Vogelkot pflastert Nürnbergs Wiesen und Strände

7.9.2016, 13:09 Uhr
Ganz schön viel: Bis zu 170 Mal am Tag kotet eine Gans.

© dpa Ganz schön viel: Bis zu 170 Mal am Tag kotet eine Gans.

Es ist noch keine zwei Wochen her, dass der Rollrasen auf der Liebesinsel fein säuberlich wie ein Teppich verlegt wurde, und schon sieht er an einigen Stellen ziemlich zerrupft aus. Kanadagänse zupfen mit spitzem Schnabel kräftig am Grün und lassen es sich schmecken. Nicht nur hier leben sie ohne Scheu mitten in der Stadt, ganz nah dran am Menschen.

"Kanadagänse haben eine krass niedrige Fluchtdistanz", sagt Steve Döschner vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern. Als er abends dem neuen Rollrasen der Liebesinsel in der Nürnberger Altstadt einen Besuch abstattete, "wichen mir die Gänse gar nicht aus". Fast hätte Döschner ihnen über die grauen Rückenfedern streicheln können.

Viele Gänse bleiben das ganze Jahr über in der Stadt, die Abfälle reichen zum Sattwerden. "Gänse sind pragmatisch, sie sind da, wo es Futter gibt", sagt Döschner. Der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) übertreibe allerdings, wenn er auf seiner Homepage schreibt, dass Gänse den Vormittag am Wöhrder See verbringen und dann mal schnell am Nachmittag zum Fressen in den Englischen Garten nach München fliegen. "Warum sollten sie das tun, wenn es in Nürnberg für sie genug Nahrung gibt?"

In Nürnberg leben vor allem Kanadagänse, Graugänse mit orangefarbenem Schnabel sind in der Minderzahl. Am Wöhrder See, am Silbersee, am Dutzendteich und auf der Liebesinsel: Überall grasen Gänse wie übereifrige Kühe. Doch anders als Kühe haben sie nur einen Magen. Rupfen sie Gras, durchwandert es in vierzig Minuten ihren Körper, weil sie das meiste gar nicht verwerten können. Bis zu drei Kilo Gras am Tag dürfen es pro Gans gerne sein.

Zwei Kilo Kot pro Tag

Was vorne reingeht, muss hinten wieder raus. Forscher zählten nach, dass Gänse bis zu 170 Mal am Tag koten. Das entspricht rund zwei Kilo Hinterlassenschaften pro Tier. 2014 ging vielen Nürnbergern am Stadtstrand am Wöhrder See der Kot ordentlich auf den Wecker. Sör setzte ein Netz ins Wasser, Holzstämme und neue Büsche sollten den Gänsen die Sicht aufs Wasser verstellen.

Sör greift aber jährlich wieder tief in die Tasche, um den Gänsekot wegzuräumen. Beispiel Sandmaster: Sör beauftragte die bundesweit arbeitende Firma damit, in der Gänse-Hauptsaison von April bis September einmal pro Monat den Strand am Wöhrder See zu reinigen. Das kostet immerhin 20.000 Euro.

"Wir holen bei jeder Tour bis zu einen Kubikmeter Müll aus dem Sandstrand", sagt Bernhard Fröhlich. Qualitätsmanager bei Sandmaster. Das sei nicht nur Gänsekot, sondern auch Scherben, Kippen und anderer, von Menschen hinterlassener Unrat. Doch Fröhlich, der die Sandverhältnisse in allen deutschen Städten kennt, findet für Nürnberg drastische Worte: "Ich kenne keine andere Stadt mit so viel Vogelkot in den Sandflächen." Nicht mal in Hamburg, wo die Möwen ihre Hinterlassenschaften beisteuern, sei es so schlimm. "Auch der Beachvolleyballplatz am Silbersee ist voll Kot."

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