Der Heimschiedsrichter kommt

18.2.2015, 18:02 Uhr
Der Heimschiedsrichter kommt

© Foto: Distler

Bei den Fußball-Halbzeittagungen, hatte Sven Laumer dieses Projekt vorgestellt (wir berichteten) und bekam von den Vereinen breite Zustimmung. Der Begriff „Heimschiri“ ist zwar weithin eher negativ belastet, weil er mitunter als Schimpfwort für eine einseitige Leistung hergenommen wird. Im Falle der Initiative von Laumer und seinen Kollegen sieht das jedoch anders aus und das Wort bekommt eine völlig neue Bedeutung: Ganz gezielt will man nämlich die Fußballfreunde gewinnen, die bereit sind, ein Spiel zu pfeifen; die das aber nur bei ihrem Heimatverein tun möchten.

126 B-Klassen-Spiele unbesetzt

Die drei Schiri-Gruppen Jura Süd, Jura Nord und Neumarkt werden deshalb im Sommer einen (oder mehrere) Crashkurse anbieten, um die entsprechenden Referees auszubilden. Die anschließend „geprüften Heimschiedsrichter“ sollen dann in der neuen Saison 2015/16 vor allem in den B-Klassen zum Einsatz kommen. Denn genau hier gab es zuletzt gewaltige Engpässe. „In der Vorrunde konnten 126 B-Klassen-Spiele nicht mit einem neutralen Schiedsrichter besetzt werden“, stellte Laumer fest.

Die Partien gingen dennoch über die Bühne, weil sie zumeist von einem einheimischen Zuschauer geleitet wurden. Auf Nachfrage bekam Laumer häufig zu hören, dass der betreffende Aushilfsschiri gerne pfeife, dies aber nur bei seinem Heimatverein tue und sich anschließend das Spiel der ersten Mannschaft anschauen wolle. Und genau das ist für Laumer und seine Obmann-Kollegen Markus Kemether (Jura Süd) und Oliver Johannes (Neumarkt) ein Ansatzpunkt für die Zukunft. Gleichzeitig setzen Laumer, Kemether und Johannes Hoffnung darauf, dass die entsprechenden Referees auf den Geschmack kommen und vielleicht auch mal ein Jugendspiel im Verein leiten oder auch den einen oder anderen Auswärtseinsatz als Schiri absolvieren.

Denn das wäre bitter nötig, greift doch der Schiedsrichtermangel mehr und mehr um sich. Der Kreis Neumarkt/Jura mit seinen 205 Vereinen habe eine Sollzahl von 484 Referees. Tatsächlich gebe es laut Laumer aber nur 331 anrechenbare Kandidaten. Darunter versteht man Schiri, die mindestens 15 Spiele pro Jahr leiten und fünf Pflichtsitzungen besuchen (eine Richtlinie, die ohnehin von den drei Gruppen großzügig gehandhabt wird). Insgesamt fehlen im Kreis 153 Schiedsrichter, bayernweit liegt das Minus bei 4000. Der Einwand eines Vereinsvertreters, ob sich der Bayerische Fußball-Verband (BFV) vor Einführung der B-Klassen und der aufstiegsberechtigten Reserven Gedanken darüber gemacht habe, blieb im Raum stehen.

Während andere Schiedsrichtergruppen den Kopf in den Sand stecken und Spiele einfach nicht mehr besetzen, wollen die Verantwortlichen im Gebiet des Kreises Neumarkt/ Jura diesem Negativtrend entgegenwirken und die Vereine mit ins Boot holen, denn diese zahlen letztlich für den Schiedsrichter-Mangel. Knapp 16 000 Euro wurden denjenigen 124 Klubs für das Jahr 2014 in Rechnung gestellt, die ihre Sollzahl nicht erfüllen. 45 Vereine liegen im Soll und 37 drüber.

Dass der Mangel überhaupt bestehe, sei laut Kreisobmann Laumer vor allem der zunehmenden körperlichen und verbalen Gewalt gegenüber den Schiedsrichtern geschuldet. Hier sei für ihn in den vergangenen Wochen eindeutig eine Linie überschritten worden: „Wenn Schiedsrichter bespuckt, auf die Brust geschlagen oder geohrfeigt werden, müssen wir sagen: Stop“, sagte Laumer mit Blick auf aktuelle Vorkommnisse.

„Gewalt ist tabu“

Laumer: Wenn ein Schiri nach einem B-Klassen-Spiel in der Kabine vom Heimverein gesagt bekommt, er solle verschwinden, weil man nicht länger als zehn Minuten für seine Sicherheit garantieren könne, müsse man sich nicht wundern, wenn dieser Referee erst einmal eine Auszeit nimmt.

Kreisspielleiter Thomas Jäger brach ebenfalls eine Lanze für die Unparteiischen: „Körperliche Gewalt gegen den Schiri ist tabu. Das geht nicht, egal wie er pfeift.“ Jäger und Laumer machten unmissverständlich deutlich, dass Vereine und Schiedsrichter in einem Boot säßen und den Dialog suchen sollten.

Der Kreisobmann will (zumindest vorerst) nicht auf Konfrontationskurs gehen. Vielmehr bot er an, bei Problemen in die Vereine zu kommen, zu diskutieren und ein besseres Verständnis zu schaffen.

Laumer und die anderen Verantwortlichen der Schiedsrichtergilde setzen also auf einen Schulterschluss zwischen Vereinen und den Referees. „Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Nur so kriege man die beiden großen Probleme in den Griff: die Gewalt sowie den Schiedsrichtermangel.

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