Auf die entsetzliche Feuersbrunst sollte die Buße folgen

8.6.2018, 16:55 Uhr
Auf die entsetzliche Feuersbrunst sollte die Buße folgen

© Foto: Museum Stadt Roth

Der Feuersbrunst, die in der Nacht des 10. Juni, dem Pfingstmontag, in der Innenstadt wütete, fielen damals fünf Menschen zum Opfer, die unter den Trümmern eines einstürzenden Giebels zu Tode kamen. Mehrere Wohnhäuser und das erst wenige Jahre zuvor neben der Stadtkirche errichtete Schulhaus wurden ein Raub der Flammen.

Auch das Gotteshaus traf es schwer: Der obere Teil des Kirchturms stürzte ein und brach in das Dach des Kirchenschiffs.

Es muss ein unfassbares Inferno gewesen sein. Das Feuer wurde erst bemerkt, als die ersten Häuser lichterloh brannten. "Unter fürchterlichem Getöse", so ein Augenzeuge, krachte der Kirchturm in den frühen Morgenstunden durch das Kirchendach. Um Viertel nach drei Uhr nachts hatte die Glocke "in feuriger Glut ihren letzten Schlag getan".

Bis zum Morgen

Mit dem Turm war auch das opulente Geläut mit den fünf Glocken dahin. Fassungslos versuchten die Rother mit Unterstützung vieler Feuerwehrleute, die aus Belmbrach, Georgensgmünd, Schwand, Schwabach und sogar Nürnberg herangeeilt kamen, der Flammen Herr zu werden. Erst am Morgen gelang es, das Feuer zu löschen und schließlich die Toten zu bergen.

Schon wenige Stunden später versammelte sich die Bürgerschaft in großer Zahl, um von den Opfern der Brandkatastrophe Abschied zu nehmen. Vier Männer und eine Frau, allesamt in ihren besten Jahren — eine vielfache Mutter und mehrere integre Familienväter, angesehene Geschäftsleute und treue Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde — hatten das Unglück nicht überlebt. Sie hatten in der Nacht gemeinsam versucht, das Schlimmste zu verhindern, und waren von einer einstürzenden Hauswand erschlagen worden. Gemeinsam sollten sie auch zu Grabe getragen werden.

Erhalten ist die Grabrede, die der zutiefst erschütterte Dekan Engelhardt bei der "feierlichen Beerdigung" (so das Heimat-Blatt für Geschichte, Volks- und Heimatkunde der Stadt und des Amtsbezirks Roth b. Nbg. vom 29. März 1935) am 11. Juni gehalten hat. Sie geriet nicht nur zu einem Zeugnis aufrichtigen Entsetzens ob der Geschehnisse der gerade zurückliegenden Nacht und der Trauer um die unschuldigen Opfer, sondern auch zu einer Tirade an die Bürger der Stadt.

"Uns vernichten"

Denen hatte der Dekan bereits in seiner Pfingstpredigt just ein Jahr zuvor eine Bußpredigt um die Ohren gehauen, an deren Ende er prophezeit hatte: "Ich fürchte fast, es möchte die heiße Glut, die im Inneren schon lodert, in hellen Flammen ausschlagen und uns vernichten." Erschüttert konstatierte der Geistliche, dass mit dem Großbrand "ein Gericht Gottes über unsere Gemeinde" gekommen war: "In welch furchtbarer Gestalt hat Gott dies mein Wort erfüllt."

Schon vorher hatten, so Engelhardt bei der Trauerfeier, "schwere Heimsuchungen" die Gemeinde getroffen. Nur eine Woche vor dem Brand hatte die Gemeinde "ihren lieben Herrn Pfarrer Fischer" völlig unerwartet begraben müssen. "Er, der rüstige, kräftige, stark gebaute Mann war innerhalb zwei Tage gesund und tot."

Für Engelhardt war das ein weiteres Zeichen, dass die Rother dringend Buße tun mussten. Schon lange hatte er die seiner Auffassung nach mangelnde Hinwendung zu Gottes Wort und den Verfall der Sitten angeprangert. "Mit Fressen und Saufen" statt mit "heiliger Feier" würden hier die kirchlichen Feiertage verbracht.

Flammen des Gerichts

Und dann das: "Welch eine Pfingsten! Nicht Feuerflammen des tröstenden Geistes, sondern Feuerflammen des Gerichtes und diese schrecklichen Trauerfälle!" Deshalb, so der Trauerredner weiter, "muss ich euch hier an dieser ernsten Stätte zurufen: Lasst uns doch alle Buße tun, fange ein Jeder in seinem Herzen, in seinem Hause an. Lasst uns doch entsagen allen den Sünden und Lastern, die uns Leib und Seele verderben."

Die Folgen der Brandnacht spürte die Gemeinde lange. Acht Jahre später wurde die Stadtkirche mit neuem Turm und komplett renoviert erneut geweiht.

Pfarrer Joachim Klenk wird in seiner Predigt im Gottesdienst am Sonntag um 10 Uhr auf das historische Ereignis Bezug nehmen. Dabei wird es darum gehen, nachzuspüren, was Menschen brauchen, um nach solch einschneidenden Erlebnissen wieder Fuß zu fassen. Damals wie heute.

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