Urteil: Flüchtlinge dürfen in früherer Arztpraxis wohnen

21.3.2018, 05:58 Uhr
Die ehemalige Arztpraxis wird nun als Flüchtlingsunterkunft genutzt - so ähnlich wie die auf diesem Symbolbild.

© Sebastian Kahnert/dpa Die ehemalige Arztpraxis wird nun als Flüchtlingsunterkunft genutzt - so ähnlich wie die auf diesem Symbolbild.

Das Geschäft mit Flüchtlingen ist ein lohnenswertes – zumindest für Vermieter. Pro Kopf und Nacht soll die Stadt 16 Euro für die Unterbringung bezahlen – das zumindest behauptete der Kläger, der nicht hinnehmen wollte, dass in dem Haus an der Virchowstraße/Bayreuther Straße neuerdings auch Flüchtlinge leben.

Acht Kinder und sechs Erwachsene waren vor rund einem Jahr dort untergebracht, als man sich das erste Mal vor Gericht traf. Folgt man der Klägerseite, hätte der Vermieter dafür monatlich knapp 7000 Euro bekommen sollen. Der Vermieter ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der auch Dimitrios Krikelis beteiligt ist. "Die Flüchtlinge lebten bereits dort, bevor ich mein Amt angetreten habe", sagte Krikelis, der Vorsitzende des Integrationsrates, damals.

Sämtliche Andeutungen, er hätte sein Amt zu seinem Vorteil genutzt, wischte er weg. "Es ist doch gut, wenn Flüchtlinge in dieser Lage leben", sagt er, "so können sie sich viel besser integrieren." Sein Vater habe damals keine so gute Möglichkeit bekommen, sich in das Leben in Deutschland einzufügen. "Man muss sich nur ansehen, wie gut die Kinder hier Deutsch gelernt haben."

Unterlassungsklage nicht aus Ausländerhass

Die Vermietung wollte der ehemalige Miteigentümer (mittlerweile hat er verkauft) nun unterlassen wissen. Wohlgemerkt nicht aus Ausländerhass oder Vorurteilen. Vielmehr deshalb, weil die Nutzung nun ja eine ganz andere sei, als dies früher der Fall war, als in den Räumlichkeiten eine Arztpraxis untergebracht war. Die Nutzung als Wohnraum stelle eine Benachteiligung der anderen Bewohner dar, wird argumentiert.

Schließlich würden die Nebenkosten nicht nach Verbrauch, sondern nach Anteil abgerechnet, was zu einer höheren Belastung der anderen Bewohner führe. Außerdem, so die Klägerseite, sei die Brandgefahr nun viel höher. Überhaupt sei es nicht in Ordnung, wenn die Stadt Flüchtlinge in dem Haus unterbringt, ohne dies vorher mit der Eigentümergemeinschaft abzusprechen oder eine baurechtliche Genehmigung in Form einer Nutzungsänderung einzuholen.

Heimartige Unterbringung ist zulässig

Ein Jahr hat es gedauert, jetzt hat das Amtsgericht eine Entscheidung verkündet. Demnach darf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die durch Krikelis vertreten wird, die Räumlichkeiten der Stadt zur Unterbringung von Flüchtlingen durchaus zur Verfügung stellen. Die Klage des ehemaligen Miteigentümers wurde deshalb abgewiesen.

Der Grund: Die Asylbewerber werden dort heimähnlich untergebracht. Jede Familie nutzt jeweils ein Zimmer alleine, während Küche, Bad, Toiletten und Aufenthaltsräume gemeinschaftlich genutzt werden. Das Gericht wertet diese Art der Nutzung nicht als Wohnnutzung. Eine heimartige Nutzung erkennt das Gericht als zulässige gewerbliche Nutzung an.