Gewalt gegen Rettungskräfte nimmt zu

24.1.2018, 16:10 Uhr
Gewalt gegen Rettungskräfte nimmt zu

© Foto: Sebastian Willnow/dpa

Wie wichtig es ist, sich auf solche Momente vorzubereiten, ist Kreisbrandrat Werner Löchl bewusst: "Wir haben definitiv dieses Jahr Schulungen auf dem Plan." Mithilfe von Deeskalationstrainings soll geübt werden, schwierige Situationen konfliktfrei zu lösen. Mit konfliktträchtigen Situationen umzugehen, das werde in der Feuerwehr-Grundausbildung normalerweise nicht gelernt. "Es gibt in der Ausbildung eine Unterrichtseinheit zum Thema Stress und Umgang mit Extremsituationen, aber noch nicht zu Aggression", erklärt der Kreisbrandrat.

Im Landkreis, also in einer eher ländlich geprägten Region, habe man weniger mit Gewalt gegen die Feuerwehr zu tun. Die meisten Vorfälle seien bislang meist verbaler Natur gewesen. Besonders bei Sperrungen auf der Autobahn, wenn viele Menschen unter Stress stehen, komme es zu Beleidigungen.

Gewalt eher in Ballungszentren Thema

Werner Löchl glaubt, Gewalt gegenüber Einsatzkräften sei ein gesellschaftliches Problem: "In bestimmten Bevölkerungsschichten ist Unmut da, der dann ausbricht." Das ist seiner Meinung nach aber eher in großen Ballungszentren ein Thema, auf dem Land wären derartige "Randgruppen" weniger zu finden.

Bei der Polizei blickt man der zunehmenden Gewaltbereitschaft gelassener ins Auge. Simone Wiesenberg, stellvertretende Leiterin der Polizeiinspektion in Roth erklärt: "Polizeibeamte werden von Grund auf geschult, mit solchen Situationen umzugehen. Außerdem kommt bei uns unmittelbarer Zwang zum Einsatz." Das heißt, wenn die Polizei etwas durchsetzen muss und darf, dann setzt sie das auch durch. Dennoch würde man das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Wiesenberg gibt offen zu, dass Gewalt gegen Einsatzkräfte schon jahrelang ein Thema ist, weil der Respekt vor den Ordnungshütern nachlasse. Trotzdem seien solche Vorfälle, vor allem in Roth, nicht signifikant gestiegen. Woran der Wandel hin zu gewaltbereitem Verhalten liege, könne sie nicht mit Sicherheit sagen. "Aus dem Bauch heraus" würde sie prinzipiell eine veränderte Gewaltbereitschaft annehmen, die schon bei "Kleinigkeiten" zu spüren sei. Jedenfalls spiele bei aggressivem Verhalten oft der Alkohol eine große Rolle. Im direkten Vergleich zu den Rettungskräften kann die stellvertretende Leiterin der Polizeiinspektion vor allem eines klar feststellen: "Wir haben ganz andere Befugnisse als der Rettungsdienst."

Hemmschwelle sinkt

Wie es im Rettungsdienst im Landkreis genau aussieht, kann Karl Dirr, Leiter des Rettungsdienstes des BRK Südfranken, sagen: "Die Hemmschwelle sinkt, dementsprechend steigt die Gewalt". Erfahrungen seien beim BRK Südfranken diesbezüglich auf jeden Fall schon gesammelt worden. Derzeit sei Gewalt gegen Sanitäter aber kein akutes Thema, doch in den vergangenen Jahren sei eine steigende Tendenz zu erkennen.

Auf die Frage, was für diesen negativen Trend ursächlich sein könnte, hat der Rettungsdienstleiter auch keine Antwort parat. Was für ihn aber sicher ist: "Früher war der Respekt vor der Staatsgewalt größer." Unbeachtet bliebe die steigende Gewaltbereitschaft nicht, man versuche mithilfe von Deeskaltionstrainings entgegenzuwirken. Es ist für Karl Dirr wichtig, die Rettungskräfte nicht zu bewaffnen.

Im Landkreis sei die Lage seiner Meinung nach nicht so dramatisch wie in der Großstadt, in der Einsatzkräfte zum Teil mit stichsicheren Westen unterwegs seien.

Sanitäter mit stichsicheren Westen

Ronja Sauerbeck, Auszubildende Notfallsanitäterin aus Wassermungenaud, die beim Arbeiter-Samariter-Bund in Nürnberg Dienst tut, berichtet: "Es gibt Kollegen, die so einen Schutz tragen oder sich mit Pfefferspray ausrüsten. Ich selbst trage nichts von beidem". Es gebe aber schon immer wieder "die Situation, dass Leute, denen man eigentlich helfen möchte, aggressiv werden".

Beschimpfungen seien ebenfalls keine Seltenheit mehr. Das sei nicht nur bei Betrunkenen oder Süchtigen der Fall, teils auch bei Patienten mit anderen Beschwerden. "Es gab schon zwei, drei Leute, die versucht haben, mich zu schlagen", erzählt Ronja Sauerbeck, die in diesem Jahr ihr erstes Ausbildungsjahr beendet. Sie selbst sei noch nicht lange genug dabei, um feststellen zu können, was sich genau geändert hat, glaubt aber, dass dies vor allem bei gewissen sozialen Gruppen Thema sei.

In der Ausbildung selbst gebe es keine ihr bekannten Vorbereitungskurse dazu. Dabei wäre es ihrer Meinung nach wichtig, dass Selbstverteidigungskurse von der Wache aus angeboten würden. Eine Fortbildung in diese Richtung würde auch den ehrenamtlichen Rettungskräften zugute kommen.

Seminare zum Selbstschutz

Ein Angebot ist da, das kann Horst Suck, Seminarleiter für Deeskalationstrainings der TSG Roth, klar bestätigen. Seit zehn Jahren führt er die Seminare zum Selbstschutz durch Besonders seit der jüngsten Silvesternacht, in der in mehreren Städten Einsatzkräfte attackiert worden waren, sei die Nachfrage nach Kursen für Rettungskräfte gestiegen. Mit Techniken aus dem Kampfsport Ju-Jutsu sollen die Teilnehmer danach für den Fall der Fälle gerüstet sein. "Es werden keine Kampfkünste gelernt, vielmehr wird Kommunikation mit Verteidigung kombiniert", stellt Suck klar.

Im Situationstraining soll das neu Erlernte praxisnah und fallbezogen geübt werden. Der Umfang der Fortbildung werde im Vorfeld je nach Bedarf ermittelt, im Regelfall seien sechs Stunden mit acht Unterrichtseinheiten geplant.

Weitere Informationen zu den Seminaren gibt es online unter www.fds-seminare.de

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