Wie Kletterer überwintern

19.11.2011, 19:10 Uhr
Wie Kletterer überwintern

© Roland Fengler

Wer sich von fränkischen Jurawänden kennt, trifft sich dann nicht selten im beliebten „Café Kraft“, das im Nordosten der Stadt zusammenbringt, was die meisten Menschen in ihrer Freizeit suchen: „Wir wollen auch ein Treffpunkt für Geselligkeit sein. Und ,Café Kraft‘ ist der perfekte Ausdruck für diese Kombination!“

Hannes Huch sitzt auf einer alten Sofagarnitur wie aus Omas trautem Heim; eine tief hängende Lampe erinnert an Zirbelstuben und nebenan stehen mächtige, urige Holzbänke um Tische, die auf jeder Berghütte durchgehen würden. „Kaffeetrinken ist Bestandteil des Kletterns“, zitiert er den legendären Kletterer Wolfgang Güllich — großformatige Bilder von ihm zieren die Wände im Café Kraft.

Das Leben genießen

"Man darf klettern nicht auf Sport reduzieren“, meint Huch und tätschelt liebevoll die dicken Polster. „Dieser Sport steht auch für einen gewissen Lebensstil: Reisen, immer mal Pausen machen, das Leben genießen. Wir sind nicht die totale Muckibude. Viele Leute verbringen hier einen ganzen Tag; da ist es zwingend, dass man mal eine Pause macht. Und uns liegt daran, dass sie sich hier wohlfühlen.“

„Uns“, das sind Hannes Huch und Reto Faulenbach. Seit März zieht ihr „Café Kraft“ Neugierige wie Spezialisten magisch an — vielfach gilt die Kletterhalle schon als haltgebender Ort zum Kennenlernen. „Neulich hatte ich per E-Mail eine Anfrage, ob das hier ein guter Platz für das zweite Date mit der neuen Flamme sei!“ Hannes Huch lacht. Nicht immer sei es jedoch leicht, den Ansprüchen sowohl von superstarken Kletterern als auch von Anfängern gerecht zu werden. Offenbar klappt es aber, denn selbst ohne Kurs kann hier buchstäblich jeder die Wände hochgehen, wenn er sich nur nach dem entsprechenden, farblich gekennzeichneten Schwierigkeitsgrad richtet.

„Wir sind allerdings kein Indoor-Spielplatz, sondern eine Sportstätte“, betont Familienvater Huch. Zwar gibt es sogar einen eigenen Kinderkletter-Bereich, doch bis einschließlich 13 Jahre dürfen Kinder nichtkletternder Eltern nur im Rahmen der Kurse die Kunstfelsen erklimmen. „Klettern Eltern selbst, wissen sie die latenten Gefahren einzuschätzen. Bouldern ist ein risikoarmer Sport — doch eine fachkundige Aufsicht ist entscheidend.“

Faszination „Grüne Hölle“

„Bouldern“ meint schlicht: Klettern ohne Seil in Absprunghöhe. „Das ist vom amerikanischen ,boulder‘ für ,Felsblock‘ abgeleitet“, erklärt Huch und schwärmt vom „Frankenjura“, einem der zehn besten Klettergebiete weltweit. Nach ihm sind die gigantischen Kunstblöcke im „Café Kraft“ auch benannt: „Rabenfels“, „El Dorado“, „Grüne Hölle“...

Wie Kletterer überwintern

© Roland Fengler

Fast hat es Schira geschafft. Noch ein, zwei Griffe, dann strahlt die Achtjährige ihren Vater an, der sie auf dem „Felsen“ begeistert empfängt. Erst zum zweiten Mal erklimmt Schira die Wände, doch am liebsten würde sie hier übernachten. „Das macht so viel Spaß! Manchmal schaue ich auch nach unten, aber die Höhe macht mir nichts aus“, sagt sie mutig, setzt sich auf die dicke grüne Matte und zieht kurz die engen Kletterschuhe aus.

Kopf und Körper

Straff müssen sie sitzen; und wer das „Bouldern“ erst mal ausprobieren will, kann sie sich vor Ort leihen. Von vielen Touren abgewetzt sind die Schuhe von Susanne Z. „Man muss beim Bouldern Kopf und Körper komplett im Einklang haben, sonst bekommt man die Kraft nicht her“, beschreibt die 31-Jährige die Faszination. Bis zu zweimal pro Woche klettert sie im „Café Kraft“ — und trifft Freunde. „Meine Klettergemeinschaft ist groß — die Geselligkeit ist ein wichtiger Teil des Sports.“

Am nächsten Wochenende geht es nach Tschechien an die Granitwände. „Generell klettere ich lieber im Freien, aber ich muss nicht bei jedem Wetter raus“, sagt sie und lächelt. Schließlich gibt es für Kletterer perfekte Orte, um sportlich zu überwintern...



Weitere Infor unter: www.cafekraft.de

 

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