VAG-Busse nehmen bestimmte E-Scooter wieder mit

25.1.2018, 12:13 Uhr
Genau wie in Köln (Bild) war die Mitnahme von E-Scootern auch in den Fahrzeugen der Nürnberger VAG verboten. Jetzt sollen die Fahrzeuge wieder mitgenommen werden - aber nur in Bussen und nur, wenn sie ein Piktogramm aufwiesen, das sie als geeignet ausweist.

© Henning Kaiser/dpa Genau wie in Köln (Bild) war die Mitnahme von E-Scootern auch in den Fahrzeugen der Nürnberger VAG verboten. Jetzt sollen die Fahrzeuge wieder mitgenommen werden - aber nur in Bussen und nur, wenn sie ein Piktogramm aufwiesen, das sie als geeignet ausweist.

Das trifft noch nicht auf allzu viele Scooter zu. Demnächst werden auch die zugelassenen VAG-Busse speziell gekennzeichnet. Schon seit 2016 darf Jürgen Hösl mit seinem E-Scooter nicht mehr VAG-Bus fahren. Doch der 73-Jährige ist seit sieben Jahren auf seinen Elektro-Wagen angewiesen. "Für uns Betroffene ist das ein großer Nachteil", ärgert er sich über den Ausschluss vom Busverkehr. Hösl schreibt Briefe an den Nürnberger Verkehrsbetrieb, auch an die Stadt. Er will die Ausgrenzung nicht akzeptieren, sieht sich - und andere Betroffene - in seiner Freiheit und seinen Rechten begrenzt.

Scooter müssen Kriterien erfüllen

Doch nun gibt es eine Lösung: Die Landesverkehrsministerien haben in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsminister einen Erlass herausgegeben, der die kommunalen Verkehrsbetriebe und -verbünde dazu verdonnert, E-Scooter-Fahrer wieder in Bussen mitzunehmen. Vorausgesetzt, die Scooter erfüllen wichtige Kriterien.

Rückblende: 2016 verbieten die meisten Verkehrsbetriebe die Mitnahme der E-Scooter in ihren Bussen. Sie berufen sich auf eine Empfehlung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Die Gefahr für die Fahrgäste in Bussen und Bahnen sei zu groß, auch für die Scooter-Fahrer selbst. Da hilft auch der massive Protest zahlreicher Behindertenverbände und Einzelpersonen wie Jürgen Hösl nichts. Eine Petition mit über 30.000 Unterschriften, übergeben im Nürnberger Rathaus, zeigt erst einmal keine große Wirkung. 

VAG-Busse nehmen bestimmte E-Scooter wieder mit

© Foto: BSK

Doch diese (juristische) Einschätzung setzt sich nicht durch. Das Verkehrsministerium in Nordrhein-Westfalen gibt seinerseits zwei Gutachten (technisch und juristisch) in Auftrag. Es betont in einem  Schreiben vom März 2017 an die Verkehrsverbünde im größten Bundesland, dass ein Ausschluss der E-Scooter von der Beförderung "einen Verstoß gegen die Beförderungspflicht der Verkehrsunternehmen" darstellen könnte. Menschen mit Behinderung hätten nach Artikel 3, Absatz 3, Satz 2, Grundgesetz grundsätzlich einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe am Alltagsleben. Dazu zähle auch die Beförderung in Bussen. Straßenbahn und U-Bahnen sind von dem Bann ausgenommen.

Bundesweite Entscheidung

Als Gegenargument wird der Hinweis auf das Recht auf körperliche Unversehrtheit der übrigen Fahrgäste genannt. Doch da verweist das Ministerium auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Januar 2012 (AZ: VI ZR 311/11). Der BGH stellte dazu fest: "Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar."

Auf der Basis der zwei Gutachten und nach Beratungen mit den Verkehrs-Verbänden, Behindertenverbänden, E-Scooter-Herstellern und kommunalen Spitzenverbänden steht am Ende eine bundesweite Entscheidung, die eine Wende in der langen Debatte bringt. Erfüllen E-Scooter, Busse im Nahverkehr und die Nutzer der Scooter bestimmte Voraussetzungen, ist die Mitnahme wieder möglich. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) gibt nun das Ende 2017 freigegebene Piktogramm heraus, mit dem geeignete E-Scooter gekennzeichnet werden. 

Fahrzeugliste online verfügbar

Seit Januar 2018 nimmt die VAG wieder E-Scooter mit - wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, erklärt Sprecherin Susanne Jerosch. Die geeigneten Busse - 141 der VAG und 25 von den Privatunternehmen - würden zeitnah gekennzeichnet. Warum nicht schon jetzt? "Weil es bisher noch keine E-Scooter auf dem Markt gibt, die die Auflagen aus dem Erlass erfüllen", sagt sie. Der VDV rechne ab Februar mit tauglichen Modellen. Der BSK hat aber auf seiner Homepage bereits eine Liste mit geeigneten Scootern, die ständig aktualisiert wird. Hier kann auch ein "Selbsterhebungsbogen" angefordert werden, der ausgefüllt (ob der Scooter geeignet ist) und mitgeführt werden muss.

Bis es geeignete Scooter gebe, so Jerosch, biete die VAG den E-Scooter-Nutzern, die einen Schwerbehindertenausweis mit dem Vermerk "G" oder "aG" haben, weiterhin an, sie mit einem eigens dafür umgebauten Sonderfahrzeug zu befördern (nach einmaliger Registrierung und der Unterzeichnung des Haftungsausschlusses durch den E-Scooter-Nutzer). Dieses stehe grundsätzlich täglich von 9 bis 21 Uhr zur Verfügung. Die Beförderung erfolge auf den Linienwegen der Busse und Straßenbahnen, von VAG-Haltestelle zu VAG-Haltestelle, und orientiere sich an den Fahrplanzeiten.

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