„Unaufsteigbar“ widerlegt

23.8.2015, 19:10 Uhr
„Unaufsteigbar“ widerlegt

Frau Kramer, Herr Zelnhefer, welches Vorurteil begegnet Ihnen am hartnäckigsten bei Fürth und Nürnberg?

Susanne Kramer: Bei Fürth ist es sicherlich, dass hier nichts los ist und es folglich keinen Grund gibt, hierher zu fahren. Und bei den Nürnbergern, dass sie sich für etwas Besseres halten, weil ihre Stadt größer ist, die Burg und die Bratwurst hat . . .

Siegfried Zelnhefer: Ich würde eher von Frotzeleien als Vorurteilen sprechen. Bei Fürth heißt es, dass alles, was schlecht ist, von dort kommt, was vor allem mit dem Westwind zu tun hat. Bei den Nürnbergern sagt man, dass sie zu Vereinnahmungstendenzen neigen . . .

 

Hand aufs Herz: Welche Vorurteile stimmen?

Kramer: Bei Fürth keins (lacht), denn in Fürth ist genug los — und das vielfältig, und bei Nürnberg alle (lacht). Nein, im Gespräch merkt man schon, dass sich die meisten Nürnberger nicht herablassend verhalten und es dort durchaus viele nette Leute gibt.

„Unaufsteigbar“ widerlegt

© Fotos: PR

Zelnhefer: Eigentlich stimmen beide nicht. Auch die Unterstellung, dass Fürther und Nürnberger an einem Minderwertigkeitskomplex leiden, ist bei beiden unberechtigt. Und seitdem die Greuther Fürther 2012 den Aufstieg in die Erste Bundesliga geschafft haben, ist auch das Vorurteil der „Unaufsteigbaren“ widerlegt.

 

Wie sehen Sie die Beziehung der beiden Städte mit Blick auf das Miteinander?

Kramer: Sehr positiv, nicht zuletzt wegen der gemeinsamen Wissenschaftsmeile, die entlang der Nürnberger und Fürther Straße entstehen soll.

Zelnhefer: Seit zehn Jahren gibt es schon das gemeinsame Amt für Statistik, das wäre vor 20, 30 Jahren nicht möglich gewesen. Das spricht für die gute, kollegiale Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

 

Wie wichtig ist es dabei, dass in beiden Städten SPD-Oberbürgermeister regieren, die etwa gleich alt sind?

Kramer: Das spielt schon eine Rolle, aber über die Parteigrenzen hinaus gibt es auch mit anderen Städten wie Schwabach oder früher Erlangen kein Problem.

Zelnhefer: Die OBs Maly und Jung verstehen sich gut, keine Frage, aber es ist mehr eine Generationenfrage — und da hat sich quer durch alle Parteien etwas geändert.

 

Was läuft denn richtig gut zwischen Nürnberg und Fürth?

Kramer: Seit Jahren wird im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit viel kooperiert, speziell beim schon erwähnten Amt für Statistik, zudem schon lange beim öffentlichen Nahverkehr.

Zelnhefer: Und das seit 1835 – mit Eisenbahn, Straßenbahn und längst U-Bahn. Da wird gute Arbeit im Dienst aller Einwohner geleistet. Auf fachlicher Ebene gibt es zwischen den Behörden den Austausch bei verschiedenen Themen. Wichtig ist aber, dass die Identität der Nürnberger und Fürther gewahrt bleibt.

 

Wo hört aber die Freundschaft auf?

Kramer: Beim Fußball und beim Derby! Wir sehen es lieber, wenn wir gewinnen, das ist drüben nicht anders. Aber es darf nicht in Hass ausarten, es muss bei Frotzeleien und einer sportlichen Rivalität bleiben.

Zelnhefer: Der Fußball ist ein sportlich-edler Wettkampf, da darf die Freundschaft nicht aufhören. Aber es gibt schon Interessenlagen in der einen Stadt, die in der anderen mit Argwohn beobachtet werden — etwa wenn Möbelhäuser auf der grünen Wiese in Fürth hochgezogen werden.

 

Belebt die Konkurrenz letztlich das Geschäft?

Kramer: Auf alle Fälle! Jeder Tourist, der sich Nürnberg anschaut, ist auch in Fürth willkommen — und das gilt umgekehrt sicher genauso.

Zelnhefer: Mir fällt auf, dass vor allem Touristen aus Übersee Nürnberg und Fürth als eine Stadt wahrnehmen. Beide Städte haben sich in der Geschichte immer angestrengt, deshalb haben wir auch Respekt vor Fürth, das in den 1920er Jahren zu Recht als „fränkisches Jerusalem“ für die Liberalität gerühmt wurde, als in Nürnberg schon braune Kräfte agierten.

 

Wo sind Ihre Lieblingsorte in der Nachbarstadt?

Kramer: Mit gefällt besonders St. Johannis mit den schönen Kneipen und Läden, aber auch Gostenhof hat viele schöne Ecken.

Zelnhefer: Ich mag die Gustavstraße und ich stehe mit Freude vor dem Fürther Rathaus — ein prachtvoller Bau, der mich in die Mitte Italiens versetzt.

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