Versuchter Totschlag: U-Bahn-Schubser vor Gericht

27.9.2016, 06:00 Uhr
Die geschlossene Toilettenanlage an der U-Bahn-Endhaltestelle Langwasser Süd ist ab sofort wieder vollständig zugänglich. (Symbolbild)

© Michael Matejka Die geschlossene Toilettenanlage an der U-Bahn-Endhaltestelle Langwasser Süd ist ab sofort wieder vollständig zugänglich. (Symbolbild)

Die Bilder einer Überwachungskamera am U-Bahnhof Langwasser Süd laufen ohne Ton auf einer Leinwand in einem Gerichtssaal des Justizpalastes. Die Gestalten sind nur von Weitem zu erkennen. Dennoch ist die Videosequenz dramatisch: Zwei Männer streiten sich und rangeln dann am Bahnsteig. Plötzlich stößt einer den anderen von der Bahnsteigkante ins Gleisbett. Der Mann, der auf die Gleise fiel, versucht wieder auf den Bahnsteig zu klettern, wird aber mit dem Füßen von seinem Gegner immer wieder zurückgeschubst. Er läuft dann zwischen den Gleisen weiter und verschwindet in der Dunkelheit eines Tunnels.

Es hätte Schreckliches passieren können am Vormittag des 1. Januar 2016. Glücklicherweise hatte ein VAG-Mitarbeiter in der Leitstelle die Kamera vom Bahnhof Langwasser Süd auf einen seiner Monitore geschaltet. Sofort ließ er die Stromversorgung im Gleisbereich unterbrechen und verständigte die Polizei. Eine Streife war nur Minuten später vor Ort. Ein Beamter zog den 49-Jährigen von der Kante weg, seine Kollegin half dem am Kopf blutenden 58-Jährigen zurück auf den Bahnsteig.

Aggressiv und betrunken

Aggressiv und stark alkoholisiert sei der Angreifer gewesen, berichten mehrere Polizisten vor dem Schwurgericht. Auf dem Weg zum Streifenwagen und auf der Wache habe der 49-Jährige rechtsradikale Aussagen von sich gegeben. Ein Passant, der vorbeigelaufen sei, habe missbilligend mit dem Kopf geschüttelt, erinnert sich ein Beamter. Deshalb ist der Mann aus Fürth nicht nur wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung, sondern auch wegen Volksverhetzung angeklagt.

Er räumte am Montag die Vorwürfe ein und entschuldigte sich persönlich bei dem 58-Jährigen. Der Koch, der bei dem Vorfall zum Glück mit einer Platzwunde am Kopf und einigen Schrammen davonkam, nahm daraufhin die entgegengestreckte Hand des Anklagten an.

Im Vorfeld des Prozesses hatte der Angeklagte zugesichert, dem 58-Jährigen ein Schmerzensgeld zu bezahlen. Sobald er im Gefängnis Arbeit hat, will er 1500 Euro in monatlichen Raten von 50 Euro an den Geschädigten bezahlen.

Ob der Koch den Vorfall vor Gericht deshalb weniger dramatisch schilderte als im Januar bei der Polizei? "Ich war damals aufgebracht. Ich glaube, er hat seinen Fehler eingesehen und macht so etwas nicht wieder", sagte der Geschädigte. Der Prozess wird fortgesetzt.