fiktive Land, in dem alle Türkvölker vereint leben sollen. Der Verein mit wenigen Dutzend Aktiven ist fast ausschließlich in München aktiv. Seit Anfang 2016 hat der Verfassungsschutz ein Auge auf die Aktivitäten. Den Turkos werden 46 Mitglieder zugeordnet, die in München, Dachau, Neu-Ulm und am Tegernsee aktiv sind.

Analog zu den türkischstämmigen Rockern formieren sich aktuell in bestehenden Gruppierungen russischstämmige Rocker. Sie gelten meist als nationalistisch und stramme Anhänger von Staatschef Putin. Der Verfassungsschutz beobachtet zwar einige persönliche Verbindungen zwischen der rechtsextremen Szene und den Motorrad-Gangs, sieht aber "keine generelle Annäherung zwischen Rockern und Neonazis."

Diese Erkenntnisse ließ das Innenministerium auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Peter Paul Gantzer verlauten. Er hatte nach der Rolle der "1-Prozent-Gruppierungen" gefragt, also der polizeirelevanten "Outlaw Motorcycle Gangs", die sich von den "harmlosen" Motorradclubs (MCs) abgrenzen. Zu den "Outlaws", also Gesetzlosen zählen Hells Angels, Bandidos, Gremium, Outlaws und Trust. Einschließlich deren Umfeld haben die Ermittler hier 1.200 Personen auf dem Radar. Die 65 Ortsgruppen (Chapters) plus 34 Unterstützergruppen verteilen sich auf alle sieben Regierungsbezirke im Freistaat.

Kein Generalverdacht

Nach Angaben des Innenministeriums verbietet sich allerdings ein Generalverdacht gegen diese Gruppierungen. In Einzelfällen gibt es Drogendelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz. Auch wegen Körperverletzungen seien einzelne Mitglieder angeklagt worden. Die Bezüge ins Rotlichtmilieu samt Menschenhandel werden eher als Randphänomen betrachtet. Dabei waren vor allem Gangs in Norddeutschland aktiv. Allerdings werde das Rockermilieu besonders beim Handel mit Betäubungsmitteln gezielt für Kontakte zu Dealern und Abnehmern genutzt.