Was ist uns die Kunst-Arbeit wert?

23.9.2018, 19:04 Uhr
Was ist uns die Kunst-Arbeit wert?

© Foto: Tabula Rasa

Drei Jahre Arbeit haben Tibor Baumann und Thorsten Singer vom Nürnberger Label Tabula Rasa in die Produktion gesteckt. 25 Drehtage, an deren Ende 150 Stunden Filmmaterial standen, aus denen 70 Minuten lang Fragen ergründet werden: Wie wollen wir arbeiten, wie leben? Was ist Arbeit eigentlich wert, und was sind wir zu zahlen bereit?

Das geschieht entlang der Geschichte des Nürnberger Malers Stephan Haimerl, entlang der Nürnberger Kunstszene, steht aber "exemplarisch für ein Thema, das alle Kulturschaffenden, wenn nicht gar die ganze Gesellschaft betrifft", meint Tibor Baumann.

Natürlich habe im Vorfeld eine Idee gestanden, die dokumentarisch umgesetzt werden sollte. Stephan Haimerl spricht über sein Leben und Wirken, seine Anfänge an der Akademie der Bildenden Künste, über die Notwendigkeit, zum Überleben Nebenjobs zu bestreiten. Gastronomie, "ich hasse es", sagt er, doch es sei unvermeidbar.

Es geht um Wertschätzung der künstlerischen Arbeit, um die enge Verknüpfung zwischen Kunst und Wirtschaft, sei es über den Galeriebetrieb, den Annette Oechsner zu beschreiben versucht und in dem möglicherweise bislang viel verpasst wurde; sei es um das große Thema "Auf AEG", wo zur Zeit des Drehs bereits die Unsicherheit über den Verbleib umging. Bertram Schultze, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft MIB sagt dazu, es habe nie einen Auftrag gegeben, das Gelände als künstlerisches zu erhalten, sondern "zu renaturieren", also seiner ursprünglichen, wirtschaftlichen Nutzung rückzuführen. Den Künstlern, die sich ihres Arbeitsortes beraubt sehen, hilft das freilich wenig – und einer Kulturhauptstadt, meint Tibor Baumann, steht es nicht gut zu Gesicht, wenn keine Räume geschaffen, keine Inspirationen bereitgestellt werden.

Der Film behandelt die Freiheiten des Kunstbetriebs, aber auch die Zwänge und Pflichten, die großen Hoffnungen und kleinen Rückschläge, die etablierten Betriebe und gescheiterten Versuche. Dazu fließen die verschiedensten Ansichten und Erfahrungen ein: von Sparkassen-Vorstand Michael Kläver oder Gerhard Schmitt, Werkstattleiter an der Kunstakademie, von Künstlern wie Andreas Oehlert, Anna Bittersohl und Haimlers Lebensgefährten Birke Bonfert bis Thomas Heyden, Sammlungsleiter des Neuen Museums Nürnberg.

"At Work with Stephan Haimerl" zeigt großzügige Ansichten Nürnbergs und kleinteilige Momentaufnahmen, begleitet die Protagonisten live vor Ort und positioniert sie ins klassische Interview, zeigt Formen und Farben und Möglichkeiten, gibt Einblicke in getaktete Alltage zwischen Kreativität und Pflicht, zeigt den Zwiespalt zwischen Lohn- und "eigentlicher" Arbeit: Und zieht gemeinsam mit Haimerl und seiner Familie um nach Leipzig – ein Schritt, zu dem sich das Paar gezwungen sieht, um weiter künstlerisch schaffen zu können.

So vermittelt der Film ein vielschichtiges Bild von einer Lebenswirklichkeit, die für Baumann und Singer "durchaus auf ein Gros von Kunst- und Kulturschaffenden übertragbar ist." Und von einer Gesellschaft, "die ihren Standpunkt zu Lohn und Arbeit zu überdenken hat."

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