Bayerische Geflügelzüchter: "Wir kämpfen weiter!"

5.3.2017, 17:49 Uhr
Bayerische Geflügelzüchter:

© Foto: Stratenschulte/dpa

Derzeit herrscht landesweit Ruhe im Freistaat, zumindest ist kaum Gegacker im Freien zu vernehmen. Die Vogelgrippe hatte Umweltministerin Ulrike Scharf im November vergangenen Jahres dazu veranlasst, landesweit die Stallpflicht anzuordnen, die immer noch nicht aufgehoben ist.

Sie gilt auch in Sachsen. Dort ist der Präsident des BDRG (Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter ) zu Hause. In Georgensgmünd bezog Christoph Günzel deutlich Stellung. Er hält das Vorgehen für "nicht richtig, es ist katastrophal, was sich da gerade abspielt, ein ganz trauriges Kapitel!" Seine Forderung: Seitens der Behörden solle man wesentlicher kulanter sein bei Ausnahmegenehmigungen. "Wir rennen gegen Wände, aber wir kämpfen weiter!"

Günzel erntete für dieses Statement großen Beifall, bevor dann ein Vertreter der Gescholtenen vor das Mikrofon treten durfte: Norbert Rehm, Tierseuchenexperte beim Bayerischen Umwelt- und Verbraucherschutzministerium. Er erklärte, dass neuerdings auch in Tschechien die Vogelgrippeviren "eine hohe Dynamik" entwickelten – und dort gäbe es keine Stallpflicht. 47 Vogelarten ganz unterschiedlicher Couleur seien von den Erregern betroffen, verdeutlichte er das breite Spektrum.

100 Fälle von infizierten Wildvögeln seien in Bayern schon verzeichnet worden, kein Regierungsbezirk sei hier unbehelligt geblieben. Der Landkreis Roth zwar schon, aber die Gefahr lauere hier vor der Haustüre. Bei den zu ergreifenden Maßnahmen sei man gehalten, sich an den Empfehlungen des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) zu orientieren, von dem Rehm als "unabhängige Behörde" sprach.

Das brachte ihm prompt höhnisches Gelächter und Protestrufe ein. Es sollte nicht das einzige mal bleiben. Einmal jedoch gab es auch Beifall. Nämlich, als er auf die Eier aus Freilandhaltung zu sprechen kam. Wenn eine Stallpflicht die betroffenen Hühner nach innen zwingt, dürfen nämlich laut EU deren ovalen Genüsse dennoch als Freilandeier verkauft werden – maximal zwölf Wochen. Dann müssen sie als Bodenhaltungseier deklariert werden. In Baden Württemberg habe das dazu geführt, dass man nach dieser Zeitspanne die Stallpflicht beendet und tags drauf wieder etwas modifiziert wieder eingeführt habe und die Wochen neu zählte. "Das ist Verbrauchertäuschung!" so Rehm.

Dass man sich auch bei der Verbreitungsform der Vogelgrippeviren täuschen kann, machte der BDRG-Tierschutzbeauftragte Franz Nuber deutlich. Laut seinen Worten wolle sogar das FLI nun von der lange verfochtenen Theorie Abstand nehmen, die eine Ausbreitung über Zugvögel für wahrscheinlich hält. Eine solche Annahme sei "totaler Mumpitz". Denn die derzeitige Infektionswelle habe sich in Windeseile von Zentralasien nach Europa (dazwischen habe es keine Befunde gegeben) ausgeweitet.

Vielleicht müsse man ja nicht die Hausgeflügel vor den Wildvögeln als Virenträger schützen, sondern beiderlei Federvieh von den Großhaltungen, die besser kontrolliert werden sollten. Denn dort gäbe es enormen Mutationsdruck bei den Erregern, die dann in hochpathogener Form immer wieder für Todesfälle sorgte, die durch ihre Kameraden "in die Einstreu eingearbeitet werden" — und dann als Dünger auf den Äckern landeten, wo sich die Wildvögel über die Kadaver hermachten, formulierte es Nuber.

Großanlagen in der Kritik

Im Laufe der Diskussion gerieten eben jene Großanlagen immer stärker in die Kritik, die Hennen hätten dort weniger Platz als Schwerverbrecher in den Gefängnissen, meldete sich eine Dame lautstark zu Wort. Sie blieb gleich im Bild und forderte gar die Inhaftierung von Behördenvertretern, die mit den derzeitigen Maßnahmen Kleinbetrieben und Vereinen ihrer Perspektiven beraubten. Leider könne man mit dem Beifall, der hier sehr stark aufbrandete, die Vogelgrippe nicht bekämpfen, entgegnete Rehm lakonisch. Er wolle aber die Züchter weder schikanieren oder quälen. "Doch, genau deswegen sind Sie hier!" schallte es von einem erbosten Zuhörer zurück.

Das Mittagessen verhinderte schließlich eine weitere Eskalation. Verständnis für die brachliegenden Nerven zeigte BDRG-Bezirksvorsitzender Constantin Günther aus Rohr. "Keiner von uns will seine Tiere leiden sehen", betonte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Durch die Stallpflicht seien außerdem vielfach die Existenzen von Freilandhaltern bedroht. Es bleibt wieder einmal die Hoffnung auf das Wetter. Denn Wärme und Sonnenlicht vertragen die Grippeviren nicht.

Bei entsprechendem Frühlingserwachen könnten die Maßnahmen der Stallpflicht Mitte April aufgehoben oder gelockert werden, so Nuber.

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