Nach Serie von Raubüberfällen: Fliesenleger vor Gericht

16.1.2019, 08:16 Uhr
Nach Serie von Raubüberfällen: Fliesenleger vor Gericht

© Michael Matejka

Es war kurz nach zehn Uhr morgens, als zwei Männer, maskiert mit Mützen und Sonnenbrillen, die Filiale der Sparkasse im Stadtteil Buchenbühl betraten. "Ich ahnte, dass die Männer keine normalen Kunden sind", schildert ein Zeuge im Landgericht Nürnberg-Fürth.

An jenem 17. April 2013 stand er als Angestellter der Bank hinter dem Schalter, zwei Männer richteten ihre Pistolen auf ihn. "Meine Hände zitterten, ich schaffte es nicht gleich, den Code in den Tresor zu tippen", erinnert er sich. Und: "Da drückte mir einer die Pistole direkt an den Kopf. Ich musste mich zusammenreißen."

Warum erst Jahre später?

Ein Jahr später, am 21. Mai 2014, wiederholte sich die Szene: Wieder wurde die Filiale überfallen. Eine Kollegin blieb Tage arbeitsunfähig, sie kündigte ihren Arbeitsplatz. Auch der Zeuge arbeitet nicht mehr für eine Bank. Noch immer erinnere er sich jeden Tag an die Überfälle, sagt der Mann. Nicht immer quäle ihn die Erinnerung, doch wenn sie kommt, gerate er ins Schwitzen. Manchmal beruhige ihn der Gedanke, dass heute doch alles gut sei. An anderen Tagen erschrecke er allein beim Anblick von Passanten mit Mützen und Sonnenbrillen.

Fast fünfeinhalb Jahre nach dem ersten Überfall trifft er einen der Männer, die ihm das angetan haben sollen, in der 13. Strafkammer des Landgerichts. Warum erst Jahre später? Der Angeklagte, ein 34-jähriger Fliesenleger, stammt aus Weißrussland. Offen ist, wo er sich in den vergangenen Jahren aufhielt. Erst als er versuchte, in Oberfranken einen Geldautomaten zu sprengen, geriet er ins Visier der Ermittler. Als seine Fingerabdrücke und DNA-Spuren vorlagen, ergab ein Abgleich,dass er seine Spuren auch bei Banküberfällen in der Region hinterlassen hatte. Seit Mai 2017 sitzt er in U-Haft – und sollte die Anklage zutreffen, erwartet ihn eine lange Freiheitsstrafe. Doch vor der 13. Strafkammer äußert er sich nicht zu den Vorwürfen. Im Gegenteil: "Woher soll ich etwas wissen, was habe ich damit zu tun?" poltert er zu Prozessbeginn.

Komplize bereits verurteilt

Die Anklage umfasst im Zeitraum zwischen April 2013 und April 2016 sechs Überfälle: neben den beiden Taten in Buchenbühl zwei Überfälle in Moorenbrunn, einen in Kornburg und einen versuchten Raubüberfall in Lauf an der Pegnitz.

Vier der besonders schweren Raubüberfälle werden dem Angeklagten vorgeworfen, er soll in wechselnder Tatbeteiligung mit unterschiedlichen Komplizen agiert haben.

Derzeit wird nach einem weiteren Verdächtigen noch gefahndet. Dagegen sitzt der zweite Mann, auf dessen Konto die beiden Überfälle in Buchenbühl gehen, in Strafhaft. Er wurde bereits verurteilt, und zwar vom Landgericht Mannheim. Er wurde erwischt, als er in Baden-Württemberg weitere Straftaten beging, und dort zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Als Zeuge tritt er nun auch in Nürnberg auf. Obwohl er als Zeuge zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet ist, erinnert er sich an nichts, nicht einmal sich selbst erkennt er auf den Bildern der Überwachungskameras der Banken. Gut möglich, dass auf ihn wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage ein weiteres Strafverfahren zukommt. Die Strafkammer rechnet derzeit mit Verhandlungstagen bis Mitte März.