Viel Gefühl: Adel Tawil gastierte in der Nürnberger Arena

7.4.2014, 08:37 Uhr
Adel Tawil in der Nürnberger Arena.

© Michael Matejka Adel Tawil in der Nürnberger Arena.

Das Prinzip funktioniert. Er singt „Du erinnerst mich an Liebe“, beschwört wahre Zuneigung statt ewigen Konkurrenzdruck, fragt „Willst du unbedingt einen Mann vor dir weinen sehn?“ — und antwortet darauf mit viel Herz. Für die Damen im Publikum reicht es vollkommen, wenn er anwesend ist.

Wo aber ist die „neue Härte“, von der Kritiker geschrieben haben? Die soll sich in den Songs seines ersten Soloalbums „Lieder“ verstecken. So viel heftiger als zu den Zeiten von „Ich + Ich“, dem Schmuse-Projekt mit Annette Humpe, geht es aber wirklich nicht zu. Allenfalls ein röhrendes Gitarrenriff beim Song „Herzschrittmacher“ reißt mit, angedeutete Balkan-Beats flackern hier auf. Bei „Graffiti Love“ versprüht eine tippelnde Keyboard-Linie Charme, aber der urbane Hip-Hop wird sparsam dosiert. Schließlich hat Tawil seine Rap-Zeiten schon lange hinter sich.

Schön und leicht kitschig

Vom gebeutelten, abgehängten Boyband-Mitglied zum umjubelten „Ich + Ich“-Frontmann hat der Berliner schon viel erlebt. Das will er in nachdenklichen Texten rüberbringen. So wie gleich am Anfang seines Auftritts, als das Piano angestrahlt wird. Aus dem Hintergrund Adel Tawils Stimme: „Ich folge dir in die Dunkelheit“. Die Vorhänge fallen, er erscheint, wird erleuchtet und singt „Führ uns ins Licht“. Schön und nur ganz leicht kitschig.

Den etwas zu weichgespülten Pop von Benne sowie Madeline Junos melancholischen Folk-Rock hat das Publikum im Vorprogramm brav beklatscht, nun wird es endlich von seinem Star erlöst. Auf der Bühne fluoresziert ein Dreieck, es mutiert zur Pyramide, in die Wasser fließt, lässt einen Baum entstehen. Adel präsentiert dazu Neues aus dem Album „Lieder“, Altes von „Ich + Ich“ und eine große Show.

Im Mittelpunkt steht das, was bei ihm schon immer funktioniert hat: synthetische Streicher, langsame Beats und eingestreute Keyboardnoten umfließen seine Samt-Soul-Stimme, die mit lyrischer Tiefe den Raum füllt. Manches bewegt sich am Rand eines Allgemeinplatzes, kippt aber doch nicht um. Irgendwie hält er das Gleichgewicht, driftet nicht in die silbermondhafte Beliebigkeit.

Warum man ihm den Pop-Saubermann eher abnimmt und sich tatsächlich vorstellen kann, dass er guten Freunden hilft, wenn sie Probleme haben, bleibt sein Geheimnis. Jedenfalls ist manche bittersüße Lebensberater-Textzeile gar nicht so schlecht.


 

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