Auf Bergpfaden die täglichen Sorgen abstrampeln

28.8.2014, 17:53 Uhr
Auf Bergpfaden die täglichen Sorgen abstrampeln

© oh

Dieter Knedlik hat sich schon von Jugend an dem Sport verschrieben. Früher spielte er beim TSV Heideck Fußball. In der Luftfahrzeugtechnischen Abteilung des Kampfhubschrauberregiments 262 war der ehemalige Berufssoldat als Sportbeauftragter für 650 Soldaten zuständig. Dabei gab es ein Schlüsselerlebnis: Als der Militärarzt den älteren Soldaten zur Schonung der Gelenke empfahl, weniger zu joggen und mehr auf das Fahrrad zu steigen.

Für ihn ein Auftrag, eine Neigungsgruppe in einer sogenannten Trendsportart, dem Mountainbike einzuführen. Dazu war es notwendig, vier Lehrgänge von jeweils einer Woche zu besuchen, bei denen Fahrtechnik, das Führen von Hochgebirgstouren und die Psychologie im Umgang mit Menschen vermittelt wurden. „Wer einmal mit dem Mountainbike die Alpen überquert hat, den lässt das nicht mehr los“, so Dieter Knedlik.

Fernab der öffentlichen Straßen auf Wegen und Pfaden mit unterschiedlichem Untergrund von angenehmem Waldboden über geschotterte Wege, auf Wanderpfaden und über Felsen mit dem Fahrrad zu fahren und immer wieder einen Gipfel des Hauptkammes der Alpen zu besiegen, sei eine äußerst außergewöhnliche Herausforderung. Dabei verändere sich die Landschaft stetig und trotz aller Konzentration auf das oft unwegsame Gelände werde dennoch so manches Wildtier gesichtet. Wie sagte doch Peter (46 Jahre), der eine eigene Firma leitet: „Hier kann ich richtig ausspannen. Auf dem Mountainbike vergesse ich die täglichen Sorgen“. Das Handy rührt er die sechs Tage nicht an.

Ab und zu muss das Fahrrad aber auch geschoben oder gar getragen werden. Dazu sind Sprünge über Felsen bis zu einem Meter gang und gäbe. Es braucht schon etwas Mut und Kraft, wenn Teilstücke bis zu 30 Prozent Steigung bergauf oder auch abwärts zu bewältigen sind. Die Teilnehmer sind aber meist gut trainiert. So ist es nach Knedliks Meinung notwendig, dass die Teilnehmer mindestens 2000 Trainingskilometer in unebenem Gelände in den Beinen haben. Schließlich reizen ihn die schwereren Touren ganz besonders. Ernährungstechnisch gibt es keine Probleme. Es sei allerdings wichtig, sehr viel zu trinken und mindestens alle zwei Stunden einen Müsliriegel oder ein Brötchen zu sich zu nehmen. So kann ein Hungerast des Körpers vermieten werden. Am Abend wird dann in der Berghütte oder im Hotel, wo die Biker übernachten, beim Essen „kräftig zugeschlagen“.

Ersatzteile im Rucksack

Bei der Tour über die Alpen müssen die Radfahrer nur den Tagesbedarf an Kleidung im Rucksack mit sich führen. Es sind etwa vier Kilogramm, mit denen ihr Rücken belastet wird. Anders beim Guide Dieter Knedlik. Er hat die wichtigsten Ersatzteile im Rucksack. Schließlich kann einmal eine Kette reißen oder ein Plattfuß gefahren werden. Natürlich ist ein Helm Pflicht. Die Unfallgefahr besteht nur dann, wenn die Teilnehmer nicht voll konzentriert sind. Schließlich ist Knedlik die Strecke vorher schon abgefahren, um nicht von zu schwierigen Hindernissen überrascht zu werden.

Bei der Fahrt auf Wanderwegen haben die Wanderer immer Vorrang. Dann müssen die Biker absteigen und das Rad schieben. Großen Wert legt Knedlik auf das umweltschonende Verhalten der Teilnehmer, die meist im Alter von 18 bis 75 Jahre sind. So darf im Gelände nichts weggeworfen werden und ein scharfes Bremsen, das eine Bremsspur erzeugt, ist tabu. Oberstes Ziel sei es, im Einklang mit der Natur körperliche Leistung zu bringen und Flur und Wald zu schonen. Für seine sechstägigen Touren hat Knedlik zwei Routen ausgearbeitet. So gibt es eine Dolomitentour und eine Fahrt von Füssen nach Riva am Gardasee. Auf der Dolomitentour sind in sechs Tagen acht Gipfel zu besiegen. Die Strecke ist 390 Kilometer lang und es gilt 13 150 Höhenmeter zu überwinden. Karwendelhaus, Plumsjoch, Pfitscherjoch, Flatschjoch, Stoanamandl, Jakobsstöckl, Strudelkopf und Seekofelhütte heißen die Anfahrtsziele. Wenn die Gruppe dann zur letzten Übernachtung an der Faneshütte angekommen ist, geht es meist zünftig zu.

Alle fühlen sich als Sieger

Dann ziehen die eindrucksvollen Bilder und Momente der Tour noch einmal an den Teilnehmern im Geiste vorbei. Dann fühlen sich alle als Sieger, gehört doch auch auf der Tour ein gewisses Maß an Selbstüberwindung dazu. Sechs Tage körperliche und mentale Anspannung lösen eine wohlige Zufriedenheit aus. Bei der Route nach Riva darf ein Sprung in voller Radler-Montur (natürlich ohne Fahrrad, Helm und Schuhe) in den Gardasee nicht fehlen.

Gefahren kann nur in den Sommermonaten werden. Schließlich liegt in den Dolomiten oft im Juni noch Schnee. Die letzte Tour startet spätestens am 1. September. Danach würden die Risiken für eine Alpenüberquerung zu groß. Hitze, Sturm und Regen können auch im Sommer die Tour erheblich erschweren. Knedlik achtet aber stets darauf, dass sich keiner der Fahrer übernimmt. „Am Berg bestimmt in der Gruppe immer der Langsamste das Tempo“, so der erfahrene Guide.

Für den Heidecker ist es immer wieder eine Herausforderung und wenn er sieht, mit wie viel Spaß die Teilnehmer dabei sind, ist er voll zufrieden. Die Gruppe wird auf der Tour zu einer eingeschworenen Gemeinschaft. Wie Dieter Knedlik feststellt, sind die Teilnehmer immer Leute, „die sehr gut drauf sind“.

Keine Kommentare