Ukrainischer Milliardär wirbt um fränkische Investoren

5.12.2014, 15:00 Uhr
Ukrainischer Milliardär wirbt um fränkische Investoren

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Den meisten Wirtschaftsvertretern der Metropolregion Nürnberg war der Termin wohl zu suspekt. Nur rund zwei Dutzend Gäste fanden sich in einem Saal des Hilton-Hotels am Valznerweiher ein, um sich anzuhören, was Mohammad Zahoor an Geschäftsmöglichkeiten anzubieten hatte. Die Stadt Nürnberg wollte sich offiziell nicht beteiligen, auch das angekündigte Grußwort des bayerischen Finanzministers Markus Söder gab es nicht.

Frank Leistner, Freund und Medienberater des ukrainischen Milliardärs Zahoor, war erkennbar pikiert. "Anderswo ist das nicht so", ärgerte sich der Erlanger. Am Vortag waren Zahoor und Gattin Kamaliya Gäste bei der "Kölner Charity Sports Night", zu der Ex-Bayer-Leverkusen-Manager Rainer Calmund geladen hatte. Nächste Woche wird Zahoor, so Leistner, an einem britisch-ukrainischen Wirtschaftstreffen teilnehmen, zu dem sowohl Regierungsvertreter wie auch Top-Business-Leute erwartet werden.

Rasanter Aufstieg

Den Begriff Oligarch mag Zahoor ohnehin nicht besonders, und wenn schon, dann bitte "guter Oligarch". Der heute 59-jährige Milliardär stammt aus Pakistan, war vor 40 Jahren als Student in die damalige Sowjetunion gekommen, hatte dort eine Ausbildung als Stahlingenieur absolviert, zeigte bald scharfen Geschäftssinn und kam als Stahlhändler zu beträchtlichem Reichtum.

Weil andere Reiche damals wenig Interesse an den maroden Stahlwerken zeigten, konnte er billig fünf Betriebe übernehmen, die er 2008 aber wieder verkaufte - angeblich für rund eine Milliarde Dollar. Selbst will er das nicht sagen.

Inzwischen hat er das Geld anderweitig investiert. Er kaufte sich die oppositionelle Zeitung Kyiv Post, Immobilien, Hotels und eine Firma, die Plastikartikel produziert.

Und da ist noch ein Projekt: die Gesangskarriere seiner Frau Kamaliya. Zahoor hatte die ehemalige Miss World 2003 kennengelernt und sich Hals über Kopf verliebt. Auch wenn sie nun als Milliardärsgattin unfassbar reich ist, will die heute 37-Jährige ihre Starambitionen nicht aufgeben. Sie hat eine klassische Gesangsausbildung genossen, schafft drei Oktaven und hatte schon mit elf ihren ersten Wettbewerb gewonnen.

Ihre Pläne? Einem Spiegel-Reporter gegenüber hatte Zahoor einmal gesagt: "Wir wollen Lady Gaga in Rente schicken." Das war zwar nicht ganz ernst gemeint, sorgte aber für jede Menge Spott. Doch auch so sagt Kamaliya, sie wolle in der Tat ein "Weltstar" werden.

Die Musik mag für hiesige Ohren gewöhnungsbedürftig sein, die Musikvideos sind bombastische Inszenierungen. Auf ihrem Album "Club Opera" bietet Kamaliya eine Mischung aus Klassik und Dancepop. In der Welt lästerte ein Kritiker über den "Discostampf der singenden Oligarchen-Gattin". Doch in mehreren Ländern steht sie mit ihren Songs in den Charts, so in Italien, Spanien, auch in Mexiko. Und nun sollte Nürnberg als "Basis für den Deutschland-Feldzug" dienen, erklärt Berater Leistner.

Kamaliyas Karriere wird jedenfalls nicht dem Zufall überlassen. Dafür wurde unter anderem das Londoner Produzenten-Duo Digital Dog engagiert, das auch Größen wie Rihanna oder Miley Cyrus Hits schliff. In Deutschland wurde Nena-Produzent Uwe Fahrenkrog-Petersen ("99 Luftballons") angeheuert, der auch den Ex-"Modern Talking"-Sänger Thomas Anders als Duettpartner für Kamaliya mitbrachte. In Deutschland als Lachnummer verschrien, gilt er in der Ukraine als großer Star.

