Zensus-Daten sorgen bei Stadt Nürnberg für Kopfschütteln

29.11.2014, 05:59 Uhr
Die Ergebnisse des Zensus 2011 sorgen für Verwirrung. Die Stadt Nürnberg ist verärgert.

© dpa Die Ergebnisse des Zensus 2011 sorgen für Verwirrung. Die Stadt Nürnberg ist verärgert.

Bereits am 28. Mai 2014, so berichtete der für Statistik und Stadtforschung zuständige Amtsleiter Wolf Schäfer gestern, seien die endgültigen Zensus-Ergebnisse veröffentlicht worden. Der eigentliche Stichtag liege sogar schon dreieinhalb Jahre zurück. „Da stehen wir natürlich unter einem gewissen Rechtfertigungsdruck, weshalb wir nicht schon längst dieses Material auswerten.“ Der Grund dafür liege in den teilweise erheblichen Unterschieden zwischen den Zensus-Zahlen und den Aussagen der städtischen Datenquellen.

Die Stadt hat wie mittlerweile rund 350 andere deutsche Kommunen Klage gegen den aktuellen Zensus erhoben. Im Zentrum der Kritik steht das angewandte Zählverfahren, das bei Städten ab 10.000 Einwohnern über eine auf Stichproben basierende Hochrechnung erfolgte.

Die hier zugrundeliegenden Methoden aus dem Bereich „Statistik für Fortgeschrittene“ hören sich für Laien erst einmal relativ komplex an. „Eigentlich aber geht es darum, dass man solche Aufgaben am besten gar nicht mit Statistik lösen sollte“, meint Schäfer.

Ungereimtheiten bei Struktur, Alter und Geschlecht

Da die städtischen Register im Laufe der Jahre immer exakter geworden seien, würden sie nach einigen zusätzlichen Verifizierungs-Schritten auf jeden Fall als Datenbasis ausreichen. Ziel des Zensus sei es ja gewesen, die durch das Fortschreiben der Volkszählungs-Ergebnisse von 1987 entstandenen Differenzen zwischen Landes-Statistik und den städtischen Melderegister-Zahlen zu bereinigen. Im Zensus-Jahr 2011 lag der Unterschied bei 7200 Personen, wobei vor allem die Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen betroffen war.

Dass die Zensus-Ergebnisse niedrigere Einwohnerzahlen bringen würden, war laut Schäfer und seiner Stellvertreterin Barbara Lux-Henseler also schon im Vorfeld klar. Dass sie aber statt des erwarteten Minus von rund 7000 Personen gleich 20.000 Nürnberger für nicht existent erklären sollten, war ein Schlag ins Kontor. Denn damit wurden die Zahlen des städtischen Melderegisterbestandes um 13.000 Personen unterschritten, erstaunlicherweise auch in allen Altersgruppen. Weitere Ungereimtheiten erbrachte die endgültige Darstellung im Mai 2014, ein Jahr nach dem ersten Veröffentlichungstermin.

„Dabei hat sich zwar die Gesamtzahl im Vergleich zum ersten Termin nicht verändert, wohl aber die Struktur nach Alter und Geschlecht“, berichten Schäfer und Lux-Henseler. Gerade hier seien jetzt auch offensichtlich unplausible Einzelwerte zu Tage getreten: So klafft jetzt bei den Sechs- bis unter 20-Jährigen und bei den 50- bis unter 60-Jährigen ein gewaltiger geschlechtsspezifischer Unterschied auf.

Ausschließlich Frauen aussortiert

In der einen Gruppe liegen die Männer weit vor den Frauen, in der anderen ist es genau umgekehrt. Das Amt für Statistik vermutet, dass dies in einer Hochrechnung von sogenannten „Karteileichen“ liegt. Wieso aber in einem Fall ausschließlich Frauen in diese Kategorie gepackt und damit aussortiert wurden und in dem anderen nur Männer, erscheint den kommunalen Statistikern schleierhaft.

Nicht besser sieht es bei den ermittelten Schülerzahlen aus: Im Bereich der Kinder zwischen sechs und 15 Jahren ergibt sich eine Differenz von 780 Personen. „Das entspricht mehr als 30 Klassen“, so Barbara Lux-Henseler. Ihr Fazit: „Ich bin sehr enttäuscht, was diese Bevölkerungsstatistik angeht und sehe keine Möglichkeit, sie den Planern weiterzugeben.“ Sehr rätselhaft erscheine auch, weshalb die Schulstatistik 400 mehr in Nürnberg unterrichtete Grundschülerinnen verzeichne als der Zensus unter der Rubrik „In Nürnberg wohnhafte Mädchen, die eine Grundschule besuchen“. Wie schon beschlossen, wird die Stadt sich bis auf weiteres auf ihr eigenes Melderegister statt auf die Resultate der Zensus-Statistiker verlassen.

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