WM-Auftakt beim Public Viewing: Nürnberg ist entsetzt

17.6.2018, 20:08 Uhr
Dieses Ergebnis hat dieser junge Herr hier überhaupt nicht kommen sehen.

© Michael Matejka Dieses Ergebnis hat dieser junge Herr hier überhaupt nicht kommen sehen.

"Wenn Deutschland einen schlechten Tag hat und Mexiko einen sehr guten, dann haben wir eine Chance zu gewinnen." Rodrigo hat sich die mexikanische Fahne um die Schultern gebunden und guckt selber etwas skeptisch angesichts seines Optimismus. Wenige Minuten später fällt es dann aber tatsächlich, das 1:0 für Mexiko (zum Spielbericht geht's hier).

Drei Leinwände, Hot Dogs, Pizza, Bier und Hochprozentiges, Platz für 20.000 Fans, wobei gestern laut Veranstalter zum WM-Vorrundenspiel der deutschen Nationalmannschaft 14.000 Fans anrückten: beim Public Viewing am Flughafen konzentriert sich alles aufs Wesentliche. Die Fans sind schon eine Stunde vor dem Anpfiff der Partie Deutschland gegen Mexiko voll konzentrierter Vorfreude.

"Wo soll Mexiko Tore schießen, wir haben doch Manuel Neuer im Tor." Markus gibt sich siegessicher. Kommen die Deutschen ins Finale, färbt er sich seinen Blondschopf Schwarz-Rot-Gold. Das ist noch vor dem Anstoß und auch seine Freunde Cathi, Kevin und Yasmin träumen da noch von einem 4:0 für Deutschland. Etwas über eine halbe Stunde später steht ihnen die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben.

Jubelschreie bei den Mexiko-Fans

Was für ein Konter — Rodrigo kriegt sich kaum mehr ein, als er in der 35. Minute den Treffer seines Teams bewundern darf. Der Student lebt seit Oktober in Nürnberg, daheim ist er in Mexiko City. Dort begann die Partie am 10 Uhr morgens, "aber Public Viewing ist dort auch angesagt." Dulce, Edith, Diana und Luis bilden eine weitere mexikanische Enklave in Mitten der Anhänger des deutschen Teams. "Wir wollen doch unsere Spieler anfeuern", sagt Edith und versprüht jede Menge positive Energie. Wenn man es nicht anders wüsste, könnte man glauben: Ihre gute Laune ist auf die mexikanischen Kicker im fernen Moskau übergesprungen.

Finn, Fabrice und David sind beste Freunde aus Oberasbach. Die Schüler feuern Jogi Löws Team an, was die Klatschpappen hergeben. Allein daheim der Nationalmannschaft zuzuschauen, ist für den achtjährigen Finn keine Alternative. "Hier ist toll, dass so viele Leute da sind", findet er. Die Deutschlandfahne schwenkend, genießt er das Bad in der Menge. Ebenfalls aus Oberasbach hergekommen ist Julia. Vor dem Spiel sagt die Sportartikelverkäufern: "Leicht wird es für die Deutschen nicht." Da weiß sie noch nicht, wie sehr sie Recht behalten soll.

Fußball-Fans in jedem Alter

Die Tribüne, auf der man bequemer als im Stehen das Spiel verfolgen kann, ist nur mäßig besetzt. Wer sich den Luxus des überdachten Sitzplatzes gönnen will, muss 10 Euro berappen. Ansonsten ist der Eintritt zum Public Viewing kostenlos. Auch die 73-jährige Walburga steht lieber — von ihrem Hütchen in den Nationalfarben vor der Sonne geschützt — auf dem Platz weit vorne vor einer der drei Leinwände. "Die Leute sind so nett hier." Die Seniorin mag Großveranstaltungen und tanzt regelmäßig bei der After-Work-Party im Terminal.


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Beim Public Viewing ist sie nicht zum ersten und bestimmt nicht zum letzten Mal, daran ändert auch die Niederlage des deutschen Teams nichts. Die Nachbarskinder Elis — mit schwarz-rot-goldenen Hasenohren auf dem Kopf — und Anjali haben vor zwei Jahren alle EM-Spiele der Deutschen hier erlebt. Fußball ist ihre Leidenschaft und Jérôme Boateng ihr Schwarm. Am Ende verlassen sie enttäuscht den Platz, während Rodrigo das Jubeln nicht lassen kann. Er hätte vor dem Spiel selber nicht geglaubt, dass sein Optimismus berechtigt ist. Jetzt ist er selig — fußballselig.

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