Witz und Qualität: 4. Ausgabe der Palazzo-Show überzeugt

4.11.2013, 07:00 Uhr
Das Palazzo kam auch in seiner vierten Auflage wieder sehr gut beim Nürnberger Publikum an.

© Roland Fengler Das Palazzo kam auch in seiner vierten Auflage wieder sehr gut beim Nürnberger Publikum an.

Während sich im letzten Jahr eine Graf-Dracula-Story als blutroter Faden durch den Abend zog, hat die Regie diesmal auf eine übergeordnete Geschichte verzichtet. Stattdessen verbindet Kay Scheffel als Heinz-Erhardt-Double mit Brille auf dem Kugelkopf wortgewandt die einzelnen Nummern. An seiner Seite waltet Sängerin und Ulknudel Corey Shank, die in ihrer Rolle als „Roxy Malone“ den — manchmal etwas arg überdrehten — Charme einer amerikanischen Trude Herr versprüht. Im goldenen Glitzerkleidchen röhrt die stabile Entertainerin ins Mikro, dann kündigt sie mit „Jetzt gäit’s lous!“, den ersten Auftritt an.

Und der ist ein echter Augenschmaus. Im roten Scheinwerferlicht verbiegt Lena Gutschank ihr Kreuz, dass die Füße über ihrem lächelnden Gesicht herabbaumeln oder schlägt rückwärts Räder, als ob ihre Knochen aus Gummi wären. Dafür erntet sie begeisterten Applaus. Während Conférencier Scheffel danach im Erhardt’schen Sinne zum ersten Gang überleitet („Wenn nicht jetzt, Wan Tan?“), stehen die 20 Servierer schon parat, um mit weißen Handschuhen die Teller mit den Silberhauben zu den Plätzen zu balancieren. Eine logistische Herausforderung bei 350 Gästen, fast im Sekundentakt gehen die Teller aus der Küche.

„Franken trifft die Welt“ ist das Motto von Michelin-Stern-Koch Alexander Herrmann, der die Menüs wieder kreiert hat. Das Zusammentreffen mit Asien im ersten Gang ist ein pikanter Mix. Vor allem die Silvaner-Zitronengras-Suppe mit Zanderfilet ist ein Geschmackserlebnis. Beim Veggie- Menü ersetzt eine Nocke den Fisch. Apropos: Für die Fleischlosen hat sich Herrmann im Vergleich zu letztem Jahr mehr einfallen lassen. Statt pochierter Eiswasserforelle wird beim Zwischengang ein Wurzelgemüse-

Ragout gereicht, der butterzarte Hirsch des Hauptganges wird durch einen schmackhaften Kürbis ersetzt und mit Gurke auf Avocadocreme steht diesmal zu Beginn sogar ein eigener Gruß aus der Küche auf dem Tisch.

Spannung beim Schlappseil

Grundsätzlich empfiehlt es sich, egal ob Vegetarier oder nicht, nicht mit völlig leerem Magen zu kommen. Ein kleines Brot vorher und man begegnet den raffinierten aber in der Haute Cuisine üblicherweise übersichtlichen Speisen entspannter. Insgesamt war die Komposition in diesem Jahr stimmiger, auch wenn das Gratin beim Nachtisch so labberig war wie das Schlappseil von Cong Tian. Der brachte die Nerven des Publikums mit seinem — nicht ganz unfallfreien — Balance-Akt auf dem durchhängenden Seil an die Grenzen. Gut, dass sich vorher alle bei der Bauchredner-Nummer mit Olympiasieger Max Müller vor Lachen ausgeschüttet hatten. Spontan mutierte der Hockeyspieler zur Puppe von Conférencier Scheffel, der ihn wahlweise zum Jodeln oder Rock-’n’-Roll-Singen brachte. Eindeutig der komödiantische Höhepunkt des Abends — auch wenn Starkoch Herrmann sein Comedy-Talent unter Beweis stellte. „Er hat sich im Laufe des Abends in mein Herz geschlichen“, war auch Komik-Fachmann Volker Heißmann von Scheffel angetan.

Mit Tischzaubereien, fliegenden Papageien, Roboter-Kellnern, Showgirls und nicht zu vergessen dem beherzt in die Tasten greifenden Palazzo-Orchester erlebten die Gäste eine Varietéshow, die vier Stunden wie im Flug vergehen ließ. „Danke schön, Sie waren bezaubernd“, schloss der Conférencier mit einem Luft-Küsschen den Abend. Dito.

Der Palazzo geht bis zum 9. März, Tickets unter www.palazzo.org

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