„Wir ahnten, dass die Idylle nicht ewig bleibt“

21.11.2016, 20:33 Uhr
„Wir ahnten, dass die Idylle nicht ewig bleibt“

© Günter Distler

Noch ist es erstaunlich idyllisch am Wohnort von Gisela Nürnberger. Und das, obwohl ihr Haus direkt zwischen der Bahnlinie und dem Autobahnzubringer liegt. Doch noch schirmt ein dichter Wald die denkmalgeschützten Häuser aus den 30er Jahren vom Lärm ab.

Wenn es nach den Plänen der Stadt geht, soll sich das aber in etwa zwei Jahren grundlegend ändern: Entlang der Regensburger Straße soll nicht nur eine Niederlassung des schwedischen Möbelriesen Ikea entstehen, sondern auch Wohnungen für etwa 2700 Menschen.

Nürnbergers Haus steht dann im Innenhof eines Komplexes aus bis zu elfstöckigen Häusern: „Wir hatten ja immer geahnt, dass die Idylle nicht ewig währen wird“, meint sie. „Aber dass die Stadt ein solches Billig-Ghetto hier hinstellen will, kann ich nicht verstehen.“

„Wir wissen, dass die Stadt dringend Wohnraum sucht — aber für Zabo, das bisher etwa 8000 Einwohner hat, wird das schon eine immense Veränderung, die gut geplant werden muss“, meint der Vorsitzende des Vorstadtvereins Zabo, Daniel Gencev.

Zusammen mit der „Stadtbild-Initiative Nürnberg“, dem Bund Naturschutz und Bündnis 90/Die Grünen hat der Vorstadtverein zu einem Spaziergang entlang des Gebiets eingeladen. „Wir wollen den Wohnungsbau nicht blockieren“, betont Elmar Hönekopp von der Stadtbild-Initiative. „Aber wir wollen, dass erst mal ein stimmiges Gesamtkonzept gemacht wird.“

In welche Schule?

So sei noch völlig unklar, in welche Schule die Kinder der hier wohnenden Familien gehen können: „Die nächste ist die Viatis-Schule, die liegt jenseits der Regensburger Straße — und ist bereits überfüllt.“

„Weniger ist mehr“, meint auch Stadtplanerin Brigitte Sesselmann. „Wenn man das Gebiet ähnlich wie in der Pastoriussiedlung — also mit etwa 270 statt knapp 400 Wohnungen — bebauen würde, wäre mehr Luft.“

Bei Baureferent Daniel Ulrich stießen die Kritiker bisher auf Ablehnung, erzählt Hönekopp: „Der sagte, dass dauert eh lange und wir sollten uns lieber um Denkmäler kümmern.“

Dabei sind die Häuser hier ja historische Stätten: Das heutige August-Meier-Heim wurde in den 30er Jahren von Albert Speer als Unterkunft für die Bauarbeiter am Reichsparteitagsgelände gebaut — und muss inzwischen dringend erweitert werden, da die Unterbringung der Bewohner nicht mehr zeitgemäß ist.

Auch ein Verkauf ist seitens der Stadt angedacht. „Hier könnten wir uns eine Jugendbegegnungsstätte vorstellen, als Teil eines Gesamtkonzepts für das ehemalige Reichsparteitagsgelände“, meint Sesselmann. Der Spaziergang geht noch weiter — über die Flüchtlingsunterkunft und das Ritzmann-Kollektiv bis zum geplanten Ikea-Standort.

„Das Gebiet neu zu gestalten, hat viel Potenzial — aber auch viele Herausforderungen“, fasst Elmar Hönekopp zusammen. „Es braucht auf jeden Fall ein Gesamtkonzept, das Natur- und Denkmalschutz ebenso bedenkt wie eine vernünftige Verkehrsanbindung des Quartiers.“

Damit auch andere die Möglichkeit haben, das Gebiet in seinem jetzigen Zustand kennenzulernen, macht die Stadtbild-Initiative am Samstag und Sonntag, 10. und 11. Dezember, zwei weitere Führungen. Start ist jeweils um 14 Uhr an der Kreuzung Regensburger-/Hans-Kalb-Straße.

Keine Kommentare