Christina Buchmüller ist Burggräfin Dorothea Maria

11.7.2014, 17:48 Uhr
Christina Buchmüller ist Burggräfin Dorothea Maria

© Viola Bernlocher

Und sie ist aufgeregt, sie freut sich auf diese Ehre, das merkt man ihr an. Barbara Billmaier, die Gräfinnenmacherin, überreicht ihr zum Verkündigungskaffeekränzchen ein besticktes Taschentuch: Für die Freudentränen. Das braucht sie dann aber doch nicht, weil sie alle Freude über das ehrenvolle Amt einfach fröhlich herauslacht.

Als am 22. Mai, der Donnerstag vor dem Ritterfest, ihr Telefon klingelte und Barbara Billmaier sie nach ihren Plänen für das Burgfest fragte, dachte sie sich nichts dabei. Schließlich strickt Buchmüller seit Jahren kleine Schlüsselanhänger, die sie mit ihrer Gruppe, den Zigeunern und Bettlern, gegen eine Spende verteilt. Als Billmaier sie später im Gespräch schließlich fragte, ob sie Gräfin werden wolle, fiel Buchmüller aus allen Wolken – und bat sich erst einmal Bedenkzeit aus.

Mucki hätte es auch gewollt

Ihr Mann Bernd, der das Gespräch mit angehört hatte, sagte nur: „Spinnst du? Natürlich machst du das! Und die Mucki hätte es auch gewollt.“ Mucki, das ist Christina Buchmüllers Tochter Carina, die vor drei Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam. „Eigentlich war es mein Traum, mit meinen drei Töchtern als Gräfinnentöchter Burggräfin zu sein. Nach Carinas Tod war der Traum für mich eigentlich auch gestorben“, sagt sie heute. „Andererseits wollte ich es meinen beiden jüngeren Töchtern auch nicht verwehren, einmal Gräfinnentochter zu sein und Carina war ja schon einmal Tochter. Und im Geiste ist sie eh immer bei mir.“ Wenig später rief sie Barbara Billmaier zurück und sagte zu. Unter der Bedingung ihres Mannes, dass er bei den Zigeunern bleiben darf. Einmal Gräfin sein, welche Hilpoltsteinerin würde da Nein sagen?

Dabei ist Christina Buchmüller gar keine gebürtige Hilpoltsteinerin. Geboren wurde sie 1966 am anderen Ende der Republik in Hamburg, ihr Vater war dort Flottillenarzt bei der deutschen Marine. Als er aus dem Dienst ausschied, übernahm er eine Hausarzt-Praxis in Hilpoltstein – in dem Haus in der Kirchenstraße zu Füßen der Burg, in dem Christina Buchmüller auch heute noch mit ihrer Familie lebt. Sieben Jahre war sie damals alt und hatte so ihre Startschwierigkeiten mit dem fränkischen Dialekt, erinnert sie sich heute noch amüsiert. Das Gefühl, keine richtige Hilpoltsteinerin zu sein, hielt sie auch als Kind davon ab, beim Burgfest aktiv mitzumachen.

Das fing erst an, als Christina Buchmüllers ältester Sohn Benedikt, heute 24, in Barbara Billmaiers Grundschulklasse landete. Mit den anderen Kindern seiner Klasse wollte er bei der historischen Schulklasse mitlaufen. Das gab auch für Christina Buchmüller den Ausschlag. Zusammen mit Mann Bernd und Benedikts Geschwistern kleidete sich die Familie im Fundus ein und lief 1997 zum ersten Mal im Festzug mit. „Da habe ich mich mit dem Burgfest-Virus infiziert“, sagt Buchmüller.

Seither hat sie das Burgfest nur einmal verpasst, bei der Entbindung ihres jüngsten Sohnes Tim, 1999. Meistens lief sie in Block drei mit, im Volk. Als vor einigen Jahren die Zigeuner- und Bettler-Gruppe von den Burgspielern neu gegründet wurde, bei denen auch ihr Mann Bernd mitspielt, stieß Buchmüller mit ihrer Familie zur Truppe. Seit einigen Jahren strickt Buchmüller, die auch Inhaberin der „Wollstube“ ist, kleine Schlüsselanhänger oder Anstecker in den Stadtfarben, die von den Bettlern gegen Geld für einen guten Zweck eingetauscht werden.

Vielfältig engagiert

„Man muss auch sehen, wer sich um das Burgfest und die Stadt verdient macht und wen die Hilpoltsteiner als Gräfin wollen“, sagt Billmaier lächelnd, zufrieden mit ihrer Wahl. Petra Tratz, die zweite Gräfinnenmacherin und letztjährige Gräfin, ergänzt: „Du hast dich ja auch schon als Elternbeiratsvorsitzende und Gewerbevereinsvorsitzende viel für die Stadt engagiert.“ Christina Buchmüller wird still bei so viel Lob. Sie ist eine unermüdliche Macherin, Gräfin sein zu dürfen ist für sie das größte Lob.

So war das Schwierigste für sie auch, das Geheimnis bis zum Burgfestkränzchen wahren zu müssen. „Ich wollte es doch unbedingt meinen Freundinnen erzählen“, sagt sie lachend. Damit das Geheimnis gewahrt bleibt, hat sie neben ihrem Mann nur ihre älteren Kinder eingeweiht. Sohn Tim wusste von nichts, bis seine Mutter sich im festlichen Gewand aus dem Haus schleichen wollte. Auch Christina Buchmüllers eigene Mutter war nicht informiert. „Weil meine Mama so stolz ist, hätte sie es zum Schluss noch ausgeplaudert oder auf Facebook gestellt.“

Für Christina Buchmüller ist das das Schöne an Hilpoltstein und den Hilpoltsteinern: „Ich glaube, viele freuen sich mit uns. Die Menschen hier teilen Freude aber auch Leid mit dir. Die Hilpoltsteiner tragen dich, in freudigen, aber auch in schweren Stunden. Ich bin dankbar, dass ich so ein sonniges Gemüt mitbekommen habe. Die Kunst ist es, wenn man in ein Loch fällt, wieder herauszukrabbeln“, sagt sie und spielt damit auf die Trauer um ihre verstorbene Tochter Carina an.

Auch wenn Carina nicht mehr lebt, um ihre Mutter als strahlende Burggräfin zu sehen, fährt sie doch in der Kutsche mit. Ihre Schwestern Anika, 20, und Mona, 17, haben als symbolische Geste ihr Bild dabei, im Herzen trägt ihre Familie sie ohnehin. Als dritte Tochter darf nun Bennis Freundin Lena mitfahren.

Auf die neue Gräfin wartet bis zum Burgfest ein straffes Programm. Vorbereitet ist Christina Buchmüller inzwischen. 200 Fleischküchle hat sie für die traditionellen Antrittsbesuche bei den Burgfest-Gruppen und -Vereinen schon gebacken und eingefroren. Die Reitstunde muss sie noch absolvieren und den Text lernen, was sie nicht gut könne, wie sie zugibt. „Aber geistig mit einer Melodie unterlegt geht das schon.“ Am meisten aber dürfte sie sich auf den Besuch bei den Fanfarenbläsern freuen. „Als die am Ritterfest gespielt haben, das war so schön, da habe ich mir schon gedacht: Die spielen für mich!“, sagt sie und lacht ihr herzliches Lachen.

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