Gedenkfeier in Thalmässing erinnerte an 9. November 1938

9.11.2014, 20:20 Uhr
Gedenkfeier in Thalmässing erinnerte an 9. November 1938

In Thalmässing wohnten vermutlich bereits seit dem 13. Jahrhundert Juden. Wahrscheinlich lebten 1933 noch 33 Juden in Thalmässing. Unter anderem die Parole: „Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter“ veranlasste etliche zum Wegzug. Die noch verbliebenen vier Familien verließen nach dem 9. November 1938 endgültig den Ort. Die erste Thalmässinger Synagoge wurde 1690 errichtet, im 19. Jahrhundert entstand an gleicher Stelle eine neue. 1937 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst, in der „Reichskristallnacht“ die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört, 1972 das Gebäude abgebrochen. Geblieben ist ein Gedenkstein in der Ringstraße.

Der 88-jährige Zeitzeuge Alfred Pfaller aus Biburg erinnert sich: „Mein Vater hatte mit Juden Geschäfte gemacht, vor allem mit Suppenhühnern. Als meine zwölfjährige Schwester wieder einmal Hühner beim Geschäft Schülein abliefern wollte, wurde sie von Hitlerjungen bespuckt und an den Haaren gezogen. Vom Pogrom hatten wir zunächst keine Ahnung, denn wir hatten weder Radio noch Zeitung, bis wir die eingeschlagenen Fenster bei Schüleins gesehen hatten.“ Im Geschäft durfte nichts mehr verkauft werden. Heimlich wurden die Hühner ein paar Häuser weiter abgeliefert. Alfred Pfaller weiß noch, wie die Juden in Greding zum Abtransport gesammelt wurden. „Die Schüleins sind im guten Glauben mitgefahren“, berichtet Alfred Pfaller weiter, „aber sie sind ins KZ Theresienstadt gebracht worden und sind dort umgekommen.“ Nach dem Krieg hätten zwei Söhne der Schüleins Thalmässing besucht, sie seien aber nicht nachtragend gewesen.

 Am Gedenkstein, der anstelle der ehemaligen Synagoge steht, hatten sich Mitglieder der Thalmässinger Gemeinderats und einige weitere Bürger am Sonntagabend zur Gedenkfeier versammelt. Gemeinderätin Ursula Klobe, Ortsvorsitzende der SPD, stimmte auf der Querflöte zusammen mit Margot Schwab (Tischharmonium) das Lied „Shalom – Frieden“ an. Zugleich im Namen des Bürgermeisters legte sie ein Blumengesteck nieder. Sie berichtete vom Schmiedemeister Peter Geim, der in Schutzhaft genommen worden war, weil er sein Eisen bei der Eisenhandlung Heidecker/Süß – Schülein bezogen hatte, und dass in Thalmässing die Scheiben jüdischer Geschäfte zerstört und die Auslagen geplündert worden waren. Die Taten bestimmter Kreise zeigten, so Klobe, wohin Rechtsextremismus heute noch führe.

Pfarrer Dr. Frank Zimmer fragte sich, warum man von den Vorgängen angeblich nichts gewusst haben wollte. Der 9. November sei ein Tag der Freude, aber auch ein Tag der Schande. An beides müsse man sich erinnern. Er schloss mit einem Gebet: „Gott, Du hast ihre Namen und ihre letzten Stätten nicht vergessen. Rufe sie bei ihrem Namen!“ Das gemeinsame „Shalom“ beschloss die kleine Feier.

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