Für Sportmuffel Toni wurde Fußball zum Vollzeitjob

28.3.2014, 00:00 Uhr
Für Sportmuffel Toni wurde Fußball zum Vollzeitjob

© Ammer

„Sch...fußball“, dachte sich der kleine Toni, wenn mal wieder eine Weltmeisterschaft oder ein Länderspiel auf dem Programm standen und sich die Menschen im Wohnzimmer seines Elternhauses drängelten. „Wir hatten als eine der ersten im Dorf einen Fernseher, und da kamen immer die Nachbarn zum Schauen“, erinnert sich der einstige Sportmuffel, der auch den Unterricht boykottierte, wenn Fußball auf dem Stundenplan stand. Zusammen mit einem Freund saß Pfahler meist hinter dem Tor und ärgerte den Keeper, indem er immer wieder mal mit Kieselsteinen nach ihm warf.

Erste Stufe Platzwart

Als dieser Kumpel dann aber die Schule verließ, folgte die Kehrtwende: Mit zwölf Jahren heuerte der bisherige Fußballhasser als Platzwart beim TSV Wernfels an und begann mit 14 Jahren bei der DJK Obererlbach mit dem Kicken. Zwei Jahre später gründete Anton Pfahler selbst eine Jugendmannschaft, bei der er Trainer, Betreuer und Spieler in Personalunion war. Mit 18 Jahren wechselte er dann zu den Herren, zog sich aber gleich bei einem seiner ersten Spiele eine schwere Knieverletzung zu.

Gut zwei Jahre lang war der junge Kicker deswegen außer Gefecht und engagierte sich stattdessen als Schiedsrichter. Eine gute Entscheidung, denn „ich war kein guter Fußballer“, erinnert sich Pfahler. Für die A-Klasse, damals die unterste Liga, habe es noch gereicht, doch mehr wäre für ihn nicht drin gewesen, gibt der Funktionär offen zu. Als Schiri machte er dafür umso schneller Fortschritte und stieg bis in die Landesliga, damals die zweithöchste Amateurspielklasse, auf.

Bis vor fünf Jahren leitete Anton Pfahler noch Spiele und steht mit mehr als 2000 Einsätzen auf Platz sechs der „ewigen Rangliste“ der Schiedsrichter-Gruppe Jura Nord. Wegen seines Sohnes Thomas, der beim TSV Wernfels als Jugendfußballer begann und dann zur DJK Schwabach wechselte, rutschte er schließlich ins Trainer- und Funktionärsgeschäft. Er übernahm die Schwabacher E-Jugend und baute die Mannschaft seines Sohnes sieben Jahre lang zu einem Erfolgsteam auf. „Bis zur B-Jugend habe ich die Mannschaft trainiert, die dann in der A-Jugend in die Bayernliga aufgestiegen ist“, erzählt Pfahler.

1984 machte er den damaligen B-Schein und coachte nach seinem Engagement bei der DJK Schwabach noch eine ganze Reihe von Nachwuchs- und Vollmannschaften, unter anderem bei seinem Wernfelser Heimatverein, für den er später auch vier Jahre lang als Vorsitzender fungierte. Sein Sohn wiederum kam dann in die Kreisauswahl, und so entstand der Kontakt zur Jugendleitung des damaligen Kreises Jura.

Strukturreform durchgezogen

1993 startete Anton Pfahler als Gruppenjugendleiter seine Funktionärslaufbahn und wurde zweieinhalb Jahre später als kommissarischer Gruppenspielleiter eingesetzt, weil sein Vorgänger Walter Swoboda nach einer turbulenten Spielleitertagung mit heftigen Diskussionen um die aufstiegsberechtigten Reserven entnervt das Handtuch geworfen hatte. Obwohl er da eindrucksvoll mitbekommen hatte, wie man als Funktionär auch mal im Kreuzfeuer der Kritik stehen kann, ließ sich Pfahler 1998 zum Kreisspielleiter wählen und zog acht Jahre später die große Strukturreform des BFV mit der Fusionierung der Kreise Neumarkt und Jura durch.

„Das war ein langer Kampf damals“, erinnert sich der 63-Jährige an die einstigen Debatten und verschiedenen Denkmodelle, die den Funktionären viel Arbeit bescherten. Und die Arbeit wurde im Laufe der Jahre immer mehr: „Inzwischen ist das ja ein Vollzeitjob“, sagt Gisela Pfahler, die ihren Mann tatkräftig unterstützt und es auch akzeptiert hat, dass das Esszimmer zum Fußball-Büro umfunktioniert wurde. In der einen Ecke steht der Computer, in der anderen das Fax, daneben ein Regal voll mit Unterlagen, und auf dem Esstisch stapeln sich die Ordner und Büromaterialien.

„Was ich jetzt nicht mehr mache, sind die Nachtschichten“, erzählt Pfahler. Früher habe er manchmal bis 2 Uhr am Computer gesessen, doch seit 1. März ist der 63-jährige Finanzbeamte, der als Betriebsprüfer auch oft im Außendienst unterwegs war, im Ruhestand und kann sich seine Zeit flexibler einteilen. Dennoch zieht er sich aus der Kreisspielleitung zurück, da ihm sein Arzt dringend zu einem regelmäßigen Tagesrhythmus und mehr Bewegung geraten hat.

Pausenlos am Telefon

Doch das ist gar nicht so leicht, wenn immer wieder das Telefon klingelt oder das E-Mail-Postfach voll ist. Zum Beispiel wenn im November das Wetter schlecht wird, Anton Pfahler einen Spieltag aber nicht generell absagen wollte. „Erst haben die Vereine angerufen, dann die Schiedsrichter, dann die Presse und zum Schluss auch noch manche Zuschauer“, weiß Pfahler. Oft schob dann zusätzlich seine Frau Telefondienst, weil sowohl das Festnetz-Telefon als auch das Handy über Stunden hinweg einfach keine Ruhe geben wollten.

Jetzt will sich der 63-Jährige erst einmal ein Fahrrad kaufen („das wollte ich eigentlich schon vor zwei Jahren machen“), den Garten auf Vordermann bringen und sich öfter seinem zweiten Steckenpferd, der Eigenproduktion von Wurst, Schinken oder Presssack, widmen.

Für die Abschiedsfeier eines Kollegen im Zentralfinanzamt Nürnberg bereitet der Hobbymetzger gerade ein großes Büffet vor, und seine Kollegen beim BFV wissen: Wenn der Toni die Verpflegung organisiert, biegen sich die Tische.

Komplett wird sich Anton Pfahler übrigens nicht aus der Funktionärsarbeit zurückziehen, sondern im Sportgericht mitarbeiten. Und natürlich auch weiterhin an den Wochenenden als Zuschauer unterwegs sein. Ganz ohne Fußball geht es für den einstigen Fußballhasser dann doch nicht.

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