Für Tanja Kinkel erfüllt sich ein Traum

4.5.2017, 16:27 Uhr
Für Tanja Kinkel erfüllt sich ein Traum

© Foto: Robert Unterburger

Zum ersten Mal ist der Turmschreiber eine Turmschreiberin: Dr. Tanja Kinkel stellte sich im überfüllten Stilla-Saal der Burg Abenberg einem interessierten Publikum vor. Als fünfte Turmschreiberin will sie das Werk ihrer vier männlichen Vorgänger fortsetzen.

Die promovierte Germanistin, geboren 1969 in Bamberg und dann in München lebend, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen historischer Romane, aber auch zeitgenössischer Literatur, Krimis und eines Kinderbuchs. Ihre Bücher erobern regelmäßig die Bestsellerlisten und wurden inzwischen in 14 Sprachen übersetzt.

Bürgermeister Werner Bäuerlein freute sich, dass eine so renommierte Autorin wie Tanja Kinkel als Turmschreiberin gewonnen werden konnte: "In der Auswahl der Themen ist der Turmschreiber völlig frei. Es ist immer wieder faszinierend, welche unterschiedlichen Sichtweisen es gibt."

Herzlich begrüßte Bäuerlein auch die beiden früheren Turmschreiber Reinhardt Knodt (2004) und Klaus Gasseleder (2013), die zur Eröffnungsveranstaltung gekommen waren.

Überblick über ihr Werk

Im lockeren Plauderton, untermalt durch viele Fotos, stellte Tanja Kinkel sich und eine Auswahl ihrer Werke vor. "Ich war noch nie Turm- oder Stadtschreiberin", bekannte sie, "ich habe schon als kleines Mädchen davon geträumt, wie es wohl wäre, in einem Turm zu leben. Dieser Traum erfüllt sich nun".

Schon als Grundschülerin habe sie geschrieben und sie habe immer schon Schriftstellerin werden wollen.

Im Folgenden gab Tanja Kinkel einen gerafften Überblick über mehrere ihrer zahlreichen Romane. Sie erläuterte, wie ihre Recherchearbeiten aussahen und erzählte auch einige Anekdoten über die entsprechenden Bücher. Tanja Kinkel berichtete, dass sie ein Stipendium in den USA wahrnehmen konnte und in dieser Zeit in der Villa Aurora lebte, wo auch der Exilautor Lion Feuchtwanger bis zu seinem Tod 1958 lebte. Sie habe sich stark mit dem Leben und Werk von Lion Feuchtwanger beschäftigt und über ihn auch ihre Dissertation geschrieben.

In ihrem Roman "Schlaf der Vernunft" hat sie sich intensiv mit der Rote-Armee-Fraktion beschäftigt.

"Viel unterwegs"

Im zweiten Teil der Veranstaltung beantwortete Tanja Kinkel zahlreiche Fragen aus dem Publikum. So wollte der erste Frager wissen, was sie sich als Turmschreiberin vorgenommen habe. "Ich will viel wandern und unterwegs sein", sagte Kinkel, "das macht mir Spaß und ich will die Menschen in und um Abenberg kennenlernen".

Franz Kornbacher will sie über die Geschichte von Abenberg befragen, wobei sie sich auch stark für die Nachkriegszeit interessiere. "Ich bin auch auf die mittelalterliche Historie sehr neugierig", so Tanja Kinkel weiter, "ich habe mir vorgenommen, genau zuzuhören, was mir die Abenberger erzählen."

Gibt es Themen, die Tanja Kinkel besonders interessieren? Sie beschäftige sich stark mit der Frage: Wie radikalisieren sich Menschen? "Der allgemeine Ruck zu Autokraten und zum Rechtsradikalismus verstören mich sehr", bekannte die Autorin.

Tanja Kinkel sieht keine Diskrepanz zwischen der Weltgeschichte und der "kleinen" Abenberger Geschichte. "Ich habe kein Motivationsproblem", erklärte sie, "etwas muss gut geschrieben sein, dann interessiert es mich, und ich habe selbst auch schon Kurzgeschichten über Alltagsprobleme geschrieben."

Tiefe Emotion

"Schreiben erfordert Geduld und gute Bandscheiben", meinte eine Fragerin, "wie halten Sie es damit?" Tanja Kinkel bekräftigte, dass sie versuche, Gymnastik zu machen, um ihren Rücken zu entlasten. "Ich gehe eine Stunde raus, höre Musik und mache Spaziergänge zum Ausgleich für das lange Sitzen. Ich lese aber auch leidenschaftlich gerne", sagte sie. "Disziplin braucht man vor allem für die Korrekturphase eines Buches."

Das Schreiben sei "ein tiefer, emotionaler Vorgang". Bei der Korrekturphase entstehe Distanz. "Ich gehe das Manuskript immer wieder durch", so Kinkel weiter. "Ein Lektor bringt als Außenstehender eine neue Perspektive. Er ist in der Position des Lesers. Ein kritisches Lektorat ist wichtig für Autoren. Rund 70 Prozent der Lektoratsanregungen nehme ich auf, weil ich den Eindruck habe, dass dies das Buch verbessert."

Angesprochen auf ihre Lieblingsautoren nannte Tanja Kinkel Schriftsteller wie Lion Feuchtwanger, Christa Wolf und Luise Rinser. Auch für gut recherchierte historische Krimis habe sie eine große Schwäche.

Die Recherche für ein Buch dauere bei ihr länger als das Schreiben. "Ich habe viele lose Zettel, habe keine geordneten Karteikästen und nutze gerne Excel-Dateien." Es sei nützlich, die neuen Medien mit den alten zu verbinden. "Das Internet ist hilfreich, darauf will ich mich aber nicht ausschließlich verlassen", unterstrich die Autorin. "Heute kann man über den Online-Katalog ein Buch bestellen und wenn ich Emails schreibe, erspare ich mir horrende Telefonkosten."

"Ich gebe gerne Tipps"

Rund zwei Jahre brauche sie für einen Roman, so Tanja Kinkel weiter, "eineinhalb Jahre zum Recherchieren, der Rest ist Schreiben." Sie schreibe nicht parallel an zwei Büchern. "Bei den ,Puppenspielern’ bin ich an einer Stelle nicht weitergekommen", erzählte sie, "das habe ich als Fragment zurückgestellt". Erst nach zwei Jahren sei sie wieder zu diesem Buch zurückgekehrt.

Abschließend sagte Tanja Kinkel, sie freue sich auf jeden Besuch in ihrer Zeit in Abenberg. Vor allem wolle sie auch regionale Autoren kennenlernen: "Ich gebe gerne Tipps für das Schreiben, bin aber kein Lektor, der ganze Manuskripte liest."Auch das Bayerische Fernsehen wird bei Tanja Kinkel vorbeischauen.

Die Schlusslesung mit Tanja Kinkel findet statt am Mittwoch, 31. Mai, um 19 Uhr im Stillasaal.

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