VGN wird digital: Im Frühjahr winkt das E-Ticket

3.1.2018, 05:51 Uhr
VGN wird digital: Im Frühjahr winkt das E-Ticket

© Stefan Hippel

"In einigen Jahren wird der Kunde einfach einsteigen können und das Bezahlen geht automatisch", beschreibt Klaus Dechamps, Abteilungsleiter für Märkte und Absatz beim VGN, das Ziel des Projekts. Für eine mehrjährige Übergangszeit wird es aber den Einzelfahrschein oder die Streifenkarte neben dem E-Ticket für Abonnenten geben. Voraussichtlich ab April oder Mai wird die VAG gemeinsam mit der Infra in Fürth und den Erlanger Stadtwerken elektronische Fahrausweise in Form einer Scheckkarte für Abonnenten ausstellen. VGN-Kunden mit Wohnort außerhalb der drei Städte werden das E-Ticket für Abonnements auch bekommen. Es wird aber von den drei beteiligten Stadtwerken ausgestellt. Man kann es auch im Internet unter shop.vgn.de/meinabo bestellen.

Im VGN sind über 100 Verkehrsbetriebe zusammengeschlossen. Kontrolliert wird das E-Ticket elektronisch mit mobilen Endgeräten entweder durch Prüfteams oder von den Busfahrern beim Einstieg. "Da die Anschaffung der Technik teuer ist, gibt es für die kleineren Busunternehmen zunächst keinen Anreiz, die neuen Chipkarten auszustellen", sagt Dechamps. Das würden die großen Partner übernehmen. Die Bahn verwendet vorerst auch keine Chip-Karten im Rahmen des VGN-Systems, sie kontrolliert aber die E-Tickets. Der Wechsel vom Fahrausweis in Papierform zum E-Ticket für Abonnenten erfolgt immer dann, wenn ein Abo verlängert, geändert oder neu abgeschlossen wird.

Erfolgreiche Testphase

Seit Oktober 2017 wird die Funktionsfähigkeit der Chipkarte geprüft. Ende November hat die zweite Testphase mit rund 100 Abo-Kunden begonnen, berichtet Thomas Seyfried, Bereichsleiter Verkauf bei der VAG. Bislang gebe es keine Probleme. Aber erst wenn die Praxistestphase erfolgreich abgeschlossen ist, kann das E-Ticket schrittweise im Frühjahr eingeführt werden. Dass beim Ticketverkauf im ÖPNV alles auf Digitalisierung zuläuft, macht Seyfried mit folgenden Zahlen deutlich: 81 Prozent der VAG-Kunden benutzen ein Smartphone und davon verwenden 52 Prozent die ÖPNV-Apps. Der Umsatz bei der VAG wird nur noch zu 37,7 Prozent mit Bargeld erzielt. "Die große Mehrheit zahlt schon heute bargeldlos", sagt Seyfried. Seit 2003, mit der Einführung des Onlineshops, und 2007, als der Ticket-kauf über das Handy möglich wurde, sind die Verkaufszahlen in diesem Bereich steil nach oben gegangen, deshalb wurde 2010 eine Machbarkeitsstudie zur Einführung eines kompletten E-Ticket-Systems in mehreren Stufen durchgeführt.

Das langfristig angelegte Projekt heißt Elektronisches Fahrgeldmanagement (EFM). Die Einführung der Abo-Chipkarte als ersten Schritt hat laut Seyfried gleich mehrere Vorteile für den Kunden: Es gibt nur noch eine Scheckkarte und keinen Verbundpass mit Ticket mehr: der Geltungsbereich kann selbstständig geändert werden; die Karte lässt sich bei Verlust oder Diebstahl leicht sperren und sie ist fälschungssicher. Auf der Karte sind nur noch der Name und ein Passbild als Prüfmerkmale zu sehen. Die Ticketart sowie die räumliche und zeitliche Festlegung des jeweiligen Abonnements speichert der Chip. Auf der Rückseite der Karte ist ein QR-Code abgedruckt, der bei Kontrollen weiterhilft, wenn technische Defekte auftreten sollten. In ganz Deutschland gibt es schon über zwölf Millionen Chipkarten im ÖPNV-Bereich, nur in Bayern kaum, denn der Freistaat stellte bislang dafür keine Fördergelder zur Verfügung, so Dechamps.

