Den Rücken stärken

28.7.2016, 12:15 Uhr
Den Rücken stärken

© Foto: Stefanie Graff

Der Gesprächskreis ist ein gemeinsames Projekt der Kontakt- und Informationsstelle kiss Roth-Schwabach und der Offenen Hilfen Roth-Schwabach der Diakonie Neuendettelsau. Er ist offen für alle, zu deren Familie ein behinderter junger Mensch gehört. Daniela Schmidt von kiss und Heike Ackermann von der Diakonie Neuendettelsau begleiten die Gruppe.

Es ist alles andere als eine Trauerrunde, die da am Dienstagvormittag im gelben Raum der Kontaktstelle am Tisch sitzt. Zirka alle acht Wochen kommen dort etwa zehn Mütter und Väter zusammen, um sich auszutauschen und von ihren Erfahrungen und von alltäglichen Belastungen, aber auch von den Freuden, den kleinen Siegen und der Bereicherung zu berichten, die das Leben mit einem behinderten Kind mit sich bringen.

Sie alle haben viele Jahre Erfahrung mit den besonderen Herausforderungen, mit denen das verbunden ist. Ihre Kinder sind alle nicht mehr klein, sondern zu jungen Erwachsenen herangewachsen. Zu Erwachsenen, die auf Dauer der besonderen Fürsorge bedürfen.

Es wird viel und laut gelacht in dieser Runde. Das Hadern haben die erfahrenen Eltern lange hinter sich. „Wir reden hier ganz einfach über das, was unser Alltag ist“, erzählt Sylvia Bittner aus Hilpoltstein. Alltägliches macht hier die Runde, von dem Nicht-Betroffene kaum eine Vorstellung haben. Wie auch. „Wir haben es angenommen, wie unsere Kinder sind, und deshalb gehen wir mit Freude hierher.“

Im Gesprächskreis ist ein gemeinsames Grund-Verständnis da, obwohl die Kinder ganz unterschiedliche Behinderungen haben. Die Mütter sprechen von einer „Lebensaufgabe“, der sie allen Problemen zum Trotz mit Freude nachkommen. „Es ist doch schön, wenn man den Kindern helfen kann“, sagt eine. „Und es macht einen von Jahr zu Jahr stärker“, eine andere.

Auf einen Schlag schwieriger

Eine Erfahrung teilen sie alle: Sobald die Kinder das Schulalter hinter sich haben und auf dem Weg in ein begleitetes Erwachsenenleben sind, wird es auf einen Schlag schwieriger, Zugang zu Informationen zu bekommen und auf dem Stand der Dinge zu bleiben. Da können sich Eltern sehr gut gegenseitig stützen, indem sie sich in der Gruppe austauschen und sich an ihren Informationen teilhaben lassen. Dabei geht es auch um ganz pragmatische Dinge. Nicht selten müssen die Eltern zäh ringen um Dinge, die ihnen an Unterstützung und Hilfe zustehen. Da tut es gut, sich gegenseitig den Rücken zu stärken und informiert auftreten zu können.

Auch schwierige Fragen bleiben nicht aus. Zum Beispiel: „Was ist, wenn ich nicht mehr kann?“ Gertraud Krautwald aus Offenbau pflegt seit 25 Jahren mit Hingabe ihre schwerst mehrfach behinderte Tochter und fühlt sich im Gesprächskreis wohl und gut aufgehoben. „Es ist ja auch nicht alles nur elend. Die Kinder geben viel zurück. Ich mache das aus Überzeugung für meine Tochter und für mich.“

Für die meisten Eltern ist „Ich wünsch mir was für mich!“ viel mehr als ein Pflichttermin im Kalender. Immer findet sich im Anschluss an den „offiziellen“ Teil eine Runde zusammen, die danach gemeinsam zum Essen geht. „Auch darauf freue ich mich jedes Mal!“, sagt Gertraud Krautwald.

Sie und alle anderen regelmäßigen Teilnehmer an den Gruppentreffen würden sich über neue Mütter oder Väter in der Gruppe freuen: „Wir würden unseren Kreis gerne erweitern, weil wir uns sicher sind, dass es noch viel mehr Eltern gibt, denen die Gruppe guttun könnte.“

Die nächsten Treffen des Gesprächskreises sind am 27. September und 29. November, jeweils um 10 Uhr im kiss Roth-Schwabach, Sandgasse 5 in Roth. Informationen erteilen Daniela Schmidt (kiss), Telefon (0 91 71) 9 89 73 70, oder Heike Ackermann (Offene Hilfen Diakonie Roth-Schwabach, Diakonie Neuendettelsau), Telefon (0 91 71) 85 96 37 10, oder E-Mail heike.ackermann@diakonieneuendettelsau.de.

Über den Familienentlastungsdienst der Offenen Hilfen gibt es für interessierte Angehörige die Möglichkeit, eine Betreuung für die Zeit des Gesprächskreises zu organisieren, damit einer entspannten Teilnahme nichts im Wege steht.

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