Die Tage der Stadthalle Roth scheinen gezählt

6.10.2017, 17:23 Uhr
Die Tage der Stadthalle Roth scheinen gezählt

© Archiv-Foto: Tschapka

Leicht hatte es die Rother Stadthalle in den vergangenen Jahren nicht. Ihr Abbruch war wegen der Auflage vom Landratsamt 2015 bereits beschlossen, als plötzlich wieder Leben in sie fuhr – weil schlicht das Geld für einen Neubau fehlte, hielt sich die Stadt an einem seidenen Genehmigungsfaden fest. Tatsächlich fand man in alten Archiven die verstaubte Baugenehmigung. Also kann’s die alte Dame gut und gern noch fünf Jahre machen, freuten sich Bürgermeister und der Kämmerer als Herr über die Stadtkasse.

Aber vor Ablauf des letzten Aktes hatte jetzt doch jemand den Dolch im Gewand: Die Halle, die als Reithalle gebaut worden war und seit den 1930er Jahren auf dem Rother Festplatz steht, konnte selbst dann nicht genutzt werden, als es bei der Kirchweih im August den Besuchern in die Gläser regnete. Nass saßen die Gäste draußen, weil die Türen wegen unzureichendem Brandschutz zublieben.

Gleichzeitig trafen immer mehr Gutachten mit Hiobsbotschaften ein, die Mängelliste wurde länger. Ein Brandschutznachweis wurde erforderlich. Also beauftragte die Verwaltung den Brandschutzsachverständigen Johannes Steinhauser, sich die Schwächen der alten Dame anzusehen. Was der Experte dabei alles zutage förderte, überzeugte auch den letzten nostalgisch mit der Stadthalle verbandelten Stadtrat davon, die Beziehung zu beenden. So seien – schon von Anfang an – Bauvorschriften nicht eingehalten worden, listete Steinhauser auf. Zum Beispiel sind die tragenden Teile nur in der Halle selbst verkleidet, nicht aber die unterm Dach. Die Küche sei nicht abgetrennt vom Saal, es fehlen feuerhemmende Decken und Wände oder eine Brandmeldeanlage, die vorgegebene Feuerwiderstandsdauer werde nicht erreicht, kurz: "Die sicherheitstechnischen Einrichtungen im Haus sind untauglich."

Die Folge: Keine Veranstaltungen mehr mit über 200 Menschen, "weil dann jedes Mal sechs Feuerwehrleute mit aufgesetztem Atemschutz parat stehen müssten", schilderte Stefan Hofmann, Leiter des städtischen Hochbauamtes, den verdutzten Stadträten. Im Oktober hat in der Halle gar keine Veranstaltung stattgefunden.

Noch niederschmetternder wurde Steinhausers Urteil durch den Zusatz, dass sich durch das Beheben von Mängeln weitere Unwägbarkeiten und Kosten auftun könnten. So seien die Holzsäulen vielleicht zu ummanteln, aber wie wirken sich solche Maßnahmen auf die Statik aus? Welcher Mehraufwand ist notwendig, um das Gebäude wieder zu einer tauglichen Veranstaltungshalle aufzumöbeln? Die Probleme mit Akustik und Wärmeschutz kämen noch hinzu. Sein Resümee: "Aus dem Ackergaul machen Sie kein Rennpferd mehr !"

Für das Ermitteln einer Aufsattelung könnte man 100 000 Euro zur Verfügung stellen, hatte Stadtbaumeisterin Lydia Kartmann den Ausschussmitgliedern als eine von mehreren möglichen Varianten präsentiert, aber sie selbst sprach sich gegen die Sanierung aus, ihr Amt empfehle den Abriss. Und Bürgermeister Ralph Edelhäußer ergänzte: "Ob der Erkenntnisgewinn nach dem Ausgeben von 100 000 Euro größer ist als der, den wir jetzt schon haben, wage ich zu bezweifeln."

Die Frage nach einer Sanierung oder auch nur den Untersuchungskosten dafür stellte sich da für niemanden mehr. Lediglich SPD-Rat Andreas Buckreus hätte gern einen "groben Ansatz" gehabt, "in welchem Kostenrahmen wir uns bewegen". Den aber könne man nicht seriös ermitteln, machte Stefan Hofmann deutlich. Den Verwaltungsvorschlag, übergangsweise ein Zelt für Frühlingsfest, Rund ums Rad, Challenge oder Kirchweih aufzustellen, wollte Buckreus zunächst eingrenzen bis zur Entscheidung über einen Neubau, ließ sich dann aber vom Zelt "bis auf weiteres" überzeugen.

Für Elisabeth Bieber (Freie Wähler), die vor einer Abrissdiskussion immer gern die Kosten im Blick gehabt habe, war nun klar, "dass wir gar nichts anderes tun können als abzureißen". Doch was werde aus den viel genutzten Außentoiletten? Je nach Entscheidung, erklärte Lydia Kartmann. Vorerst aber müsse eine Übergangslösung mit Containern her.

Festlegen wollte Bieber den künftigen Standort einer neuen Halle: "Nur am Festplatz", forderte sie, nachdem die Stadtbaumeisterin das freiwerdende Leoni-Gelände und als Gedankenspielerei die Valentinpassage ins Spiel gebracht hatte. Auch für SPD-Rat Gerhard Grau kommt nur der Festplatz in Frage: Das Leoni-Gelände müsse für Wohnbebauung genutzt werden. Doch auf diese Fixierung ließ sich Bürgermeister Edelhäußer nicht ein: Es würden alle Optionen geprüft – schon deshalb, weil man der Verwaltung vorhalten könnte, nicht alle geprüft zu haben.

Auf den Standort wollte sich Dr. Daniela von Schlenk (CSU), die der fast 100 Jahre alten Halle "musealen Charme" bescheinigte und im Übrigen lieber von einer Stadt- als nur einer Festhalle sprach, ebenfalls nicht festlegen. Es sei doch gut, "dass sich auch andere Möglichkeiten ergeben". Die Zeit nach der Vorentscheidung für den Abriss müsse nun genutzt werden, "die bestmögliche Entscheidung zu treffen".

"Vorbehaltlos" an die Standortfrage heranzugehen, das unterstützte Jutta Scheffler (Grüne): Ja, das Stadtbauamt solle alle Optionen vorstellen.

Das passiert bis zum Frühjahr, so die Stadtbaumeisterin. Im April oder Mai werde das weitere Vorgehen beraten. Der Abriss bis spätestens März und der Zeltaufbau für große Veranstaltungen wurden einstimmig beschlossen.

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