Urteil gegen Nürnberger U-Bahn-Schläger ist rechtskräftig

21.12.2011, 16:07 Uhr

Die brutale Attacke eines rechtsextremen Nürnberger U-Bahn-Schlägers, dessen Opfer nur knapp dem Tod entging, war kein versuchter Totschlag. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des damals 17-jährigen Opfers gegen ein Urteil des Landgerichts Nürnberg wurden zurückgewiesen. Dieses hatte den Neonazi wegen gefährlicher Körperverletzung zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Täter – ein als gewaltbereit eingestufter Neonazi und Kick-Boxer – hatte den linksgerichteten Jugendlichen im April 2010 brutal niedergeschlagen und ihn danach „Zecke“ genannt.

Anlass des Streits war eine Bemerkung des 17-Jährigen über eine Tasche, die die Freundin des Angeklagten bei sich hatte. Das Accessoire trug die Aufschrift der in rechtsextremen Kreisen beliebten Marke „Thor Steinar“. „Das Besondere an dem Fall ist, dass der Angeklagte das Opfer faktisch getötet hatte“, so der Vertreter der Bundesanwaltschaft bei der mündlichen Verhandlung vor dem BGH. Schließlich hatte das Herz des 17-Jährigen nach dem Angriff fast eine Stunde aufgehört zu schlagen.

Nur durch ein „Wunder“ habe er überlebt. Und auch, weil zufällig ein Krankenpfleger vor Ort war und der herbeigerufene Notarzt nicht aufgeben wollte. Der Nebenkläger-Anwalt sah zudem zu wenig berücksichtigt, dass der trainierte Kick-Boxer sehr genau die Wirkung seiner Schläge und Tritte in Brust und ins Gesicht habe einschätzen können. „Es waren sehr glückliche Umstände, die den Nebenkläger am Leben erhalten haben“, meinte auch der Vorsitzende BGH-Richter Bernhard Wahl.

Er sprach von „recht üblen Misshandlungen“ durch den Angeklagten. Letzterer habe aber seinen Angriff nicht fortgesetzt und nicht wissen können, dass er sein Opfer in Lebensgefahr gebracht habe, da beide vom Tatort in verschiedene Richtungen weggingen. Der 17-Jährige brach erst später zusammen.

BGH-Richter Wahl machte bei der Urteilsverkündung deutlich, dass sich die höchsten deutschen Strafrichter mit ihrer Entscheidung schwergetan haben: „Es ist eine Situation, die zu den schwierigsten Aufgaben eines Richters gehört.“ Der Verteidiger des Angeklagten reagierte erleichtert. Er hatte zuvor betont: „Man kann den Angeklagten als Schläger bezeichnen. Ein Totschläger ist er aber nicht.“ Er sprach von einem schicksalhaften Aufeinandertreffen der Kontrahenten, die sich zuvor nicht gekannt hatten. Auch sei die Provokation von dem 17-Jährigen ausgegangen.

Das Opfer lag nach dem Angriff eine Woche im Koma und leidet noch immer unter Schmerzen und den psychischen Folgen des Angriffs. Der junge Mann ist zu 40 Prozent schwerbehindert. Für die Folgekosten muss der Angeklagte nach dem Urteil des Landgerichts aufkommen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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