Das Ende einer Ära: Wöhrl in Roth schließt

25.3.2017, 05:52 Uhr
1997 war das Modehaus von der Rother Hauptstraße in die Valentin-Passage gezogen. 20 Jahre später werden die Ladentüren nun geschlossen.

© Carola Scherbel 1997 war das Modehaus von der Rother Hauptstraße in die Valentin-Passage gezogen. 20 Jahre später werden die Ladentüren nun geschlossen.

Den 6. Oktober 2016 werden viele Rother nicht vergessen, zuvor wurde das Thema ausgiebig diskutiert. An diesem Tag wurde offiziell bekanntgegeben, dass in der Valentin-Passage das traditionsreiche Bekleidungshaus Wöhrl zum 25. März 2017 schließt. Heute ist es soweit. Eine Ära geht zu Ende.

Einer, der mit Sicherheit eine Träne in den Augen haben wird, ist Fritz Volkert. Für den ehemaligen Lehrling und später langjährigen Geschäftsführer im Haus Wöhrl in Roth war die Leitung dieses Modegeschäfts ganz im Sinne des Unternehmensgründers "eine Herzensangelegenheit". Als er im Herbst 2016 von der möglichen Schließung des Stammhauses in Roth erfuhr, brach für ihn, auch als Ruheständler, "eine Welt zusammen".

Fast 50 Jahre im Unternehmen

Als Lehrling fing Volkert, bei vielen jungen Leuten im Umkreis auch als DJ "Fietsch" bekannt, bei Wöhrl am 1. August 1967 an. "Ich weiß noch, dass mir Rudolf Wöhrl an diesem Tag fünf Mark Kirchweihgeld gegeben hat". Seine unmittelbaren Chefs bei Wöhrl waren neben dem Unternehmensgründer der örtliche Geschäftsführer Gerhard Maas und später Siegfried Gutmann. 

Volkert gefiel die Ausbildung, auch weil er einer der wenigen Männer im Verkauf war. Begehrt war der Job als Modeverkäufer bei jungen Männern damals kaum. So kam es, dass er in seiner Klasse in der Berufsschule fast nur von Mädels umgeben war.

Das Ende einer Ära: Wöhrl in Roth schließt

© Foto: Detlef Gsänger

Wöhrl und Roth ist in erster Linie eine "emotionale Beziehung". 1945 nämlich, als das von Rudolf Wöhrl in Nürnberg 1933 gegründete Modehaus bei einem Bombenangriff in Schutt und Asche versank, zog dieser mit seiner ersten Frau Berta (sie verstarb 1977, seine zweite Frau Mizzi heiratete er 1985) in die rund 30 Kilometer entfernte Kleinstadt südlich von Nürnberg, wagte den Neuanfang und eröffnete dort zunächst in der unteren Hauptstraße (heute Schuh Heyder), bald darauf in einem neuen Domizil gegenüber der evangelischen Kirche (heute Drogerie-Markt Müller) ein Modegeschäft.In dem einen Laden gab es bei "Zetka" (Haus der zuverlässigen Kleidung) die Herren- und Knabenkleidung, in dem anderen die Damen- und Mädchenmode. Beide Geschäfte wurden wenige Jahre später unter einem Dach zusammengeführt.

Die Familie Wöhrl fühlte sich in Roth wohl und wohnte hier von 1945 bis 1961. Der Firmengründer war der Stadt verbunden und unterstützte soziale, sportliche und kulturelle Aktivitäten. 2003 erhielt Rudolf Wöhrl zum 90. Geburtstag vom damaligen Bürgermeister Richard Erdmann die Bürgermedaille überreicht. "Roth und Wöhrl passen zusammen wie Jacke und Hose", sagte das Stadtoberhaupt damals und fügte hinzu, Wöhrl habe einen nicht unwesentlichen Beitrag für den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Roth geleistet.

Neustart in Roth

Als das Haus in Nürnberg durch Bomben in Schutt und Asche lag, ließ die junge Familie Wöhrl – Frau Berta sowie die Söhne Gerhard und Hans Rudolf – den Kopf nicht hängen. Wöhrl krempelte die Ärmel hoch, setzte sein zuversichtlichstes Lächeln auf und machte erneut Klamotten. Der Neustart in Roth gelang. Rudolf Wöhrl und seine Frau Berta sowie ein engagiertes Team im Hintergrund fertigten aus Uniformen und Zeltplanen Anzüge, Mäntel und Hosen. Das Motto war damals "Aus alt mach neu". Und zur Philosophie jener Gründerzeit gehörte bei Wöhrl auch der Satz "Markenqualität zu erschwinglichen Preisen". Stets im Vordergrund stand der "Dienst am Kunden", denn "Die Stammkunden sind mein wichtigstes Kapital".

Das Ende einer Ära: Wöhrl in Roth schließt

© Foto: privat

1949 eröffnete Wöhrl wieder in Nürnberg, am Weißen Turm. Und in Roth? Nach mehreren Umbauten und der Modernisierung des Hauses in der Hauptstraße 17 erfolgte schließlich 1997 der Umzug in die Valentin-Passage. Mode für die ganze Familie gab es bis zuletzt auf 3500 Quadratmetern.

Die jeweiligen Geschäftsführer in Roth sorgten für Kundenbindung. Vor allem die stets ausverkauften Modenschauen (500 Plätze) in der Stadthalle waren die Publikumsmagneten. Musik und Mode wurden in den 1970er/1980er Jahren in bunten unterhaltsamen Abenden mit namhaften Künstlern, bekannt aus Funk und Fernsehen, präsentiert. Modenschauen des Bekleidungshauses gab es zu jener Zeit aber auch in der Stadt Schwabach, in Allersberg, Heideck oder Büchenbach und im Raum Weißenburg.

1970 übernahmen die in Roth aufgewachsenen Söhne Hans Rudolf und Gerhard das Bekleidungsunternehmen. Es gab weitere Expansionen, Modepreise und Auszeichnungen. Die Rudolf Wöhrl AG geriet jedoch zuletzt in finanzielle Schieflage. Deshalb sahen sich Vorstand und Aufsichtsrat 2016 gezwungen, im Zuge einer Restrukturierung und Neuausrichtung vier der insgesamt 34 Wöhrl-Standorte zu schließen. Dazu gehören neben Roth auch Nürnberg-Langwasser, München (Einkaufscenter PEP) und das Wöhrl-Haus Berlin, Potsdamer Platz.

Schwächung des Einzelhandels

Vorausgegangen war eine sorgfältige Prüfung aller Wöhrl-Standorte auf ihre langfristigen Wachstums- und Ertragspotenziale. Bei Wöhrl in Roth in der Valentin-Passage und den drei anderen Standorten waren sich Vorstand und Aufsichtsrat rasch einig, dass auch mit gezielten Maßnahmen eine nachhaltige Profitabilität nicht zu erreichen sein wird. 

 Was bedeutet aber nun für Roth der Auszug des Stammhauses? "Eine weitere Schwächung des Einzelhandels in Roth", gibt Fritz Volkert unumwunden zu, der sich im Ruhestand im Verein "Kreis-Metropole Roth" für ein positives Image der Kreisstadt einsetzt. Was mit dem nun leerstehenden Wöhrl-Haus in Roth geschieht, weiß aber zur Stunde auch er nicht. "Hans Rudolf Wöhrl wird es mit Sicherheit nicht leer stehen lassen". Das Haus selbst gehört nämlich der Wöhrl-eigenen Immobilienfirma Tetris.

Verwandte Themen


1 Kommentar