„Fürs Wasser fast zu schade“

20.5.2011, 17:25 Uhr
„Fürs Wasser fast zu schade“

© Kranzer

„Lange kann ich diese Schleifarbeiten nicht mehr machen, ich muss meinem Körper Tribut zollen“, scherzt er in einem Mix aus Fränkisch und Englisch. Der gebürtige Engländer ist mittlerweile schon seit 20 Jahren im Fränkischen Seenland ansässig. Durch Zufall landete er in Schwabach und begann eine Lehre als Zimmerer. Seit 15 Jahren ist er nun in Mühlstetten selbstständig mit seiner Firma Phil Young Bootsbau.

Er ist nahezu der einzige Handwerker mit diesem ungewöhnlichen Beruf in der Region. „Die Nähe zu den Seen und das einmalige Gelände waren ausschlaggebend für den Standort“, so Young. Von September bis März geht es in der Werkstatt hoch her. Die Boote kommen im Herbst aus dem Wasser und werden restauriert. „Zwar würde ich lieber die ganze Zeit Boote bauen, aber das kann man sich ja nicht aussuchen“, erzählt der zweifache Vater.

Mit Leuchten in den Augen wendet er sich seinem neuesten Projekt zu: Eine sechs Meter lange und nur 180 Kilogramm schwere Dau. Ein klassischer Segelboottyp wie er in der Dubai Racing Regatta genutzt wird. „Ursprünglich ein Frachtboot im indischen Ozean. Ein Langkieler, der flach ist, in der Mitte jedoch breit.“ In dieses Meisterstück — der Kunde stammt aus dem Maintal — hat er insgesamt 600 Arbeitsstunden gesteckt. „Am Anfang war da nur ein Konstruktionsplan als Skizze. Beim Rest habe ich mich auf meine Erfahrung verlassen“, beschreibt Young sichtlich stolz.

Noch steht das Segelboot in seiner Werkstatt. Die Beplankung ist aus Zedern-Holz, die Decke glänzt mahagonifarben. Verträumt richtet Young den Blick auf sein Schmuckstück. „Fast zu schade für das Wasser“, findet er wehmütig.

Da er jedoch nicht immer solche Aufträge hat und die Arbeit oftmals sehr saisonal ist, hat sich Young etwas anderes einfallen lassen. Seit 2006 produziert er den sogenannten Dreambow — einen Hängemattenständer. „Gerne würde ich mehr Dreambows bauen, denn ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste. Diese Arbeit ist die körperlich leichtere“, so der Engländer.

Young ist Lebenskünstler, ja ein Exot. Neben seinem ungewöhnlichen Beruf, hat er auch ein ungewöhnliches Hobby. „In meiner Freizeit kommt es schon mal vor, dass ich in der Werkstatt Steel Drum spiele, zusammen mit meiner Band“, sagt er. Das blecherne Schlaginstrument stammt aus Trinidad. Zu Phil Young und seinem Erscheinungsbild passt das Ungewöhnliche: Die Mütze im Sommer, das schwarz-weiß gemusterte Karo-Hemd und die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Auf die wirtschaftliche Situation angesprochen, scherzt er: „Die Schulden sind nicht größer geworden. Ich lebe seit 15 Jahren davon.“ Und dass er seinen Beruf — eine Symbiose aus Zimmerer und Schreiner — noch eine Zeitlang ausüben möchte, beweisen seine Pläne: „Es sind noch weitere Dreamobjects geplant, unter anderem eine Wiege für Kleinkinder.“