Wenn Janik Seehofer um die Freigabe von Cannabis kämpft

11.1.2016, 20:42 Uhr
Wenn Janik Seehofer um die Freigabe von Cannabis kämpft

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In einem Schulplanspiel setzten die Schüler private Geräte vom Laptop bis zur Videokamera ein und nutzten eigenständig digitale Medien. Mit dem Thema „Hasch für jedermann?“ erfüllten sie nicht nur die Vorgaben für den IT-Lehrplan, sondern die für Sozialkunde und Deutsch gleich mit. Für jedermann nachzulesen ist das alles in einem Schulblog.

Eine Woche lang verwandelten sich Klassen- und Lehrerzimmer des Jenaplan-Gymnasiums (Herderstraße 5–9) in den Plenarsaal des Deutschen Bundestages, in Fraktionsräume verschiedener Parteien und in das Gebäude der Bundespressekonferenz. Alle 120 Schüler sowie die Lehrkräfte und Sozialpädagogen beleuchteten die Debatte um die Legalisierung von Cannabis von allen Seiten. In einem Spiel, bei dem jeder eine feste Rolle übernahm – von Ministerpräsident „Janik Seehofer“ bis zur leicht bekleideten Journalistin, die aber auch keine klaren Antworten von ihrem Gegenüber bekommt.

Kameraleute, Fotografen, Parteigrößen und Hinterbänkler: Jeder Schüler verkörperte ein Rädchen in dem großen Getriebe, das sich Politik und politische Berichterstattung nennt. „Jeder hatte einen Tag lang Zeit, sich in seine Rolle reinzufinden“, erzählt Eva Endler. „Das prägt“, meint die 14-jährige Schülersprecherin. Zehn Schüler aller Altersstufen verkörperten die „Schülerpresse“. Von ihnen wurde die Debatte in einem Blog dokumentiert und täglich zu einer „Tagesschau“ mit bis zu neun Minuten Länge verarbeitet.

„Immer vormittags haben wir Material gesammelt und Berichte geschrieben“, ergänzt Evas Kollege Ben Türk (15). So entstanden auch Artikel über Bestechungsversuche oder parteiinterne Profilierungskämpfe – und das jeden Tag von 8 bis 16 Uhr, so lange, wie der rhythmisierte Ganztages-Unterricht am Jenaplan-Gymnasium auch sonst läuft. Die Schüler recherchierten Unmengen von Material über Cannabis an sich und über die Freigabe von Haschisch, lasen sich in verschiedene Partei-Positionen dazu ein und versuchten, sich schließlich selbst eine Meinung zu bilden.

„Am Ende kannte man sich aus im Thema“, sagt Ben, „und man hat mal gemerkt, wie viel Arbeit zum Beispiel hinter der ,Tagesschau‘ steckt.“ Und Eva findet es toll, „dass man gecheckt hat, wie das ganze Politik-Ding funktioniert“. Bernd Beisse vom Vorstand des Jenaplan-Gymnasiums hat während der Zeit des Schulspiels jeden Abend in der Familie politische Diskussionen geführt: „Und das ist in vielen Familien so gewesen.“

Weil die Schüler den Unterricht am liebsten immer so hätten wie in dieser einen Woche vor den Sommerferien 2015 – was aber selbst am Jenaplan-Gymnasium nicht geht –, gibt es jetzt die sogenannten Werkstätten: Eine Stunde am Tag, in der sich die Schüler mit IT allgemein, beispielsweise mit „Photoshop“, befassen. Für diese Stunden holt sich die Schule auch Experten ins Haus, die größtenteils aus der Elternschaft stammen und die Aufgabe ehrenamtlich übernehmen.

Voraussichtlich am 21. Januar wird der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Zulassung eines Volksbegehrens zur Legalisierung von Cannabis entscheiden. Das Jenaplan-Schulspiel ist also immer noch genau so aktuell wie vor einem halben Jahr.

Blog unter www.jenaplangymnasium.de

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