BRK baut ein zweites Standbein auf

27.4.2017, 06:00 Uhr
BRK baut ein zweites Standbein auf

© Patrick Shaw

Mehr als 22 300 Mitglieder hat der BRK-Kreisverband Südfranken, darunter 495 hauptamtliche und über 2000 ehrenamtliche Helfer. Rund 250 waren zu Rückblick, Ausblick und Neuwahlen in die Treuchtlinger Stadthalle gekommen. Verbandsführung und Politik vertraten BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk, Kreisvorsitzender Wolf-Dieter Ueberrück, Kreisgeschäftsführer Rainer Braun, Rettungsdienst- Zweckverbandschef Knut Engelbrecht, MdL Manuael Westphal, die beiden Landräte Gerhard Wägemann und Herbert Eckstein, Hausherr Werner Baum sowie gut ein halbes Dutzend weiterer Bürgermeister aus beiden Landkreisen.

Keine Eifersüchteleien

Sie bezeichneten das BRK als "modernen Wohlfahrtsverband, der rund um die Uhr für Sicherheit in der Region sorgt", dankten für "den Mut und die Weitsicht, mit dem Seniorenzentrum in Treuchtlingen ein Vorzeigeprojekt zu errichten", und sprachen aktuelle politische Themen wie die Helfer-Freistellung an.

Viel Lob für die Südfranken kam vom Landesgeschäftsführer. "Dieser Kreisverband ist einer unserer stabilsten und erfolgreichsten, vor allem wegen der intensiven Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt", erklärte Leonhard Stärk. Dies sei nicht überall der Fall, andernorts gebe es Eifersüchteleien und Blockadehaltungen. Dabei sei die "tiefe Verwurzelung im Ehrenamt" neben der "Katastrophenfähigkeit" und der "absoluten Flächendeckung" das wichtigste Alleinstellungsmerkmal des BRK gegenüber Wettbewerbern wie den Maltesern und Johannitern. "Retten können auch die anderen", so Stärk. In Zeiten immer höherer Anforderungen an die Sanitäter brauche es neue Perspektiven für die freiwilligen Helfer, aber auch neue Standbeine.

Mehr Wohlfahrtsverband

Das zweite große Zukunftsthema beim BRK Südfranken ist deshalb der Wandel weg vom reinen Rettungsdienst hin zum breit aufgestellten Wohlfahrtsverband. Damit reagiere der Kreisverband adäquat auf den wachsenden Wettbewerb im Rettungsdienst, den Fachkräftemangel in der Pflege und die Digitalisierung, die "unseren Verband umkrempeln werden", so Stärk.

Vom Freistaat Bayern forderte der Landesgeschäftsführer an MdL Westphal gewandt "einen Paradigmenwechsel" bei der Finanzierung: "Wir stellen das Personal, der Freistaat bezahlt die Ausrüstung, und zwar nicht zu 70 oder 80 Prozent, sondern vollständig." Außerdem müsse das BRK flexibler bei der Personalgewinnung werden, verstärkt Frauen und andere Kulturkreise ansprechen sowie Soziale Netzwerke nutzen.

Vieles davon tut der Kreisverband nach Worten seines Vorsitzenden Wolf-Dieter Ueberrück schon. Zwar wolle das BRK Südfranken "nicht um jeden Preis wachsen". Es sei aber "entschlossen, die Abhängigkeit vom Geschäftsfeld des Rettungsdienstes zu reduzieren". Die mittlerweile acht Kindertagesstätten, das 2014 eingeweihte Pflegeheim in Heideck und das geplante Seniorenzentrum in Treuchtlingen sowie ambulante Pflege, Hausnotruf, Fahrdienst und "Essen auf Rädern" seien alles Schritte hin zum neuen Geschäftsfeld eines vielseitigen "Familiendienstleisters".

Fast 500 Hauptamtliche

Dazu aber braucht es Personal. Von 130 auf fast 500 Mitarbeiter ist der hauptamtliche Bereich im Kreisverband seit der Fusion vor 13 Jahren gewachsen. "Hilfe am Menschen braucht eben Menschen", trat Ueberrück dem Vorwurf des "Aufblähens" entgegen. Die Verwaltung bleibe dabei mit gut 40 Mitarbeitern "schlank", während 150 im Rettungsdienst, 35 in der Integrierten Leitstelle und rund 270 in den sozialen Diensten eingesetzt seien. Ganz zu schweigen von den vielen Ehrenamtlichen, die in den vier Jahren seit der letzten Mitgliederversammlung mehr als 715.000 freiwillige Arbeitsstunden geleistet und den Kostenträgern damit über 23 Millionen Euro an Lohnkosten gespart haben.

Und auch intern glänzt der Kreisverband mit schwarzen Zahlen. "Ein einfaches ,Basst scho‘ wäre untertrieben", betonte Kassier Hans Jürgen Rohmer. Ihm zufolge ist der Umsatz von sechs Millionen Euro im Fusionsjahr 2004 und gut 13 Millionen vor vier Jahren auf rund 21,5 Millionen im Jahr 2016 gestiegen. Die Eigenkapitalquote lag 2004 bei 36 Prozent, 2012 bei 72 Prozent und 2016 bei 84 Prozent. "Da kann man als Schatzmeister ruhig schlafen", so Rohmer.

Bei alledem hat das BRK Südfranken seit 2004 16,8 Millionen Euro investiert und 1,7 Millionen Euro an Schulden abgetragen. Fast 3,5 Millionen Euro kamen allein seit 2012 dem Ehrenamt zugute. Die Verwaltungsquote lag dabei gemessen an den Personalkosten stets unter fünf, in Bezug auf die Gesamtkosten sogar bei maximal zwei Prozent.

Komfortable Kassenlage

Der sogenannte Anlagendeckungsgrad beläuft sich auf 157 Prozent, was bedeutet, dass der Kreisverband de facto schuldenfrei ist. Im Gegenteil: Die öffentliche Hand schuldet dem BRK Südfranken aktuell rund 955.000 Euro, zwei Drittel davon für die bereits vor fünf Jahren eingerichtete Leitstelle in Schwabach. Bei diesen Zahlen konnte Rohmer auch guten Gewissens die hohen Abgaben an den BRK-Spitzenverband kritisieren. Angesichts von jährlich rund 250.000 Euro für die Funktionärsebene empfahl er, "die Dinge einmal auf den Prüfstand zu stellen".

"Wohin sind wir unterwegs?", fragte Kreisvorsitzender Ueberrück zum Abschluss. Die neue Kindertagesstätte in Schwabach als größte Investition in diesem Jahr und der bevorstehende Bau des Seniorenzentrums in Treuchtlingen weisen ihm zufolge den Weg im nach Mitgliedern drittgrößten Rotkreuz-Kreisverband Bayerns. Die Neuwahlen seien zudem "der Abschluss eines breiten Wechsels in den Führungspositionen" des mit 150 Profi-Rettern, elf Wachen und 35 Einsatzfahrzeugen größten Rettungsdienstleisters im Freistaat. Er gehe wiederum mit dem Motto für die nächste vier Jahre einher: "Ein erfolgreicher Kreisverband auf dem Weg zum Familiendienstleister."

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