Wo das Leihrad rund läuft

23.5.2013, 00:00 Uhr
Wo das Leihrad rund läuft

© privat

Hamburg an einem sonnigen Sonntagnachmittag, der geradezu wie geschaffen scheint für eine Radtour um die Außenalster. Zumal direkt ums Eck der früheren Studienfreunde der Fahrradverleih „StadtRAD Hamburg“ am Eppendorfer Baum eine von insgesamt 123 Stationen betreibt. Schnell die entsprechende App aufs Handy laden — die Anmeldung kostet einmalig fünf Euro und wird mit der Leihgebühr verrechnet — und schon ist zu erfahren, dass dort noch ein Fahrrad zu haben ist. Doch da hat wohl die Technik versagt: Alle Ständer sind gähnend leer, die Idee mit der Fahrradtour hatten auch andere.

Das haben meine Gastgeber noch nicht erlebt — vielleicht, so vermuten sie, liegt’s am Flohmarkt, der an diesem Tag viel Publikum ins Viertel lockt. Doch nach Angaben von StadtRAD sind gerade in der Innenstadt immer mal wieder alle Ständer leer, Disponenten versuchen, das zu kontrollieren und auszugleichen.

Am nächsten Tag sieht die Sache besser aus — an einem Montag mit Schmuddelwetter stehen genügend Räder im Regen. Diesmal ist auch die Information auf dem Smartphone korrekt: An Station 2235 hat der Kunde die Wahl zwischen zehn fahrbaren Untersätzen. Wobei natürlich alle gleich ausgestattet und im selben Rot-Ton lackiert sind — passend zum Logo des Unternehmens, das das Verleihsystem betreibt: Hinter „StadtRAD“ steht die Deutsche Bahn, die unter dem Stichwort „Call a Bike“ in mehreren deutschen Städten Fahrräder vermietet.

Das Ausleihen selbst ist denkbar einfach: Hat man sich einmal übers Internet angemeldet, muss man nur noch die Nummer des Fahrrades ins Handy tippen oder an der fest installierten Station per Touchscreen auswählen. Am Fahrrad selbst ist ein Display angebracht, an dem es die Entleihe zu bestätigen gilt. Ein Klick genügt, und das Schloss entriegelt sich. Die Räder selbst sind robust und gut zu lenken, nur der Gepäckträger, bei dem man Handtasche und Co. unter ein dickes Gummiband klemmt, ist gewöhnungsbedürftig.

Rabatt mit BahnCard

Auch das Wetter verhindert, dass die Tour mit dem „Stadtrad“ zum Erlebnis wird. Doch dafür kostet die kurze Fahrt um den Block nichts — die erste halbe Stunde ist grundsätzlich frei, danach sind acht Cent pro Minute fällig. Kunden mit BahnCard oder Jahresabo des Verkehrsverbundes zahlen nur sechs Cent. Wer das Rad parken will, muss sich nur vergewissern, dass er es auch wirklich wieder fest am Ständer verankert — sonst läuft die Zeit weiter. Doch auch das lässt sich problemlos auf dem Handy kontrollieren: Schon ein paar Minuten später ist der kleine Ausflug auf die Sekunde genau registriert. Eigentlich kinderleicht — nur das Wetter kann man leider nicht mit mieten.



Doch das schreckt die Hanseaten nicht. Die Geschichte von StadtRAD ist aus Sicht der Betreiber eine Erfolgsgeschichte. 180.000 Kunden haben sich seit dem Start im Juli 2009 registriert, das ist immerhin jeder zehnte Einwohner. Im Sommer werden bis zu 12.000 Fahrten am Tag zurückgelegt, zwei Millionen Fahrten waren es im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Nur gut zwei Prozent der Nürnberger sind bei NorisBike registriert. „Die Erwartungen wurden bei weitem übertroffen“, sagt ein Bahnsprecher. Die DB Rent GmbH hatte im Jahr 2008 eine EU-weite Ausschreibung gewonnen, sie betreibt das Verleihsystem im Auftrag der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Der Stadtstaat zahlt dafür ein jährliches Betreiberentgelt, das auch die erstmaligen Investitionen miteinschließt. Im vergangenen Jahr waren es 1,7 Millionen Euro, das heißt, jede Fahrt wurde mit 83 Cent bezuschusst. Die kostenlose erste halbe Stunde ist fester Bestandteil des Konzepts, 85 Prozent aller Fahrten dauern nicht länger als 30 Minuten.
 

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