Die Stufen hinauf zur Stadtkirche sind tabu

10.1.2018, 15:21 Uhr
Die Stufen hinauf zur Stadtkirche sind tabu

© Foto: Klier

Mit einem Peitschenknall eröffneten Katrin und Marc Schade – sie ist Vorsitzende der Hilpoltsteiner Flecklasmänner, er der Schriftführer – ihren Vortrag. Im Gepäck hatten sie außerdem Gewänder und Larven. Seit dem Jahr 2007 ist der Brauch der Flecklasmänner dank der Schades in Hilpoltstein wieder aufgelebt. Zurzeit zählt der Verein 37 Mitglieder. Manche der versammelten Kinder kannten diese Gesellen schon von der Grundschule, denn dort treten sie am Unsinnigen Donnerstag auf.

"Was braucht ein Flecklasmo?", fragte Katrin Schade in die Runde. Eine Maske natürlich. Über 20 Stunden schnitzt Katrin Schade an einem Block aus Lindenholz, bis daraus eine Maske geworden ist. Schüler Joshua durfte sie gleich aufsetzen und das bunte Gewand anziehen. Und natürlich bekam er auch eine Peitsche. Die durfte er aber nicht ausprobieren, denn das wäre zu gefährlich gewesen.

Kein Faschingsbrauch

Marc Schade klärte auf, dass die Flecklasmänner nichts mit einem Faschingsbrauch zu tun haben, sondern sie den Winter austreiben sollen. Dieser alte Brauch reicht in Hilpoltstein schon 400 Jahre zurück. Nach einem harten und langen Winter, als die Nahrungsvorräte knapp geworden waren, sehnte man den Frühling herbei, damit die Felder wieder bestellt werden konnten. Die Gegenfigur war der "Löll", eine Personifizierung des Bösen im Strohgewand. Den Namen hat er deswegen, weil er gelallt hat. Einerseits wollte er nicht an seiner Sprache erkannt werden, andererseits hat wohl auch der Alkohol eine Rolle gespielt...

Übrigens wollen auch die Flecklasmänner, zu denen sich inzwischen auch Frauen gesellt haben, nicht erkannt werden. Sie treten in Maskierung auf und nehmen diese an einem versteckten Ort wieder ab, um sie gleich in ein Tuch einzuwickeln. Kein Außenstehender darf erfahren, wer sich dahinter verborgen hatte.

Im Jahre 1793, so erfuhr man, seien die Flecklasmänner als heidnischer Brauch im Bistum Eichstätt vorübergehend verboten gewesen. 1886 habe er letztmals in Hilpoltstein stattgefunden, bevor er in unserer Zeit wieder neu belebt worden ist. Übrigens ist es den Flecklasmännern seit jeher verboten, Kirchengelände zu betreten. Selbst die Stufen zur Stadtpfarrkirche gelten gewissermaßen als "off limits".

Deshalb die Empfehlung an die Kinder: "Wenn ihr Angst bekommt, dann rettet euch aufs Kirchengelände!" Als Trost gab es auch dieses: "Ihr braucht keine Angst vor uns zu haben. Wir wollen den Winter austreiben und den Frühling haben."

Die Maske, so lernten die Kinder, heißt eigentlich Larve, vom lateinischen Wort für Geist. Das Kostüm heißt mit richtigem Namen Gewand. Dieses hat im Laufe der Zeit eine Veränderung erfahren. Nachdem es zunächst aus bunten Stoffstreifen bestanden hatte, hat es jetzt wieder die historische Form, nämlich mit aufgenähten Rauten.

Gemeinsam wurde das Lied der Hilpoltsteiner Flecklasmänner gesungen: "Flecklasmo, hast Klamperla dro, hast all derfrorn, bist bucklert worn. Gänskrong, Saumogn, derf ma nimmer song. Hast um fünfasieberzg Pfenning Backstakäs im Mogn. Gänskrong, Saumogn, derf ma nimmer song." Mit Klamperla sind die Schneeklumpen gemeint, die sich in Zeiten von Schneewintern am Hosensaum gebildet hatten.

Hummeln und Hexen

Natürlich gibt es Gruppen, die den Winter austreiben, nicht nur in Hilpoltstein. Katrin und Marc Schade, stellten eine Reihe von Gruppen aus der Umgebung im Bild vor. So gibt es etwa die Pleinfelder Hummel, die Bärentreiber in Meckenhausen und in Freystadt, die Gredinger Pumpernickel, die Mönchswaldfüchse in Mitteleschenbach, die Spalter Hopf’n Hex’n und die Spalter Fleckli, die Thalmässinger Faschingswächter, die Brombacher Seenteufel, die Woldschebberer aus Mitteleschenbach und die Kipfenberger Fasenickl. 26 Brauchtumsgruppen werden am Sonntag ab 14 Uhr zu Fuß durch die Hilpoltsteiner Altstadt ziehen, nachdem die Böllerschützen aus Obererlbach den Startschuss gegeben haben. Auf dem Marktplatz werden um 14.15 Uhr die einzelnen Gruppen vorgestellt. Ab 15.30 Uhr steigt an gleicher Stelle eine Party mit Essens- und Getränkeständen.

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