Zahnfee, rollende Augen und künstliche Menschen

5.11.2014, 17:46 Uhr
Die diesjährige Ohmrolle nimmt die Zuschauer mit ins Jahr 2045, in dem der Traum vom jüngeren Ich Wirklichkeit wird.

© Ohmrolle Die diesjährige Ohmrolle nimmt die Zuschauer mit ins Jahr 2045, in dem der Traum vom jüngeren Ich Wirklichkeit wird.

Ein zusätzliches Lebensjahr kostet eine Milliarde Euro. Das ist es Phil wert. Er hat sogar so viel Geld, dass er sich elf leisten kann. Elf Jahre Zeit, um alles besser zu machen als letztes Mal. Er hat Karriere gemacht, war reich, verheiratet, hatte viele Affären, keine Kinder. Nun ist er 80 Jahre alt, krank und allein. Die Firma C–Tec bietet ihm eine zweite Chance. Sie erschafft künstliche Körper. In der Haut eines 25-Jährigen kann Phil ein neues Leben führen. Doch auch das hat ein Verfallsdatum.

Kurzfilm "11years"

„11 Years“ ist der Abschlussfilm von Feodora Frickert, Christina Greiner, Simon Begemann, Jan Jungbluth und Andreas Schultze. Die vergangenen neun Monate haben die fünf Bachelorstudenten daran gearbeitet. Nun ist der Film fertig, und sie zeigen ihn zum ersten Mal vor Publikum – und das gleich auf einer großen Kinoleinwand. „Dieser Film war ein absolutes Herzensprojekt, jeder von uns hat alles gegeben“, sagt Frickert, die Produzentin. „Das war die schönste Zeit meines Studiums.“ Zwei Wochen lang hat das Team an acht verschiedenen Orten, in Nürnberg, Ansbach, Forchheim und am Meer in Holland gedreht. 60 Leute haben mitgeholfen. Der Film hat 13.000 Euro gekostet,wovon 9500 Euro durch Sponsoren und private Spender zusammenkamen, die das Konzept gut fanden. Die Schauspieler haben ohne Gage gearbeitet. Die meisten Kurzfilme der DesignStudenten dauern rund fünf Minuten, hier sind es 17. „Dabei haben wir schon gekürzt. Am Anfang waren es 25“, sagt die 23-Jährige.

Die Geschichte spielt im Jahr 2045, „in einer Zeit, die wir noch erleben werden“. Nur sehr wenige Menschen können sich einen zweiten, künstlichen Körper leisten. Das Geschäftsmodell steht am Anfang und ist geheim, weil so viel Geld darin steckt. „Wir haben uns gefragt, wie es wäre, am Ende des Lebens noch einmal jung sein zu können und Dinge nachzuholen, die man verpasst hat“, erzählt Frickert. Die Studenten könnten sich vorstellen, eine solche Technologie auch selbst anzuwenden. „Warum denn nicht?“, fragt die Produzentin. „Aber natürlich entstehen dabei ethische und moralische Fragen – vor allem, mit wem man darüber spricht.“ Die Firma konserviert den eigenen, alten Körper und überträgt den Geist, in einen jungen, gesunden. Wenn die Zeit abgelaufen ist, kehrt der Kunde in sein ehemaliges Ich zurück. „Eine nachträgliche Verlängerung ist ausgeschlossen“, sagt die Chefin von C-Tec im Film. „Ihr Leben ist unser Produkt.“

Es wird unter anderem der Mut achtjähriger Mädchen beim Zähneziehen gezeigt.

Es wird unter anderem der Mut achtjähriger Mädchen beim Zähneziehen gezeigt. © Ohmrolle

Kurzfilm "Fairyland"

Kinder sind neugierig. Sie wollen wissen, warum der Osterhase Eier legt und wie es dem Weihnachtsmann gelingt, in einer Nacht auf der ganzen Welt Geschenke zu verteilen. Clara interessiert sich dafür, wie die Zahnfee aussieht. Die Achtjährige wohnt in einem rosafarbenen Mädchenzimmer. Die Wände sind rosa, der Stuhl, die Lampe, die Bücher, die Bettwäsche. Nur ihr Schlafanzug ist türkis. „Das war Absicht, damit sie heraussticht“, sagt Sebastian Herbst. Er war Produzent und Regisseur von „Fairyland“. Mit Artdirektorin Annabelle Thorausch und Kameramann Dominik Lang hat er das ganze vierte Semester an dem Kurzfilm gearbeitet. Drei Wochen lang haben sie das rosafarbene Biotop im Studio an der Technischen Hochschule Nürnberg gebaut und drei Tage lang dort gedreht. „Unserer Hauptdarstellerin haben wir dafür das Kinderzimmer leergeräumt, denn da ist tatsächlich alles rosa“, sagt Herbst. „Aber es war zu klein, um dort zu drehen.“ Die Farbe könnten sie jetzt für eine Weile nicht mehr sehen.

Im Film will Clara unbedingt die Zahnfee sehen – und stellt ihr eine Falle. Die Szene, in der sie grinsend ihre Zimmertür zudonnert, mag Herbst am liebsten. In der nächsten Einstellung liegt ein blutiger Zahn in Claras Hand. „Die Mutter unserer Hauptdarstellerin ist allen Ernstes Zahnärztin“, erzählt der 22-Jährige. „Sie hat das für uns organisiert.“ Im echten Leben glaubt Clara schon lange nicht mehr an die Zahnfee. Im Film jagt sie erfolgreich.

Dem Zuschauer soll außerdem der Wert des Augenlichts näher gebracht werden.

Dem Zuschauer soll außerdem der Wert des Augenlichts näher gebracht werden. © Ohmrolle

Kurzfilm "wHole"

Was ist ein Paar bereit, in einer Beziehung zu geben? Liebe, Zeit, Geld – und vielleicht sogar ein Auge? Diesen Fragen sind sieben Studenten in ihrem Puppen-Kurzfilm „wHole“ nachgegangen. Ein Mann bringt ein Opfer für seine blinde Frau und stellt damit die Partnerschaft der beiden auf eine harte Probe. „Das Auge ist eine Metapher für das Vertrauen, das sich Liebende schenken. Dafür, was man nimmt und was man gibt in einer Beziehung“, sagt Robert Banning. Zusammen mit Verena Klinger, Cam Tu Nguyen, Benjamin Vogel, Laura Staab, Zeina Azouqah und Alina Filenberg hat er das sechste Semester und ein Urlaubssemester lang an dem Werk gearbeitet.

Die Figuren bestehen aus Draht, Schaumstoff und Silikon. Beide haben unterschiedliche Gesichter, die beim Dreh je nach gewünschter Stimmungslage ausgetauscht werden. „Für eine Filmsekunde haben wir eine Stunde zur Animation gebraucht“, sagt Banning. Die Figuren werden auf einem Tisch festgeschraubt und nur minimal bewegt, damit es im Film flüssig wirkt. „Pro Szene brauchen wir einen Nachmittag und viel Kaffee“, sagt der 27-Jährige. Zur Inspiration las das Team vietnamesische Märchen. „Denn die sind auch oft ziemlich gruselig.“

Am Donnerstag, 13. November, zeigt das Nürnberger Kino Cinecittà in drei Sälen gleichzeitig die Kurzfilme, Werbespots, Music Videos und Motion Graphics der Studenten bei der Ohmrolle. Der Vorverkauf läuft im Kino und online.

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