Abschied nehmen von den Gewohnheiten

4.5.2016, 16:48 Uhr
Abschied nehmen von den Gewohnheiten

© Foto: Huck

Früher war die Welt noch in Ordnung: Das Geld auf dem Sparbuch wurde Jahr für Jahr mehr, Staatsanleihen boten eine sichere Rendite. Doch die Zeiten haben sich geändert, Schulden- und Eurokrise machen es den Sparern nicht leicht, etwas auf die Seite zu legen.

Gut 460 Kunden der Raiffeisenbank Roth-Schwabach waren zu einem Infoabend in die Kulturfabrik gekommen, jedes Jahr lädt das Kreditinstitut sie ein, um über die neuesten Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt zu sprechen. Zu Gast war Jens Schattner, Berater der genossenschaftsbankeigenen Fondsgesellschaft Union Investment. Schattner ist seit 18 Jahren im Fondsgeschäft tätig, davon ein Jahr bei Union Investment. Er zeigte, was die Kunden beachten müssen.

Im Moment treiben die Fondsberater gleich mehrere Punkte um: das schwankende Wachstum in China, die politische Lage in der Europäischen Union, die Notenbankpolitik der EZB und die daraus folgende Frage, ob es je wieder Zinsen geben werde.

„China ist wichtig“, sagt Schattner, das Reich der Mitte würde bereits 20 Prozent zur weltweiten Wirtschaftsleistung beitragen. Viele deutsche Konzerne exportieren in die Volksrepublik, gehe das Wachstum dort zurück, habe das auch ernstzunehmende Folgen für Deutschland. Deshalb beobachten die Fondsmanager die Lage in dem Land immer ganz genau, um mit den Produkten darauf reagieren zu können.

Doch auch vor der eigenen Haustür passiert viel. Der freie Binnenmarkt in der EU sei durch Grenzkontrollen und Flüchtlingszuzug gefährdet — geschlossene Schlagbäume könnten der Wirtschaft bis zu 1,0 Prozent Wachstum kosten. Hinzu komme das Schreckgespenst Brexit, der eventuelle Austritt Großbritanniens aus der Staatengemeinschaft. Das treffe in wirtschaftlicher Hinsicht zunächst das Königreich selbst, dennoch falle auch dem restlichen Europa ein Absatzmarkt weg.

Durch die Nullzinspolitik der EZB würden sich klassische Anlagen wie Sparbücher und Staatsanleihen nicht mehr lohnen, für viele deutsche Anleihen müsse sogar ein Negativzins bezahlt werden. Wann es zu einer Zinserhöhung komme, ist ungewiss.

Aktien seien da eine Alternative, doch auch an der Börse wirke sich die Geldpolitik der EZB aus: Die Wertpapiere werfen kaum mehr Gewinn ab. Dennoch sei ihr Kurs weiterhin stabil. In den vergangenen 45 Jahren etwa — den Zeitraum hat sich Schattner ausgesucht, weil er 1971 geboren ist — habe der Dax rechnerisch zwar 14 Minusjahre hinter sich, demgegenüber stehen allerdings 31 Jahre mit einem Plus. Ohne konkrete Produkte zu nennen, empfiehlt Schattner sogenannte Multi-Asset-Fonds, die breitgestreut in verschiedene Anlageformen investieren.

Doch vielen Menschen falle es schwer, ihre Gewohnheiten — Sparbücher und Co — über Bord zu werfen. „Ihre Kinder und Enkel werden nicht mehr so sparen können wie in Ihrer Jugend“, sagte der Bereichsleiter Privatkunden Stefan Eitel.

Wie schwer es fällt, die eigenen Gewohnheiten zu ändern, davon weiß Margit Hertlein zu sprechen. Die Kommunikationsexpertin aus Weißenburg beschreibt, dass dies schon bei vielen einfachen Dingen zu Problemen führe. „Wenn jemand zu Besuch kommt und sich am Tisch auf Ihren angestammten Platz setzt, dann werden Sie schon nervös“, sagt Hertlein.

Menschen reagierten unbewusst äußerst empfindlich, wenn sie Gewohnheiten ändern müssen und handeln dann oft zu spät. Zudem neigen die Menschen zu Selbstüberschätzung. Studien hätten gezeigt, dass sich viele über den Durchschnitt bewerten. „Wenn das alle tun, kann ja etwas nicht stimmen.“

Vor allem das Thema Geld sei mit sehr viel Emotionen besetzt und die meisten Menschen lernen oft nur aus negativen Emotionen. „Bevor es zu spät ist, sollten Sie jetzt handeln“, sagte Stefan Eitel seinen Kunden und präsentierte die zahlreichen Berater, die sich in den kommenden Wochen um sie kümmern werden und komplexe Multianlagen verkaufen wollen.

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