Oberfränkin eröffnet privates Nachttopf-Museum

18.7.2014, 15:15 Uhr
Oberfränkin eröffnet privates Nachttopf-Museum

© Birgit Herrnleben

An keinem Flohmarkt kommt sie vorbei, auf der Suche nach einem gebrauchten Exemplar, und so kommt es durchaus vor, dass die Kleidung eben mit einem Postpaket nach Hause geschickt wird, damit im Koffer genügend sicherer Stauraum für ein paar neue Nachttöpfe bleibt.

In Partenfeld, einem Weiler in der Töpfergemeinde Thurnau, unweit von Kulmbach und Bayreuth gelegen, hat Hofmann ihrer Leidenschaft Raum gegeben: ein Mini-Museum hat sie im Erdgeschoss ihres Wohnhauses eingerichtet, um Besuchern einen Blick auf die ganz und gar nicht anrüchigen Sammlerstücke zu geben: Schuld daran, so Hofmann, war eigentlich ihre Freundin, die sie Wochenende für Wochenende mit auf Flohmärkte in der Region schleppte, ein bisschen Nippes hier, ein paar alte Vasen da, hat sie anfangs gekauft.

Und ihren ersten alten Nachttopf, als Mitbringsel einer Irland-Reise vor mehr als zwanzig Jahren, der als Blumentopf umfunktioniert und bepflanzt wurde. Nach und nach kamen mehr dazu, von Flohmärkten aus dem In- und Ausland und zum Beispiel auch aus der Requisite des Hansa-Theaters in Berlin. Mittlerweile zählt ihre Sammlung rund 220 Stück, 170 davon hat sie ausgestellt.

Nachttopf für die Aussteuer

Im Art Deco sind die Jugendstil-Töpfe von Villeroy & Boch, cremefarben mit dezent elegantem Goldrand die Gründerzeit-Modelle. Dass die Pötte gebraucht sind, sieht man ihnen an. Einigen innen, manchen außen, am ordentlich abgewetzten Goldrand. Zu einer jeden Aussteuer eines heiratsfähigen Mädchens boten die Hersteller von Haushalts- und Sanitärkeramik, so Hofmann, in frühereren Zeiten ganze mehrteilige Sets an: Wasserkrug, Waschschüssel, eine runde Seifenschale, mit passender Abtropfschale, ein ovales Schüsselchen für Kamm und Bürste und natürlich auch ein Nachttopf gehörten dazu.

Selbst kann sich Hofmann noch an die Zeit erinnern, als bei den Großeltern in Bischofsgrün der "Boddschamber" (aus dem Französischen für Pot de chambre) unter dem Bett stand und den nächtlichen dunklen Weg zum Klohäuschen auf dem Hof ersparte. Die französische Bedeutung Pot de Chambre wird meist dahingehend gedeutet, dass die "Mitternachtsvase" nicht nur im Bauernhaus unter der Bettstatt stand, sondern auch durchaus bei Hofe benutzt wurden. Immerhin mussten die Töpfe ja samt Inhalt weggeschafft werden.

So entstand die Nachfrage für äußerlich ansprechende Pötte, oftmals mit farbiger Bemalung oder Blüten-Dekors in Form von Rosen. Aus England kommen die Steingut-Modell aus dem Jahr 1925, zarte Streublümchen oder die klassische englische Rose zieren die Modelle. Aus Blech und Keramik sind die Modelle, aus durchsichtigem Klarglas oder die 50er Jahre Modelle aus Plastik in Rosa und Hellblau.

Glotzendes Auge am Topfboden

Gauditöpfe hat sie ausgestellt mit fünf Henkeln oder mit einem glotzenden Auge am Topfboden "das Auge sieht den Himmel offen, das Herz das schwelgt vor Seligkeit". Oder "nimm mich mit in dein Kämmerlein" steht darauf geschrieben. Aus der Not heraus wurden im Ersten Weltkrieg Stahlhelme als Nachttöpfe umfunktioniert: Der Boden wurde gerade geklopft und anstelle des Kinnbands kurzerhand zwei Henkel angenietet.

Dass manche Menschen ihr Hobby bisweilen ein wenig eklig finden, ist der resoluten Rechtsanwältin ziemlich schnurz: "Schließlich esse ich ja keine Suppe draus", gibt sie zurück. Einen wissenschaftlichen Ansatz will und kann Anita Hofmann mit ihrem Museum nicht bieten, einzig dem persönlichen Geschmack der Sammlerin und die Freude am schönen Stück ist die Ausstellung geschuldet. Und wenn mal kein Bodschamber zur Stelle war? Auch dafür gab’s eine Lösung wie Anita Hofmann zeigt: Mit dem "Stehsaacher", einer blütenweißen knielangen Damen-Unterhose, der das entscheidende Stück Stoff im Zwickel fehlt.

Auskunftsfreudig erzählt Hofmann die Geschichte ihrer Sammlung, wenn sie nicht gerade wieder auf der Suche nach neuen Töpfen ist, etwa nach dem seltenen Bourdaloue. Nach dem wortgewaltigen Jesuiten-Priester Louis Bourdaloue wurden jene Keramik-Töpfe benannt, die die feinen Damen sich einst als Saucieren aus der Küche entliehen und in die Kirche brachten, um darin ihre Blase entleeren, ohne ihr andächtiges Lauschen unterbrechen zu müssen. Was nach dem Kirchgang mit den Soßenschüssel geschah, ist nicht überliefert.

Bis 27. Juli ist das Museum täglich von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Ansonsten bis Oktober jeweils freitags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung unter der Telefonnummer 0 92 28/59 02. Weitere Informationen gibt es auf der offiziellen Seite des Museums.

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