"Auftreten statt austreten"

30.4.2017, 17:57 Uhr

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Um gleich alle Unklarheiten auszuräumen, betonte der Geistliche eingangs, dass der Buchtitel keineswegs ein in Oberbayern (und nicht nur dort) geläufiger Fluch sei, sondern den Weg zum Himmel, in dem der Herrgott auf uns warte und der über die Sakramente führe, beschreibe. Deshalb trage das Buch auch den Untertitel "Auftreten statt austreten". Die Vorsitzende des KDFB Hilpoltstein, Marianne Herzog, dankte den Vertretern der Katholischen Erwachsenenbildung mit Sitz in Neumarkt, durch die dieser Abend erst möglich geworden sei.

In seinen — oftmals mit lustigen Anekdoten begleiteten — Ausführungen betonte Pfarrer Schießler, dass es ihm in einer Zeit, in der sehr viele Menschen die katholische Kirche verlassen würden, gelänge, seine beiden Kirchengemeinden (St. Maximilian und Heilig Geist) für den Glauben zu begeistern. Hierbei sei es ganz wichtig, Klartext zu reden und die oft steifen Aussagen der theologischen Texte in verständliche Sprache zu übersetzen.

Seine Gottesdienste fänden nahezu immer vor vollem Haus statt. Seine leidenschaftlichen Predigten würden oft spontan beklatscht. Er pflege einen ganz eigenen Stil und schenke beispielsweise an Heiligabend Sekt aus oder lasse sich von einem DJ begleiten – schließlich feiere man den Geburtstag Jesu Christi. Die Kirche brauche Temperamente wie ihn, wolle sie sprachfähig und glaubwürdig bleiben. Er schaffe es oft, dass die Gläubigen lachend aus dem Gotteshaus kommen und somit die Aufmerksamkeit Vorbeigehender finden würden.

Auch wenn viele nur an den hohen kirchlichen Feiertagen kämen, die er dann schon mal mit den Worten "Schön, dass ihr wieder da seid, wir haben uns schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen", begrüße, habe er noch nie den Fall gehabt, dass sich jemand beschwert habe.

Bei den Gottesdiensten versuche er immer, auf die Menschen zuzugehen und betonte hierbei: "Christsein ist auch eine Einladung!". Sodann erzählte er, wie er vor einigen Jahren in seiner Kirche beobachtet habe, dass regelmäßig ein Mann mit Hund komme. Nach einiger Zeit fasste er sich ein Herz und fragte diesen, der offensichtlich kein Buch nahm, um zu beten, was er hier mache. Dieser antwortete ihm: "ER ist hier und ICH bin hier, das genügt". Nach einiger Zeit erzählte der Mann, dass er vor Jahren einen Schlaganfall erlitten habe, jedoch alleine zu Hause gewesen sei. Er habe Gott gebeten, ihm doch zu helfen – und tatsächlich kam jemand seiner Angehörigen früher als sonst nach Hause und er bekam rechtzeitig Hilfe.

Pfarrer Schießler betonte, dass Kirche vor Ort stattfinden müsse und nicht in Rom. "Ich lasse die Leute spüren, dass ich da bin und rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist." Theologische Texte müssten in "unsere Sprache" umgesetzt werden. Der Auftrag eines Pfarrers sei, den Kontakt zu den Menschen herzustellen – hierbei gäbe es niemanden, der perfekt sei. Ein Gottesdienst sei eine zwecklose Veranstaltung. Beten sei Trost und Demut zugleich.

Für einen seiner Weihnachtspfarrbriefe habe er eine Karikatur entdeckt, in der Josef angesichts des Heiligenscheins von Jesus Maria die Frage stellte: "Leuchtet das Kind jetzt die ganze Nacht?" Auch habe er in seiner Pfarrgemeinde das Hirtenspiel in die heutige Zeit versetzt: Josef, ein schwerreicher Geschäftsmann, der dennoch kein Hotel für sich und die hochschwangere Maria findet, hat Angst, dass ihnen das Kind durch das Jugendamt weggenommen wird, weil sie in einem Schuppen hausen. Und weshalb waren es Frauen, die das leere Grab am Ostermorgen als Erste fanden? "Weil es so alle am schnellsten erfahren haben!"

Die Kirche sei eine besondere Beziehung zu Gott – nicht steif, aber doch mit Regeln, die eingehalten werden müssen, die aber auch locker ausgelegt werden können. Das Zölibat sei eine Liebesbeziehung zu Gott und genauso ein Abenteuer wie die Ehe. Auch sei es seiner Ansicht nach nicht mehr möglich, den sonntäglichen Kirchgang durch die Sonntagspflicht festzulegen – die Menschen müssten von sich auskommen. Dennoch müsse man jeden Kirchenaustritt ernst nehmen. Er sei froh, dass er immer von Menschen umgeben gewesen sei, die ihm "Himmel, Herrgott, Sakrament" vorgelebt hätten.

Zusammen mit ihrer Stellvertreterin Renate Stark überreichte Marianne Herzog an Rainer-Maria Schießler den Reinerlös des Abends als symbolischen Scheck über einen Betrag in Höhe von 1300 Euro, den dieser an Christian Springer für dessen Verein "Orienthilfe e.V." weiterleitet. Herzog dankte Schießler für einen kurzweiligen Abend.

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