Einst eine eintönige Arbeit mit Händen

28.8.2016, 18:09 Uhr
Einst eine eintönige Arbeit mit Händen

© Foto: Unterburger

Hopfen, Bier und Spalt. Seit Jahrhunderten werden diese Begriffe wie selbstverständlich miteinander verbunden. Die Hopfengärten reichten früher bis dicht an die Spalter Stadtmauer heran. Wer vom Hopfen spricht, kommt um den Spalter Hopfen nicht herum. Seit 1341 ist der Anbau des Hopfens hier nachzuweisen. Mit der zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft geraten die Spalter Hopfenbauern heute zunehmends unter Druck. Auch die Gesamtfläche des Hopfens ist stark zurückgegangen.

Das Hopfenjahr beginnt eigentlich schon im Oktober. Dann müssen neue Gerüstanlagen gebaut und bestehende wieder instand gesetzt werden. Oder es müssen alte Hopfengärten gerodet werden, um im Frühjahr wieder neu „einzulegen“.

„Stock wird geputzt“

Im zeitigen Frühjahr bringt man den Stengdraht auf, um den oft noch nassen Boden nicht zu stark zu verdichten. Ende März bis Mitte April beginnt das Hopfenaufdecken, im Spalter Volksmund „Rama“ genannt. Nach dem Wegackern wird mit einem Scheibenpflug die Erde weggeräumt und der Rest der Erde wurde früher mit einer Hacke bearbeitet. Man sagte: „Der Stock wird ausgeputzt.“

Wenn der Hopfenstock freigelegt ist, kann man den begehrten Hopfensalat ernten. Danach hat man früher die Wurzelstöcke des Vorjahres mit der Sichel oder Sense beseitigt. Dies nennt man auch heute noch „Gartenschneiden“. Zwischen Mitte April und Anfang Mai brachte man bei gut abgetrocknetem Boden Dünger auf.

So um den 10. Mai herum beginnt für den Hopfen das alljährliche „große Erwachen“. Er sprießt mit 50 bis 100 Trieben pro Stock aus dem Boden. Ende Mai beginnt das erste Anackern. Früher machte man dies mit der Hand und man nannte es „Einhäufeln“.

Blattlaus oder rote Spinne

Bei den Schädlingen sind die Blattlaus bei Nässe und feucht-warmem Wetter und bei trockenem und heißem Wetter die rote Spinne zu nennen. Der Hopfengarten musste und muss ständig vor Schädlingen geschützt werden und so heißt nicht umsonst ein alter Spruch: „Der Hopfen will täglich seinen Herrn sehen.“

Bei Wind oder Sturm werden die Reben vom Draht abgetrieben und müssen wieder angewickelt werden. Im Spalter Volksmund ist dies „das Steigen“. Ab Juni muss auch der Hopfenstock im unteren Bereich ausgeputzt werden.

Ist der August warm und feucht, dann gibt es ein gutes Hopfenjahr. Um den 25. August herum beginnt die Hopfenernte. Das Hopfenpflücken selbst war früher eine etwas eintönige Arbeit der Hände. Sie erforderte Ausdauer und Geduld. Das tagelange Sitzen auf hölzernen Schemeln war anstrengend. „So ist es begreiflich, dass sich die aufgespeicherte und durch die anstrengende Arbeit gebundene Lebensfreude an den arbeitsfreien Sonntagen und besonders am Ende der Arbeit Luft machte“, schrieb der frühere Kreisheimatpfleger Dr. Willi Ulsamer, der ja selbst ein Spalter war. Egal, ob die Ernte gut oder schlecht ausfiel, sie musste eingebracht werden. Das geschieht heute mit der Pflückmaschine (in Spalt seit 1956), früher musste alles mit der Hand erledigt werden.

Säcke mit 80 Kilogramm

Nach der Ernte muss der Hopfen getrocknet werden, etwa sechs Stunden bei 63 Grad Celsius. So behält er die frische grüne Farbe. Gelagert wird er am Speicher des Hopfenbauern.

Diese „Ablagerung“ des Hopfens dauert rund drei bis vier Wochen, dann wird der getrocknete lagerreife Hopfen in 70 bis 80 Kilogramm schwere Säcke gefüllt und zur weiteren Verarbeitung zur Hopfenabwaagehalle gebracht.

Die „häusliche Ernte“ früherer Zeiten bot den Leuten Gelegenheit zu Scherz und Spiel. Vorbei war die Plackerei des Hopfenzupfens auf dem Feld. Hinzu kam, dass die Hopfenpflücker als landwirtschaftliche Saisonarbeiter sich in ihrer sozialen Struktur und Zusammensetzung änderten, denn nur immer wiederkehrende Pflücker gaben die Gewähr für eine Weitergabe der alten Bräuche.

Bis vor den Zweiten Weltkrieg bestanden die Zupfer zum größten Teil aus „Rittern der Landstraße“ und aus allerlei lichtscheuen Existenzen. Die fragwürdigen Gestalten bevölkerten schon einige Wochen vor der Ernte die Anfahrtswege zur Spalter Hopfengegend und machten das Land unsicher.

Am zweiten Erntesonntag beherrschten die Pflücker die Straßen der Stadt Spalt, denn da war der sogenannte „Saumarkt“, ein riesiges Volksfest. Der Name „Saumarkt“ rührte von einem Titelbild des „Rezatboten“ aus dem Jahre 1909 her, wo ein Polizist ein großes, fettes Schwein an einem Strick zum Markt nach Spalt trieb. Die Zusammenkunft der Hopfenzupfer war in ihrer Blütezeit ein echtes Stück Volksleben voller Ursprünglichkeit.

Streitereien an Tagesordnung

Doch nicht immer gestaltete sich der „Saumarkt“ harmlos und friedlich. Das Bier erhitzte die Gemüter und schnell kam es zu Prügeleien und sogar zu Messerstechereien. Daraus entstanden regelrechte Schlachten, wobei Maßkrüge, Stühle und Stuhlbeine als Schlag- oder gar Wurfwaffen dienten. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Die Unruhestifter wanderten in das behelfsmäßige Stadtgefängnis, einen ausgedienten Stadtturm der alten Stadtbefestigung.

Den Spalter Hopfenbauern hat der Spalter Stadtpfarrer Walter (1835 bis 1838) ein schönes Zeugnis ausgestellt: „Wer immer einen Spalter mit so ausharrender Geduld, oft bei der brennendsten Sonnenhitze, mit so praktischer Geschicklichkeit seinen Hopfengarten bearbeiten sieht, der kann ihm unmöglich seine Bewunderung versagen. Noch in keinem Orte sah ich den Hopfenbau so behandelt wie in Spalt.“

Keine Kommentare