Bauernhaufen stürmt auf die Burg aus Pappe

13.6.2018, 06:00 Uhr
Bauernhaufen stürmt auf die Burg aus Pappe

© Fotos: Jürgen Leykamm

Alle 950 Jahre konnte man dabei freilich nicht Revue passieren lassen, aber die Stichproben aus den einzelnen Epochen ließen die Besucherherzen durchaus höherschlagen. Auch die Verantwortlichen scheinen nun richtig auf den Geschmack gekommen zu sein.

So sinnierte das Moderatoren-Duo Theo Hiemer und Matthias Kohlbrand eifrig darüber, wann denn die nächste Feier über die Bühne gehen könnte. Vielleicht fänden sich ja bald Dokumente, die beweisen, dass der Ort noch älter ist und "wir können bald 1000-Jähriges feiern", überlegten die beiden. Falls das nicht gelänge, müsse man aber nur zwölf Jahre warten, dann gäbe es einen runden Geburtstag wegen der urkundlichen Zweitnennung des Dorfs zu feiern.

Sommerresidenz

Das Herannahen des Festzugs machte den Mutmaßungen dann ein Ende. Mit den Ehrengästen gab sich dabei zunächst "Fürstbischof Wilhelm von Reichenau" (alias Gerhard Lang) die Ehre. Dieser hatte das Schloss am Hofberg einst zur Sommerresidenz ausbauen lassen. Sein Geburtsort befindet sich in der Nähe von Burggriesbach, weswegen auch Vereine von dort den Festzug bereicherten. Insgesamt hatten 36 Vereine ihre Fahnenabordnungen nach Obermässing entsandt.

Die rechte Einstimmung auf einen der großen Höhepunkte des Zuges bot die Erstürmung der Burg. 1525 hatte es der "Mässinger Bauernhaufen" vorgemacht, nun wurde die Szene nachgespielt. Die Truppe nahm vor einem knapp halben Jahrtausend auch Greding ein, das sich kampflos ergeben hatte. Plankstetten wollte dem Beispiel nicht Folge leisten – und wurde niedergebrannt. Die Rache des Pfalzgrafen war allerdings grausam.

Der Festzug erlaubte auch einen Blick in frühere und auch nicht so lange zurückliegende Epochen der Landwirtschaft. Hopfenspritze, Kartoffelroder und Krautpflug von einst gab es zu bewundern, passend dazu führten die "Lederhosnbuam" einen Holzhackertanz auf. Die Mode von einst und heute wurde gegenüberstellt, wobei alte Trachten aus dem Raum Greding echte Hingucker waren.

Kinderwagen von früher gab es ebenso zu sehen. An die präsentierten Schulbänke wusste sich wohl noch so mancher Zuschauer zu erinnern. Auch Schützenwesen und Militär wurde der Spiegel der verschiedenen Zeiten vorgehalten. Eine alte Kanone oder schmucke Uniformen zogen dabei die Blicke auf sich. Mit dabei auch zwei Kriegsteilnehmer: Michael Harrer und Willibald Hofbeck sind anfangs ihrer eigenen 90er Jahre und leben bis heute als Selbstversorger.

Beim Thema Mobilität reichte die Bandbreite vom historischen Fahrrad bis zum E-Bike und vom Ford-Capri-Oldtimer bis zum aktuellen Tesla-Modell. Die gezeigten Sportarten erwiesen sich eher als zeitlos: Seil gesprungen und Ski gefahren sind Menschen schon zu fast allen Zeiten. Modellflieger zeigten die Unterschiede der Gefährte der Herren der Lüfte verschiedener Epochen auf.

Deutlich wurde auch die große Entwicklung im Feuerwehrwesen. Hier gab es unter anderem Karren-, Pferde- und Motorspritze wiederzuentdecken. Nachdenklich stimmten die Blicke in die Arbeitswelt von früher und heute. So gab es zwar früher keine Rente und kein Kindergeld, dafür lassen heute Leih- und Zeitarbeit sowie befristete Arbeitsverträge grüßen. Ein besonderes Bild bot sich, als beim Rückweg der Wagen mit dem Gredinger Rathaus vor der Obermässinger Kirche auftauchte und so für eine eigenwillige Kombination sorgte. Für den Vogt und dessen Helfer gab es beim Heimweg des Zuges noch eine Überraschung: Sie wurden nicht nur aus der Burg, sondern auch in den Brunnen geworfen. Doch das war noch nicht alles – als sich der Vogt danach vergeblich an der Zugbrücke festklammerte um wieder in die Burg zu kommen, landete er beim Loslassen im Pferdemist. Doch der einsetzende Regen, den die Musiker tapfer "überspielten", wusch ihn schnell wieder ab.

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