Georgensgmünd: Vorerst kein Prozess gegen Polizisten

21.6.2017, 12:30 Uhr
Bei einer Razzia gegen einen "Reichsbürger" in Georgensgmünd wurde ein Polizist getötet, ein weiterer wurde schwer verletzt.

© News5 Bei einer Razzia gegen einen "Reichsbürger" in Georgensgmünd wurde ein Polizist getötet, ein weiterer wurde schwer verletzt.

Im April hatte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Anklage gegen einen sogenannten "Reichsbürger" erhoben: Laut Anklage erschoss der Mann am 16. Oktober 2016 bei einem Polizeieinsatz in Georgensgmünd einen Polizisten, die Ermittlungsbehörde wirft ihm Mord, versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Wolfgang P. sitzt in Untersuchungshaft.

Bei dem Einsatz wollte die Polizei dem Mann, der sich angeblich ständig mit den Behörden stritt, dort seinen Ausweis abgab, keine Steuern zahlen wollte und als selbsternannter "Reichsbürger" glaubte, dass für ihn die Gesetze der Bundesrepublik nicht gelten, seine 31 Waffen abnehmen.

Beamter seit November suspendiert

Bei dieser Razzia wurde ein weiterer Polizist schwer und zwei Beamte leicht verletzt. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass der "Reichsbürger" mit dem Polizeieinsatz gerechnet hatte und entsprechend vorbereitet war. Als die Beamten sein Haus stürmen wollten, eröffnete er das Feuer.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass ein 51-jähriger Polizeibeamter seine Kollegen vor der Gefährlichkeit des Wolfgang P. hätte warnen müssen. Der damals freigestellte Personalrat, der in seinem Amt auch für das SEK zuständig war, soll von P.s Waffen, dessen Gesinnung und auch dessen Gefährlichkeit gewusst, aber nichts unternommen haben; ein Handy-Chat belegt angeblich den Kontakt der beiden Männer. Seit Mitte November ist der beschuldigte Beamte vom Dienst suspendiert.

Diesem Polizeibeamten wirft die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt vor. Im Klartext: Er hätte die Todesschüsse verhindern können.

Rechtliche Gründe reichen nicht aus

Vorwürfe, die schwer wiegen - und die das Schwurgericht, im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft, nicht für haltbar hält: Um das Verfahren gegen den Polizisten wegen fahrlässiger Tötung zu eröffnen, reichen den Richtern der Strafkammer des Landgerichts die rechtlichen Gründe nicht aus, jedoch wird gegen den Mann das Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz vor dem Amtsgericht Ansbach eröffnet, wie Justizsprecher Friedrich Weitner auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt.

Zum Hintergrund: Sowie die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat, muss die Strafkammer im sogenannten "Zwischenverfahren" prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht im Hinblick auf die angeklagten Taten besteht. Der entscheidende Punkt ist dabei, ob es nach vorläufiger Tatbewertung (schließlich steht die mündliche Hauptverhandlung im Gerichtssaal noch aus) wahrscheinlich ist, dass der Angeklagte verurteilt werden wird - sprich, ob die Beweislast schwer genug wiegt.

"Zwischenverfahren" noch nicht abgeschlossen

Soweit dem mitangeklagten Polizeibeamten fahrlässige Tötung durch Unterlassen mit fahrlässiger Körperverletzung im Amt vorgeworfen wurde, hält die Kammer aus rechtlichen Gründen diesen hinreichenden Tatverdacht gerade nicht für gegeben.

Deshalb wurde das Verfahren gegen den Polizisten abgetrennt und vor dem zuständigen Amtsgericht Ansbach eröffnet. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat nun die Möglichkeit, gegen den Beschluss sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg einzulegen.

Das "Zwischenverfahren" gegen Wolfgang P. als mutmaßlichen Todesschützen ist noch nicht abgeschlosssen.

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