Die Polizei Roth hat jetzt auch eine „Chefin“

1.10.2015, 16:55 Uhr
Die Polizei Roth hat jetzt auch eine „Chefin“

© Foto: Bodendörfer

Von den Mitarbeitern wird sie teilweise schon als „Chefin“ bezeichnet. Und dafür hat die 42-Jährige auch hart gearbeitet. Seit 1990 gibt es bei der Polizei Schutzpolizistinnen, weiß sie und dachte schon damals, dass dieser Beruf etwas für sie sei. „Ich bin ein Mensch, der die Gerechtigkeit in den Vordergrund stellt. Mir macht es Spaß mit Menschen zu arbeiten und ich mag keine stereotypen Arbeiten wie nur am Schreibtisch sitzen“, zählt Wiesenberg als Gründe auf, die sie zur Polizei führten. Schon 1993 während ihrer Ausbildung lernte sie die Rother Dienststelle als Praktikantin kennen. Lange Zeit fuhr sie in Schwabach Streife. 2008 wechselte die ambitionierte Frau ins Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg.

Auch eine spannende Zeit, vor allem die sechs Jahre, die sie bei der Pressestelle arbeitete. Neben den Polizeiberichten für die Dienststellen in Nürnberg waren es vor allem die "großen Sachen", bei denen die Kriminalpolizei eingeschaltet wurde, die sie nach außen weiterleiten durfte und die den Adrenalin-Spiegel öfters mal hochschnellen ließen. An ihren ersten großen Einsatz kann sie sich noch gut erinnern: Ein Monat lang war eine Studentin vermisst gewesen. Sie wurde eines Tages leblos in der Pegnitz bei der Insel Schütt in Nürnberg gefunden. Wiesenberg musste von jetzt auf gleich vor den Kameras Rede und Antwort stehen. War es Mord oder Selbstmord? Die Journalisten wollen Details. Doch eines durfte Wiesenberg bei ihrer Arbeit auf keinen Fall: Spekulationen in die Welt setzen. Und so blieb ihr nur die sachlich-nüchterne Wiedergabe von Fakten.

Auch als eine vermisste 19-jährige Schwabacherin vor fast drei Jahren bei Mosbach tot aus einem Baggerweiher geborgen wurde, war Simone Wiesenberg vor Ort und stellte sich den Fragen der Reporter. „Da ist man vor den Kameras ganz schön gefordert.“

Für die Frau aus dem Landkreis Ansbach war es eine schöne Zeit mit vielen interessanten Geschichten. Die Polizeihauptkommissarin wollte aber weiterkommen und mal wieder etwas Neues machen.

„Die Polizei bietet eine sehr vielfältige Arbeit. Das ist das Faszinierende“, sagt sie. So zögerte die zweifache Mutter nicht, als in Roth der Posten des stellvertretenden Dienststellenleiters neu zu besetzen war, da der bisherige Stellvertreter Hans Gerngroß in Ruhestand ging. Gegen eine Vielzahl von Mitbewerbern hat sich die 42-Jährige durchgesetzt.

Den Spagat zwischen Familie und Beruf meistert sie mit Bravour. „Ich weiß, welche Jahrgangsstufentests meine beiden Töchter in den nächsten Tagen haben. Ich weiß, wann sie heute Schulschluss haben, welche Lehrer sie haben.“ Riesige Unterstützung erfährt sie dabei durch ihren Mann. „Sonst wäre das nicht möglich.“

Nie bereut

Wochenenddienste, Abendtermine oder unvorhergesehene Einsätze selbst während der Freizeit – all das kann bei der Polizei vorkommen. Das Motto „Wir sind 24 Stunden für Sie da“ hat eben seinen Preis. Aber Wiesenberg sieht es gelassen. Sie wusste, worauf sie sich einließ, als sie sich bei der Polizei bewarb. „Das ist schon immer so. Und ich hab es nie bereut“, sagt die quirlige Frau.

Die neuen Aufgaben in der Polizeidienststelle Roth findet sie ebenso spannend. „Wieder eine ganz andere Arbeit.“ Ihre Bewährungsprobe hat sie auch schon bestanden. Simone Wiesenberg fing an, als ihr Chef in Urlaub ging, so dass sie im August gleich mal die Führungsrolle übernehmen durfte. So etwas macht ihr keine Angst. Sie sieht es mehr als Herausforderung. Außerdem habe sie ja ein bewährtes Team an der Seite, das weiß, wie der Hase läuft.

Als „Chefin“ hat sie viel Organisatorisches, wie das Erstellen von Dienstplänen oder die Vorplanung von Einsätzen an der Backe. Dabei denkt sie nicht nur an Veranstaltungen wie den Challenge, Gelöbnisse oder andere Festivitäten. Auch die Schwertransporte von Windkraftanlagen verlangen zum Beispiel eine wochenlange Vorplanung. „Mindestens die Hälfte ist Organisation“, gibt sie zu. Aber sie kommt auch noch viel raus, zwar nicht als Streifenbeamtin, aber immerhin bei größeren Einsätzen.

Ob sie als Frau jemals Angst hatte, wenn sie rabiaten Männern gegenüberstand? Nein, sie habe sich noch nie bedroht gefühlt. Sie habe sogar die Erfahrung gemacht, dass aggressive Männer manchmal lammfromm werden, wenn ihnen eine Polizistin gegenübersteht. „Ein gesunder Respekt“ sei das A und O. Und auch in der nach wie vor von Männern dominierten Welt der Polizei kann sie sich durchsetzen. „Es tut gut, dass immer mehr Frauen bei der Polizei sind. Sie haben oft andere Sichtweisen und gehen an die Sachen anders heran“, pflichtet ihr auch Dienststellenleiter André Sewald bei. „Ich will das Rad nicht neu erfinden“, sagt Wiesenberg, aber die ein oder andere Erfahrung wird sie sicherlich auch in Roth mit einbringen und umsetzen.

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