Ein stolzer Feiertag nach stürmischen Zeiten

20.6.2018, 06:01 Uhr
Ein stolzer Feiertag nach stürmischen Zeiten

© Foto: Martin Regner

An die Gründung des Trägervereins "Werkhof Regenbogen e. V." vor 20 Jahren kann sich der aktuelle Vorsitzende Hans-Dieter Liss nicht erinnern: "Da war ich noch gar nicht dabei." Er sei im Jahr 2003 aus dem Berufsleben ausgeschieden, erinnert er sich, und bei der Abschiedsfeier in seiner früheren Firma habe Landrat Herbert Eckstein ihm zugerufen: "Liss, Du brauchst nicht zu glauben, dass ich Dich in Ruhe lasse".

Ein Jahr und ein paar Gespräche später fand sich Hans-Dieter Liss in der Position als Vorsitzender des Regenbogen-Vereins wieder. Der steckte damals in einer tiefen Existenzkrise: Der Organisation war der Status als gemeinnützig aberkannt worden. Infolge dessen musste der Werkhof auf seinen Umsatz rückwirkend größere Summen Mehrwertsteuer nachzahlen.

Endgültig gelöst

Dieser Umstand sei auch der Anlass gewesen, sich von der Kriegskindernothilfe (KKNH) endgültig abzulösen, sagt Liss im Rückblick. Ursprünglich war der Werkhof Anfang der 1990er Jahre als ein Projekt innerhalb der KKNH ins Leben gerufen worden.

Heute bietet der Verein, der längst wieder als gemeinnützig anerkannt ist, 35 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Menschen, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben.

Kürzlich erst habe man eine Stelle für einen Kraftfahrer ausgeschrieben, erklärt Hans-Dieter Liss. In der Stellenanzeige habe man ausdrücklich um Bewerbungen von Menschen über 50 gebeten: "Da sind wir fast überrannt worden."

Wie vielen Langzeitarbeitslosen und Bedürftigen, die womöglich nie wieder eine Arbeitsstelle bekommen hätten, der Werkhof Regenbogen in den vergangenen 20 Jahren wieder ein Einkommen und eine Perspektive gegeben hat, kann die Werkhof-Geschäftsstellenleiterin Martina Liss nur schätzen: "Vielen. Das dürften weit über 1000 sein." Übrigens: Dass der Vorsitzende und die Geschäftsstellenleiterin des Vereins den selben Nachnamen tragen, ist nicht verwunderlich: Martina ist die Tochter von Hans-Dieter Liss.

Als das "Herzstück" der ganzen Einrichtung bezeichnet die Geschäftsstellenleiterin die Sortierhalle. Hier werden gespendete Möbel, Spielsachen, Fahrräder und Kleidungsstücke eingehend begutachtet: Sind die Sachen sauber, sind sie noch verwendbar, sind sie überhaupt noch aktuell? "Omas alte Rüschenbluse von 1985 will heute auch niemand mehr haben", meint Liss.

Geht‘s bald zu Horst und Waldi?

Weggeschmissen werde trotzdem fast nichts: Unbrauchbare Kleidung etwa werde zu Putzlumpen verarbeitet. Die meisten Waren landen im Verkauf: "Herkommen und einkaufen kann bei uns jeder", sagt Hans-Dieter Liss. Bedürftige, die nachweisen können, dass sie von staatlichen Sozialleistungen leben, bekommen einen Nachlass von zehn Prozent auf das gesamte Sortiment.

Und das ist ziemlich umfangreich: Es gibt weich gepolsterte Sofas für’s Wohnzimmer, plüschige Kratzbäume für Katzen, Spielzeug aus Holz und Kunststoff für Kinder, kaum getragene Kleidung für Babys, gebrauchte Fahrräder für unterwegs, tönerne Blumentöpfe für die Terrasse und spannende Bücher für gemütliche Lesestunden.

Rund 60 ehrenamtliche Helfer unterstützen den Vereinsvorstand bei seiner Arbeit. "Eine Helferin überprüft zum Beispiel bei gespendeten Spielen, ob die vollständig sind und alles, was dabei sein sollte, auch in der Schachtel liegt. Das gilt auch für Puzzles mit 1000 Teilen. Nicht dass es nur noch 998 sind."

In einer eigenen Werkstatt werden abgegebene Fahrräder repariert und wieder verkehrssicher gemacht. Seit 2012 gibt es eine Dépendance in Schwabach und einen zweiten Werkhof mit dem kompletten Sortiment in Bayreuth. Insgesamt schätzt Martina Liss, dass pro Monat rund 8500 Menschen in Bayreuth, Schwabach und Roth einkaufen.

Angeliefert werde alles Mögliche und Unmögliche, meint Martina Liss lachend: "Manchmal kommen Sachen rein, da weiß niemand, was das eigentlich ist. Dann sitzen wir alle drum herum und rätseln, bis einer drauf kommt, wozu man das brauchen kann."

Mit Bild im Fernsehen

Ab und zu seien auch richtig wertvolle Raritäten dabei, freut sich Hans-Dieter Liss: Aktuell habe sich der Werkhof mit einem gespendeten Bild mit dem Titel "Die Fasane" bei der ZDF-Fernsehsendung "Bares für Rares" beworben.

Liss hofft, zur TV-Sendung mit Horst Lichter eingeladen zu werden und für das Kunstwerk einen ordentlichen Erlös für den Werkhof zu erzielen. "Für 80 Euro geht da aber nix", meint Liss mit Blick auf das übliche Startgebot von Walter "Waldi" Lehnertz.

Das zur Feier des Jubiläums angesetzte Hoffest "20 Jahre unterm Regenbogen" findet statt am Samstag, 23. Juni. Auf dem Programm stehen Livemusik, der Auftritt eines Clowns, eine Hüpfburg für Kinder und ein Luftballonwettbewerb.

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