Natürlich gab Kamaliya auch bei dem Treffen im Hilton drei Lieder zum Besten - a cappella. Nach ihrem jüngsten Auftritt im Nobel-Skiort Ischgl war gelästert worden, der ukrainische Popstar habe Voll-Playback gesungen. In Nürnberg war freilich zu hören, dass Kamaliya sehr wohl über eine beeindruckende Stimme verfügt.

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Jetzt investieren

Die Star-Ambitionen verdeckten freilich auch an diesem Abend nicht, dass der Milliardär und seine singende Gattin auch ernsthaftere Anliegen haben. Mohammad Zahoor warb engagiert dafür, dass gerade jetzt, trotz des Kriegszustands im Osten, der Zeitpunkt sei, in der Ukraine zu investieren. Nicht für diejenigen, die auf schnelles Geld aus seien, schränkte er ein. Wer aber langfristig denke, für den sieht er derzeit eine gute Gelegenheit. Die Preise sind am Boden, das Land und viele Firmen brauchen dringend Geldgeber. "Ich bin sicher, in fünf bis sieben Jahren werden Sie ihr Geld vielfach zurückerhalten", warb Zahoor.

Er schien damit nicht nur auf taube Ohren zu treffen. Joachim Peiler, Mitinhaber des Höchstädter Kunststoffproduzenten "Peiler + Klein", zeigte sich "sehr interessiert an einer Kooperation" mit Zahoor, der in der Ukraine einen Marktanteil von 27 Prozent in diesem Segment hält.

Der ukrainische Milliardär hält sich im Übrigen zugute, dass er sich nicht gemein gemacht habe mit den jeweiligen Mächtigen - und auch mit den übrigen Oligarchen, obwohl er zu einigen der Einflussreichen und Mächtigen gute Beziehungen pflegte. Er hat keinen Fußballclub gekauft, keinen Fernsehsender, keine Privatarmee aufgestellt. Seine Zeitung Kyiv Post wird auch im Westen häufig zitiert. "Ich bin ein Außenseiter und kann jederzeit gehen", sagt Zahoor, der auch einen britischen Pass besitzt.

Auch mit dem Anfang 2014 gestürzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch sei er befreundet gewesen, sagt er freimütig. Allerdings habe er, so sagt er, mit den Regierungen nie Geschäfte gemacht und auch die Proteste auf dem Maidan unterstützt. Kamaliya mischte sich selbst mehrfach unter die Demonstranten, besorgte Verpflegung und schmierte Brötchen.

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Auch zu dem heutigen Staatschef Petro Poroschenko, mit dem Zahoor ebenfalls bestens bekannt ist, äußert er sich eher distanziert. "Weder Poroschenko noch (Regierungschef Arseni) Jazenjuk haben ihre Reformversprechen eingehalten", kritisiert er. Gegen die endemische Korruption gehen auch diese beiden bislang nicht vor.

Ein klein wenig diente der Nürnberger Auftritt auch der Wohltätigkeit. Zahoor und seine Gattin wollen nicht nur Investitionen für den Wiederaufbau der Ukraine einwerben, sie sammeln auch Geld für den Aufbau zweier Heime für Flüchtlings- und Waisenkinder in Kiew und in der Nürnberger Partnerstadt Charkiw.

Eine spontane Hilfszusage gab Zahoor übrigens gleich bei seinem Nürnberger Treffen. Unter den Gästen war auch die 33-jährige Ukrainerin Viktoriya Levynska, die in Erlangen Theater- und Medienwissenschaften studiert und zusammen mit der Ukrainischen Personalpfarrei des Hl. Nikolaus in Bamberg bereits fünf Lastwagen voller Hilfslieferungen in die Heimat geschafft hat. Zahoor und Kamaliya waren erkennbar begeistert über dieses Engagement und sagten spontan zu, die Kosten für den nächsten Transport zu übernehmen.

Wer die Hilfsaktion von Viktoriya Levynska unterstützen möchte, kann sie unter der Mobilnummer 0176/65 32 17 89 erreichen.

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