Fußball-WM: GEMA zapft die Kneipen an

6.6.2014, 20:05 Uhr
Fußball-WM: GEMA zapft die Kneipen an

© Tobias Tschapka

Teilweise zufrieden kam Monika Schmidt, Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes im Landkreis Roth, vom Monatstreffen der Kreisverbände zurück. Die Begehrlichkeiten der Rundfunkanstalten, von Kneipen und Gaststätten eine Extra-Gebühr für die Fußball-Übertragungen zu kassieren, sind abgeblockt. Öffentlich-rechtliches Bezahlfernsehen wird es so nicht geben, mit den seit Anfang Januar 2013 auch für Haushalte und Betriebe obligatorischen GEZ-Gebühren sind alle Inhalte der Sendungen abgedeckt, die Höhe richtet sich nicht einmal nach der Anzahl und Größe der aufgestellten Geräte, sondern nach der Menge der Beschäftigten.

Wer stattdessen mitkassiert, sind die GEMA, die GVL und die VG Wort. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten und die Verwertungsgesellschaft Wort treiben ausgerechnet für alles, was der Fußball-Fan vorzugsweise mit Bierzu- und -abfuhr überbrückt oder als schmerzensgeldgeeignet einstuft, Lizenzgebühren ein: WM-Song, Nationalhymnen, Werbepausen mit Musik und die Kommentare der Reporter.

Hier ist die Bildschirmdiagonale der Maßstab. Ein Kneipier zahlt da pro Gerät bis 42 Zoll im ärgsten Fall 27,52 Euro. Für Bildschirme und Leinwände über 42 Zoll ist Berechnungsgrundlage die Raumgröße. 100 Quadratmeter kosten bis zu 87,48 Euro, 200 Quadratmeter bis 130,52 und 300 bis zu 174,12. Besonders stolz ist der Hotel- und Gaststättenverband darauf, dass er der GEMA zur Fußball-WM einen Sondertarif für Großbildschirme abgehandelt hat. 80 Euro brutto pauschal für Mitglieder (100 für Nichtmitglieder) und Räume bis 200 Quadratmeter.

Das alles gilt freilich nur, wenn vor und nach der Übertragung kein Tanz stattfindet und/oder Musik aufgelegt oder live gespielt wird. Monika Schmidt weist darauf hin, dass Wirte Fußballübertragungen in ihren Gasträumen oder Gärten drei Tage vorab bei der GEMA melden müssen.

GEMA und Co. langen mehr hin als der Fußballverband. Die FIFA wertet Fußballübertragungen in Gastronomie und Hotellerie nicht als gewerbliche Public-Viewing-Veranstaltungen, sofern kein Eintrittsgeld erhoben wird oder Verzehrzwang besteht, Sponsorenrechte genutzt oder Sponsoren eingebunden werden, und die Veranstaltung auf weniger als 5000 Besucher ausgerichtet ist. Das Public Viewing bei Auto Scharf in Roth wäre somit das einzige im Landkreis, das FIFA-Gebühren nicht vermeiden kann, weil mit dem Hersteller KIA ein Sponsor mit im Boot sitzt.

Eine Extrawurst gibt es während der WM-Spiele für Gaststätten in Sachen Lärmschutz. Sie heißt „Verordnung über den Lärmschutz bei öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien über die Fußball-WM 2014“ und ermöglicht Public Viewing in und außerhalb von Räumen auch nach 22 Uhr. Bei einigen Spielen, die um 0 Uhr angepfiffen werden, sind auch die allgemeinen Sperrzeiten tangiert, nicht nur die von „Biergärten“.

Eigentlich kein Fluchtgetränk

Die Ausgestaltung der Verordnung überlässt der Gesetzgeber den Kommunen. In Roth und Hilpoltstein wird sich da an der Praxis der beiden zurückliegenden Championate nichts ändern. Für öffentliches Fußball-Kino im Freien braucht man eine Genehmigung. Der Rother Ordnungsamtsleiter Roland Hitschfel kennt die Sache mit den verlängerten Öffnungszeiten von früheren Weltmeisterschaften und weist darauf hin, dass die Verordnung der Bundesregierung das eine oder andere Fluchtgetränk nach dem WM-Kick eigentlich nicht vorsieht: „Nach dem Schlusspfiff ist Schluss.“

Das gilt auch für das Public Viewing im Gewerbegebiet, wobei der Veranstalter verpflichtet ist, die Übertragung bis zehn Minuten nach Abpfiff laufen zu lassen (er darf auch die Werbespots in der Halbzeit nicht wegblenden). Außerdem wird die Nachbarschaft von Krankenhäusern und Altenheimen als Sperrzone eingestuft. Sollte nach einem Spiel ein Autokorso gebildet werden, was ja auch nicht gerade leise vonstatten geht, dann sind die Ordnungsämter aus dem Schneider. Hitschfel: „Dann wird die Polizei zuständig.“

Der Hilpoltsteiner Standesamtschef Johann Hofmeier, der momentan Ordnungsamtsleiter Johann Waltl vertritt, hat sich kundig gemacht und ausgegraben, dass die höheren Immissionsrichtwerte aus der Sportanlagenlärmschutzverordnung bei nächtlichen Veranstaltungen anzuwenden sind. In der Nacht, die zwischen 22 und 6 Uhr definiert ist, wäre demnach in Gewerbegebieten ein Schalldruckpegel von 50 Dezibel erlaubt, in Kern- und Mischgebieten 45, und in reinen Wohngebieten 35. Das liegt im Bereich eines leisen Radios. Da der Schalldruck mit der Entfernung rapide abnimmt, sind kollektiver Torjubel oder Aufstöhnen wahrscheinlich in den Toleranzgrenzen. Da in der Vergangenheit keine unüberbrückbaren Konflikte mit Nachbarn aufgetreten sind, gilt für Hitschfel das Prinzip: „Wo kein Kläger, da kein Richter.“

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