100-Meter-Sprint: Tobias Schneider lief der Konkurrenz davon

31.7.2014, 17:20 Uhr
100-Meter-Sprint: Tobias Schneider lief der Konkurrenz davon

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In 10,76 Sekunden hatte der 22-jährige Sprinter aus Eckersmühlen gerade den bayerischen Meistertitel über 100 Meter in der Altersklasse U 23 gewonnen. Den sieben Kontrahenten im Finale hatte Schneider keine Chance gelassen und gezeigt, dass seine Bestzeit von 10,68 Sekunden, aufgestellt vor fast genau einem Jahr beim Titelgewinn bei den süddeutschen Juniorenmeisterschaften, keine Eintagsfliege war.

Doch bis es so weit war, musste sich Tobias Schneider lange gedulden. Dabei hatte sich die Vorbereitung auf die Saison 2013/2014 gut angelassen, der erste Test Anfang Dezember verlief vielversprechend, die avisierte erstmalige Qualifikation für die deutschen Hallenmeisterschaften der Aktiven sollte er locker schaffen, so sein Trainer Jonas Wahler rückblickend. Doch nur zehn Tage nach dem ersten Hallen-Wettkampf die Ernüchterung. Im Rahmen seines Lehramtsstudiums belegte Schneider im Wintersemester einen Fußballkurs und hatte danach plötzlich Schmerzen im rechten Fuß. Normales Training nicht mehr möglich. Die Arztdiagnose: Ermüdungsbruch.

Nach vier Wochen keinerlei Belastung auf den Fuß folgte die nächste Hiobsbotschaft: Bei der Nachuntersuchung zeigt sich, dass der Ermüdungsbruch zwar verheilt ist, im oberen Sprunggelenk entdeckt der Arzt aber ein Ödem - die Folge: Nicht nur keine Belastung auf den Fuß, sondern jetzt sogar Krücken. Und diese Wassereinlagerung erweist sich als hartnäckig. Bei der nächsten Untersuchung Ende Februar ist noch nicht wirklich eine Besserung zu sehen. Es heißt also weiter Gewichte stemmen, Bahnen im Wasser ziehen, auf dem Heimtrainer schwitzen.

Als auch einen Monat später das Ödem auf den MRT-Bildern noch zu sehen ist, konsultieren Wahler und Schneider weitere Ärzte. Und die geben grünes Licht. „Das Ödem habe ich wohl schon sehr lange, wahrscheinlich seit Kindesalter. Nachdem mir die Ärzte gesagt haben, dass ich nichts kaputt machen kann, konnte es endlich wieder losgehen," berichtet Schneider.

Mittlerweile ist es Anfang April, der Lehramtsstudent muss insgesamt dreieinhalb Monate Verletzungspause aufholen. „Vom Oberkörper war Tobias so austrainiert wie nie zuvor, aber die Muskulatur am Fuß war völlig weg. Alles instabil, wir mussten praktisch bei Null anfangen“, so sein Coach.

Die ersten lockeren Laufeinheiten bestreitet Schneider auf einem Alter- G-Laufband, bei dem er praktisch in einem Vakuum läuft und so mit weniger Gewicht belastet. Wenig später geht es ins Trainingslager nach Brixen. Für Schneider die härteste Zeit. Er läuft hinterher, hat Schmerzen.

Anfang Juni dann endlich die Rückkehr auf die Bahn, der erste Wettkampf seit einem halben Jahr, Schneider läuft 10,98 Sekunden – so gut war er noch nie in eine Freiluftsaison gestartet. Trotzdem entscheidet er sich gemeinsam mit seinem Trainer die deutschen Juniorenmeisterschaften „abzuschenken“. Was ursprünglich als Saisonhöhepunkt geplant war, ist jetzt nur eine Durchgangsstation zum neuen wichtigsten Rennen des Jahres, den süddeutschen Juniorenmeisterschaften. Mit seiner Bestzeit wäre Schneider wohl locker ins Finale der besten acht deutschen Nachwuchssprinter gelaufen, er konzentriert sich lieber auf einen sauberen Trainingsaufbau, nimmt in der Woche vor den nationalen Titelkämpfen noch an einem harten Trainingslager des bayerischen Leichtathletikverbandes in der Sportschule Oberhaching teil.

Und auch wenn er bei den DM im Vorlauf über 100 Meter ausscheidet, wird die Meisterschaft trotzdem zum Erfolg. Gemeinsam mit seinen Vereinskollegen Dimitrios Salassidis, Florian Bauer und Laurin Walter holt er über 4 x 100 Meter die Bronzemedaille – ein riesiger Motivationsschub.

Bei den Titelkämpfen in Regensburg gewinnt der Eckersmühlener dann souverän den Vorlauf und setzt sich im Finale schon früh an die Spitze des Feldes. Schneider baut seinen Vorsprung bis ins Ziel immer weiter aus, und 10,76 Sekunden später waren alle Zweifel ausgeräumt – die eigenen und vor allem die der Konkurrenz. Nur bei seinem Triumph bei den süddeutschen Meisterschaften 2013 war Schneider schneller gewesen.

Und eben diese Titelkämpfe stehen am ersten August-Wochenende wieder an. „Ich will meinen Titel verteidigen, und spätestens seit dem Rennen in Regensburg weiß ich, dass das drin ist", gibt sich der 22-Jährige angriffslustig. Damit würde ein Traum in Erfüllung gehen, der im Winter fast wie eine Seifenblase geplatzt wäre.

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