Unfallauto versenkt: Arrest für zwei Jugendliche

30.7.2016, 16:00 Uhr

Warum sie so weit gegangen sind? Die Jugendrichterin hat die Frage kaum ausgesprochen, da hallt es ihr schon aus dem Zuhörerraum entgegen: "Weil sie Idioten sind!", schreit ein Vater.

Nicht nur für den Vater ist Schluss mit lustig, auch Richterin Heike Klotzbücher schaut die Halbwüchsigen mit hochgezogener Augenbraue an: Wie konnten die vier Jugendlichen den Wagen nur im Kanal versenken?

Rückblick: Ein Samstagnachmittag im September, der Renault Clio parkte vor einem Haus im Stadtteil Neu-Röthenbach, die Halterin (49) war zu Besuch bei ihrem damaligen Freund, der Einkauf war erledigt – der Wagen wurde erst wieder am Montag gebraucht. Dass der knapp 18-jährige Sohn des Hauses den Zündschlüssel gemopst, sich mit drei Freunden verabredet hatte, um eine Fahrt zu riskieren, die Erwachsenen ahnten nichts. Die Frau wähnte das Auto gestohlen.

Pkw im Kanal gefunden

Im Dezember schließlich stießen Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes auf Höhe des Fernmeldeturms im Main-Donau-Kanal auf einen Pkw. Es war der verschwundene Renault Clio.

Wochenlang schwieg der 18-Jährige, endlich gab er, nach umfassender Befragung der Polizei, zu, dass die Spritztour an einem Zaun geendet hatte. Er wagte nicht mehr, das Gefährt wieder zurückzubringen. und schlug seinen Kumpels vor, es in den Kanal zu schieben.

95 Prozent aller männlichen Jugendlichen werden mindestens ein Mal kriminell, sagt die Dunkelfeldforschung – die wenigsten werden erwischt und dies ist wohl auch gut so. Denn: Wer in seiner Jugend ein Nichtsnutz ist, wird noch lange nicht zum Berufskriminellen. Umgekehrt könnten zu harte Urteile durchaus dafür sorgen, dass junge Delinquenten trotzig in die Kriminalität abstürzen.

Dumme Späße

Es ist der Gruppendruck, der die dümmsten Späße hervorbringt, eine Binsenweisheit im Jugendgericht. So ist die größte Herausforderung für Jugendrichter herauszufinden, wer vor ihnen sitzt. Einer, der Nachsicht braucht, um ihm die Zukunft nicht zu verbauen, oder einer, der Milde als Aufforderung zu neuen Straftaten begreift?

Drei der Jugendlichen tragen frisch gebügelte Hemden, sie werden flankiert von Strafverteidigern, ihre Väter und Mütter sitzen im Zuschauerraum – und natürlich wollen auch sie den kleinkriminellen Nachwuchs zurück auf den rechten Weg bugsieren.

Ein 17-Jähriger ist bereits vorbestraft, er saß schon im Jugendarrest, die Justiz bescheinigt ihm "schädliche Neigungen", in der Schule stürzte er ab. Seine verzweifelten Eltern suchten Rat bei Jugendhilfeeinrichtungen, mittlerweile habe sich der Realschüler wieder gefangen, ist zu hören. Er muss sich überdies verantworten, weil er versucht hat, von einem anderen Jugendlichen fünf Euro zu erpressen. Gegen ihn wird eine Jugendstrafe von acht Monaten verhängt und er bekommt einen Bewährungshelfer.

Arrest und gemeinnützige Arbeit

Der Jüngste, ein 14-Jähriger, muss vier Tage in den Arrest, 60 Stunden gemeinnützige Arbeit kommen hinzu: Zu Hause musste er bereits seine elektronische Spielekonsole abliefern. Der zweite 17-Jährige, er macht gerade eine Ausbildung, muss zwei Wochenenden Freizeitarrest verbüßen und 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Bleibt der Schlüsseldieb: Der 18-Jährige sitzt alleine im Gericht, weder begleitet ihn der Vater, noch hat er einen Anwalt, der ihm rät, sich für die Tat zu entschuldigen. Als die anderen drei Jugendlichen ihr Bedauern murmeln, schaut er auf die Tischplatte. Eine Woche Arrest muss er verbüßen, dazu 80 Stunden arbeiten.

Einen langanhaltenden Denkzettel bekommen alle vier Jugendlichen: Den Schaden in Höhe von 13.000 Euro müssen sie gemeinsam abstottern. Der Schlüsseldieb trägt dabei die Hälfte.