Individuelle Abrechnung geplant

Die Chipkarte hat nur einen Nachteil: Sie ist für Gelegenheitskunden aufgrund des derzeit möglichen Abrechnungsmodells nicht geeignet. Das wird aber in den nächsten Jahren noch anders werden. Langfristig ist eine individuelle, elektronische Abrechnung geplant. Jede Chipkarte kostet derzeit 1,75 Euro, mit Versandkosten und der Verknüpfung mit individuellen Daten kommen fünf Euro zusammen, die von den beteiligten Unternehmen getragen werden. Der Kunde muss nicht mehr bezahlen. "Zuschüsse für den Weg in die digitale Zukunft gibt es leider nicht", bedauert Seyfried. Insgesamt kostet die Einführung der Chipkarte für Abonnenten im ersten Schritt rund 2,4 Millionen Euro.

Dass der VGN auf die Chipkarte setzt, hat auch damit zu tun, dass das Smartphone noch keine bezahlbaren Sicherheitsstandards beim Speichern aufweist, die mit einer Chipkarte vergleichbar sind, so Seyfried. Außerdem wollen beim Smartphone viele Software-Hersteller mitverdienen, was die Sache teuer macht. Seyfried verspricht, dass von Anfang an alle Vorgaben des Datenschutzes eingehalten werden: "Wir geben keine Daten weiter und wir erstellen auch keine Bewegungsprofile." Handy-Tickets gibt es natürlich auch weiterhin.

Bargeldlos bezahlen

Im zweiten Schritt soll es dann im Rahmen des EFM Prepaid-Karten für das komplette Sortiment geben. Mit der dritten Stufe des E-Tickets wird es eine freie Produktwahl für alle Kartenarten mit Monatsabrechnung geben. Seyfried und Dechamps hoffen, dass sie in fünf Jahren oder etwas später ihre ganze Vision realisieren können: Es wird komplett elektronisch, also bargeldlos bezahlt. Mit welchem Trägermedium auch immer. Ob Smartphone, elektronischem Fahrausweis oder schlicht im Internet.

"Einsteigen und fahren", so die beiden Fachleute ist dann der Schlusspunkt. Automatisch wird der günstigste Tarif abgebucht, es gibt fahrtbezogene Abrechnungsmodelle, die für den Nutzer transparent sind. Es können dann innovative Ticketsysteme schnell eingeführt werden. Basis ist ein Raumerfassungssystem, das auf WLAN-Basis mit Mobiltelefon als Nutzermedium funktioniert: Wer in einen Bus, Straßenbahn oder U-Bahn einsteigt, der aktiviert eine Sim-App. Die Fahrt- und Positionsdaten speichert diese auf dem Smartphone und sendet sie an eine Bordeinheit. Beim Aussteigen wird die Datenübertragung beendet und die Nutzungsdaten automatisch an ein Hintergrundsystem weitergegeben. Am Monatsende gibt es ein Abrechnung mit allen Fahrten.

Gedacht ist auch an eine mobilitätsübergreifende Bezahlung. Mit einem System wird dann nicht nur der ÖPNV, sondern auch das Leihrad und das Leihauto abgerechnet. Ein weiteres Ziel der Verantwortlichen für das Elektronische Fahrgeldmanagement ist, dass das Abrechnungssystem des Verbunds in einigen Jahren auch mit dem bei anderen Stadtwerken, die sich im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zusammengeschlossen haben, kompatibel ist.

Das wäre dann die größte Komfortsteigerung für die Nutzer des ÖPNV: Wenn sie in einigen Jahren mit einer Karte oder einem System in München, Nürnberg oder Berlin bezahlen können und keine Anleitungen für das Ausstellen eines Fahrscheins mehr lesen müssten. Nach über 100 Jahren ist dann der Fahrschein in Papierform nur noch Geschichte. Hoffentlich ist das kein ÖPNV-Märchen.

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