Comeback einer ganz Großen

26.3.2011, 00:00 Uhr
Comeback einer ganz Großen

© Roser

Die in den 70ern angesagte Blondine mit der kraftvollen Stimme und dem flexiblen Klavierspiel war dank Hits wie „Thunder And Lightning“ eine feste Größe, ehe sie krankheitsbedingt fast 20 Jahre auf Eis gelegt war. 2009 gastierte sie vor 100000 Zuhörern in Wien, im vergangenen Jahr gab sie nach schier ewiger Abstinenz in Mainz ihr erstes (gefeiertes) Konzert auf deutschem Boden, und nun will sie mit dem Auftakt in Roth verlorengegangenes Terrain zurückerobern, wie sie RHV-Mitarbeiter Philipp Roser verriet – übrigens in nahezu flüssigem Deutsch!

Sie sind Amerikanerin, sprechen aber sehr gut Deutsch und haben eine Beziehung zu Deutschland, waren früher sehr oft hier...

Chi Coltrane: Ich habe eine Freundin, mit der ich zwei, drei Jahre eine Wohnung geteilt habe – von ihr habe ich viel gelernt.

Sie waren lange Jahre nicht mehr zu hören und zu sehen – warum?

Coltrane: Ich habe ein Problem gehabt mit meiner Gesundheit. Wenn ich um 9 Uhr aufstand, war ich um 11 Uhr schon wieder müde und musste ins Bett, habe nichts mehr auf die Reihe gekriegt. Ich habe 20 Jahre lang fast nur geschlafen! Mein Friseur erzählte mir dann, dass seine Frau an einem ähnlichen Problemen litt – ihr habe eine homöopathisch arbeitende Ärztin geholfen. Zu der ging ich dann auch, und sie stellte fest, dass meine Schilddrüse nicht genug Adrenalin produzierte. Ich nahm einige Monate Medikamente, und neun Monaten danach war ich wieder fit, hatte mein Körper sich darauf eingestellt. Es war eine Riesenerleichterung, als die Energie sich wieder einstellte!

Sie haben dann wieder angefangen zu spielen, Konzerte zu geben, Songs zu schreiben, die alten Songs wieder zu anzustimmen?

Coltrane: Als ich mich zunehmend besser fühlte, habe ich Dankgebete gesprochen und mich gewissermaßen zum Dienst zurückgemeldet – denn ich empfinde es als Aufgabe und Pflicht, dieses Talent, dass Gott mir gegeben hat, auch zu nutzen, um den Menschen Freude zu vermitteln. Und just in dieser Zeit kam eine E-Mail eines österreichischen Tourveranstalters, mit dem ich früher gearbeitet hatte, von dem ich aber 25 Jahre nichts mehr gehört hatte. Er bot mir eine kleine Tour an, und so konnte ich 2009 vor 100000 Menschen in Wien spielen – ich konnte es kaum glauben, als ich da auf der Bühne stand! Auch die Art und Weise, wie die Menschen mich willkommen hießen. Ähnlich war es vergangenes Jahr in Mainz.

Und jetzt legen Sie wieder voll los, haben im vergangenen Jahr die CD „Essential – Yesterday Today & Forever veröffentlicht, eine Werkschau mit einigen neuen Songs ...

Coltrane: Ich habe viel Arbeit vor mir! Zuerst muss ich die Leute wissen lassen, dass ich zurück bin. Ein Teil des Titels spricht von gestern – das sind die Lieder von gestern auf dieser CD, das Heute sind zwei neue Lieder von heute, und Forever soll sagen, dass ich nicht wieder weggehen will (lacht)! Ich hoffe, lange Zeit bleiben und viel, viel Musik zu machen.

Nochmal zu Ihrem Verhältnis zu Deutschland – das scheint ja ein besonderes zu sein – Ihr Vater war Deutscher ...

Coltrane: Nicht ganz, seine Mutter war Deutsche. Er sprach zwar deutsch, aber ich habe es nicht von ihm gelernt. Ich habe ein einziges deutsches Wort von meiner Mutter gelernt: Schweinehund. Das sagte, als sie in mein unaufgeräumtes Zimmer kam und mich aufforderte: Schaff Ordnung, Schweinehund! Ich wusste aber nicht, dass das ein Schimpfwort ist, was mich in eine peinliche Situation brachte: Als ich dank des Erfolgs von „Thunder And Lightning“ zum ersten Mal nach Deutschland kam, saß ich mit Rudi Wolpert, dem Präsidenten meiner Plattenfirma, und dem legendären Tourneeveranstalter Fritz Rau zusammen und sagte, „jetzt sitzen wir drei Schweinehunde hier zusammen“. Sie wirkten schockiert, sodass ich mir dachte, etwas Falsches gesagt zu haben, ehe sie lachten. Als Rudi Wolpert mich dann verabschiedete, sagte er „auf Wiedersehen, Schweinehund”. Später hat mir dann jemand erzählt, was das Wort bedeutet.

Sie starten Ihr Comeback in Europa – warum nicht in Ihrer Heimat USA?

Coltrane: Ich habe mich hier immer wohlgefühlt. Es war komisch – als ich im vergangenen Sommer zu Promotion nach Deutschland flog, hatte ich im Flugzeug das Gefühl, heimzukommen. Ich kann nicht erklären, warum das so war – aber ich habe hier viele alte Freunde. Ich liebe Amerika und seine Menschen, aber was dort politisch seit Jahren passiert, behagt mir nicht. Ich kann nicht dafür einstehen, was unsere Führer den USA in den letzten Jahren angetan haben. Im Fernsehen kommt soviel Schrott, es geht nur noch um Gewalt und Sex – das ist dumm und das mag ich nicht! Es ist einfach nicht mehr das Land, das ich einmal geliebt habe!