Posse: Neukunde bleibt im Tarifdschungel des VGN stecken

23.1.2018, 05:31 Uhr
Posse: Neukunde bleibt im Tarifdschungel des VGN stecken

© Archivfoto: Andreas Franke

Martin Pollmer (Name geändert) aus Gunzenhausen musste vor einiger Zeit einen viertägigen Fortbildungslehrgang in Nürnberg besuchen und wollte dafür die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Mit dem Auto zum benachbarten Bahnhof nach Pleinfeld, weiter mit dem Regionalexpress zum Hauptbahnhof Nürnberg und von dort aus mit U- und Straßenbahn zur Haltestelle Bamberger Straße – so war Pollmers Plan, der deshalb einen Tag vor der geplanten Fahrt bei der Hotline des VGN anrief.

"Eine auf mich sehr kompetent wirkende Mitarbeiterin hörte sich mein Anliegen an und empfahl mir nach einigen Berechnungen die Sieben-Tage-MobiCard Preisstufe 8 + T für 69,90 Euro zu nutzen", erinnert sich der 58-Jährige. Seine Frage, ob er diese Karte an den Automaten auf den Bahnhöfen erwerben könne, wurde mit "Ja" beantwortet, und mit keinem Wort sei von der VGN-Mitarbeiterin das Thema "Zonenkarte" erwähnt worden.

Ohne Nummer, kein Ticket

Pollmer setzte sich daraufhin ins Auto, fuhr zum Bahnhof in Gunzenhausen, gab dort die notwendigen Angaben in den Automaten ein und wurde am Ende des Vorgangs nach der Nummer seiner Zonenkarte gefragt. Ohne die Eingabe dieser Nummer konnte der Vorgang nicht abgeschlossen werden, doch selbst in der Stichwortsuche hatte der Automat keine Erklärung für den ratlosen Kunden parat.

Er rief daraufhin per Handy erneut die Hotline an und bekam mitgeteilt, dass er diese Zonenkarte am Bahnhof in Nürnberg unentgeltlich bekommen könne. Er müsse dafür mit einem "normalen" Fahrschein nach Nürnberg fahren. "Hallo, geht’s noch?", ärgerte sich der ausgebremste Kunde, ergab sich aber seinem Schicksal und wollte nun ein Tagesticket für den darauffolgenden Tag kaufen. Der Automat akzeptierte jedoch nur maximal 20-Euro-Scheine, und da Pollmer ausschließlich Fünfziger in seiner Brieftasche hatte, musste er ohne Fahrkarte und ziemlich frustriert den Heimweg antreten.

"Zwei Stunden am Sonntag beschäftigt, um das, was man haben möchte, nicht zu bekommen", bilanziert der Gunzenhäuser, der sich daraufhin schriftlich bei der verantwortlichen Verkehrs-Aktiengesellschaft (VAG) über dieses in seinen Augen denkbar kundenunfreundliche Prozedere beschwerte. "Für Wenignutzer des öffentlichen Nahverkehrs stellt der Kauf des richtigen Tickets doch oft eine besondere Herausforderung dar", musste eine Mitarbeiterin des VAG-Kundendialogs eingestehen und entschuldigte sich dafür, dass die Kollegin am Servicetelefon offensichtlich etwas missverstanden hatte.

Vermutlich sei diese Mitarbeiterin irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass Pollmer sein Ticket in einer VAG-Verkaufsstelle und nicht an einem Automaten der Deutschen Bahn erwerben wollte. Dass dann auch der Kauf eines herkömmlichen Tagestickets nicht klappte, hänge mit der Tatsache zusammen, dass Fahrscheinautomaten nur ein begrenztes Kontingent von Wechselgeld hätten. Bei den Automaten der VAG wiederum gebe es aber die Möglichkeit mit ec- oder Kreditkarte zu bezahlen.

"Dialoge sind manchmal nicht frei von Missverständnissen und nehmen eine eigene Entwicklung", bedauert VGN-Sprecher Manfred Rupp. Neben der zweifellos unzureichenden Auskünfte am Infotelefon, für die man sich entschuldige, sei Pollmers Odyssee auch auf dessen Wunsch zurückzuführen, in Gunzenhausen einen Fahrschein mit Gültigkeit ab Pleinfeld zu kaufen. "Eine MobiCard ab Gunzenhausen hätte 18 Euro mehr gekostet, und diese Fahrkarte hätte den Gesamtraum des VGN abgedeckt und dem Kunden ja auch die zusätzliche Autofahrt nach Pleinfeld erspart", erklärt Rupp. Eine Zonenkarte wäre dann gar nicht mehr nötig gewesen.

"Fehler im System"

Generell ist laut dem VGN-Sprecher ein vom Automatenstandort abweichender Standort ein Sonderfall, der nur beim Kauf eines Fernverkehrstickets möglich sei. Im Nahverkehr dagegen gebe es diese Option zugunsten einer schlanken Benutzerführung nicht. Vielleicht sei es auch der gezielten Fragestellung des Kunden geschuldet, dass die weiteren Kaufmöglichkeiten der MobiCard in Gunzenhausen selbst, etwa bei den örtlichen Stadtwerken, nicht recherchiert wurden.

Für Martin Pollmer sind die Antworten von VAG und VGN nicht gerade zufriedenstellend. "Meiner Meinung nach liegt da ein grundlegender Fehler im System vor. Wäre ich erst am Montag zum Fahrkartenautomaten gefahren, hätte ich ohne gültiges Ticket in den Zug steigen müssen. Das ist doch hanebüchen", ärgert sich der 58-Jährige über die in seinen Augen undurchsichtige Tarifstruktur. Bei seiner nächsten Fahrt nach Nürnberg nutze er vielleicht doch lieber den eigenen Pkw.

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